VBE: Schulen warten weiter auf die Inklusion

Der Landesregierung fehlt schlichtweg das Geld zur Umsetzung

Stuttgart. „Inklusion ist seit einiger Zeit das Thema an den Schulen. Aber außer in den fünf Modellregionen im Land tut sich offiziell auf diesem Gebiet wenig“, sagt der Landesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württem­berg, Gerhard Brand. Die Lehrer fühlten sich – wie so oft in letzter Zeit – mehr oder weniger damit allein gelassen. Dass die Landesregierung das Gesetz zur In­klusion jetzt weiter auf die lange Bank schiebe, sei nachvollziehbar. Für die Umsetzung fehle schlichtweg das Geld, seien die Schulen zu wenig vorbereitet.

VBE Landesvorsitzender Gerhard Brand

Gerhard Brand, VBE Landesvorsitzender

Wenn infolge der UN-Konvention und den Bemühungen um Inklusion von Elternseite die Integration von Schülern mit eigentlich sonderpädagogischem Förderbedarf so um­gesetzt werden würde, dass alle heute Sonderschulen besuchenden Kinder und Jugend­liche in allgemein bildenden Schulen aufgenommen werden müssten – sei es in die Hauptschule, in der Gemeinschaftsschule oder auch im Gymnasium -, wäre deren be­sonderer Förderbedarf trotzdem weiterhin gegeben.

Die Politik muss folglich alles unternehmen, dass künftig an allen Schulen die perso­nellen, räumlichen und sächlichen Ressourcen so vorhanden sind, dass Kinder mit einem Handicap nicht noch einmal zusätzlich benachteiligt würden, weil die Rahmen­bedingungen für eine inklusive Beschulung nicht vorhanden sind. Das differenzierte Sonderschulwesen in Baden-Württemberg leistet zurzeit einen fachlich hoch angesie­delten Beitrag zur Integration Benachteiligter, wird aber trotzdem immer wieder in Frage gestellt.

„Es darf nicht sein“, unterstreicht Brand, „dass man bei der angestrebten inklusiven Beschulung so verfährt wie etwa bei der Einführung neuer Fächer oder Fächerverbünde: indem man zunächst diese an den Schulen installiert und erst dann die Lehrkräfte gründ­lich darauf vorbereitet beziehungsweise aus- und fortbildet. Grund-, Haupt-, Realschul- und Gymnasiallehrkräfte wären ohne eine gründliche sonderpädagogische Ausbildung ziemlich hilflos und würden der Sache mehr schaden als nützen. Wer die Inklusion soweit vorantreiben will, dass behinderte und nicht behinderte Schüler wie selbstver­ständlich nebeneinander und miteinander lernen, muss zuerst die Bedingungen dafür schaffen, anstatt Schüler und Lehrer ins kalte Wasser zu werfen und auf Selbstheilungs­kräfte zu vertrauen. Die Vorbereitung auf ein neues Bildungszeitalter kostet nicht nur sehr viel Geld, sondern benötigt vor allem Vorlaufzeit. „Diese Einschränkungen entbin­den die Politik nicht davon, die Inklusion offensiver anzugehen“, so Brand.

VBE: Einigung für Schulfrieden wahrscheinlich nur dann möglich, wenn „Dorfkicker“ und „Nationalspieler“ zeitweise auch wieder getrennt trainieren dürfen

Stuttgart. „Der VBE zeigt Verständnis für die Zweifel des CDU-Landeschefs Thomas Strobl an der Ernsthaftigkeit der Regierungskoalition, wirklich eine gemeinsame Basis für einen `Schulfrieden´ in Baden-Württemberg zu finden“, sagt der Sprecher des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE). Nachdem Grün-Rot begonnen hat, die Schullandschaft „mit dem Pflug“ umzugestalten, ohne auf berechtigte Einwände Andersdenkender einzugehen, muss man die Skepsis auf CDU-Seite verstehen.

VBE Pressesprecher Michael Gomolzig

Michael Gomolzig, Sprecher des VBE

Solange Grün-Rot in der Bildungspolitik weiter unverrückbar davon ausgeht, dass „Dorfkicker“ und „Fußballnationalspieler“, hochbegabte Gymnasiasten, solide Schaffer und Schüler mit schweren Behinderungen ständig gemeinsam „individuell“ in einer für diese Zusammensetzung viel zu großen Lerngruppe mit nur einem „Lernbegleiter“ trainieren können, ohne dass dabei irgendeiner auf der Strecke bleibt und dass so trotzdem für alle das Beste herauskommt, solange sind Zweifel an einem nachhaltigen Schulfrieden berechtigt.

Der VBE hat große Hochachtung vor all den Lehrkräften, die mit Engagement und Durchhaltevermögen den Aufbruch gewagt und Gemeinschaftsschulen aufgebaut haben. Der VBE hat aber auch Verständnis dafür, wenn vor allem Gymnasien und Realschulen ihr „Hoheitsgebiet“ mit Zähnen und Klauen verteidigen wollen.

Der VBE könnte sich gut vorstellen, dass Schüler wie in der Gemeinschaftsschule un­ter einem Dach, jedoch dort auch zeitweise differenziert nach Neigungen und Leis­tungsstand unterrichtet werden. Mit Binnendifferenzierung alleine ist der großen Band­breite der Begabungen nicht immer beizukommen. Dass immer mehr CDU-Kommunal­politiker auch auf den Zug „Gemeinschaftsschule“ aufgesprungen sind, liegt meist nicht an deren Vorliebe für das neue pädagogische Konzept, sondern ist dem Rückgang der Schülerzahlen geschuldet. „Man will die Schule verständlicherweise unbedingt im Ort behalten, egal mit welcher Struktur – sogar selbst wenn man eine Baumschule daraus machen müsste“, behauptet der VBE-Sprecher etwas sarkastisch.

VBE: Zu viel Selbstbeweihräucherung ist auch eine Art von Umweltverschmutzung

Grüne zeigen sich nicht lernfähig

Stuttgart. „Zu viel Selbstbeweihräucherung ist auch eine Art von Umweltverschmutzung“ stellt der Sprecher des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) anlässlich der Landesdelegiertenkonferenz der Grünen in Esslingen fest. Wenn bei fast zwei Drit­teln der Bevölkerung die Bildungspolitik der Landesregierung keine Zustimmung finde, wirke das Eigenlob des Ministerpräsidenten „Grüne können einfach gut regieren“ schlichtweg deplatziert.

VBE Pressesprecher Michael Gomolzig

Michael Gomolzig, Sprecher des VBE

Wenn der Ministerpräsident behauptet, dass die Veränderungen in der Schullandschaft nicht von der Regierung ausgehen, sondern vom demografischen Wandel, so ist das nur die halbe Wahrheit. Dass der Schülerrückgang die Schullandschaft umpflüge, ist jedoch eine Verdrehung der Tatsachen. Kleinere Klassen kämen nicht nur den Schülern zugute.

Auch die Lehrerschaft könnte bei deutlich umfangreicher gewordenen Aufgaben wie Schulentwicklung, Inklusion und eine buntere Mischung in den Klassen eine spürbare Entlastung dringend gebrauchen. Stattdessen kürzt Grün-Rot bis 2020 insgesamt 11.600 Lehrerstellen, fährt Stütz- und Förderkurse weiter massiv zurück, schließt Schulen aus Kostengründen, gibt den Elternwillen bei der Wahl der Schullaufbahn frei, beseitigt No­ten und das Sitzenbleiben in den neuen Gemeinschaftsschulen, die sämtliche Bildungs­gänge in einer Lerngruppe vereinigen sollen, und wundert sich, wenn an den Schulen alles drunter und drüber geht; Lehrer, Eltern, Schüler und Kommunalpolitiker murren.

„Den Pflug hat die Landesregierung angesetzt“, stellt der VBE-Sprecher in aller Deut­lichkeit fest. Schulische Veränderungen seien durchaus sinnvoll, wenn sie behutsam auf den Weg gebracht und auch entsprechend finanziert werden. Bei der Bevölkerung kom­men die Neuerungen immer mehr als eine Politik mit der Brechstange an. Bewährtes werde aufgrund von Visionen radikal über den Haufen geworfen, statt die Beteiligten dort abzuholen, wo sie sich gerade befinden, und sie langsam mitzunehmen. „Aufbruch­stimmung herrscht an den Schulen schon lange nicht mehr“, so der VBE-Sprecher. Grün-Rot habe den Vertrauensvorschuss anlässlich des Wechsels bei der letzten Land­tagswahl verspielt. Sich jetzt auf die Schultern zu klopfen und sich ein „Weiter so“ zu­zurufen, lasse einen Erfolg bei der nächsten Landtagswahl immer unwahrscheinlicher erscheinen. Zweieinhalb Jahre nach dem Wechsel immer noch jede verfahrene Situation der Vorgängerregierung anzulasten und dabei das eigene Tun völlig auszuklammern, wirke langsam lächerlich. „Gute Bildungspolitik geht anders“, so der VBE-Sprecher.

VBE: Die bisher gewährte Altersermäßigung ist keine „Gnade“, sondern wurde von den Lehrern vorab erwirtschaftet

Stuttgart. Die Logik der Landesregierung in Bezug auf die Altersermäßigung für Lehrer er­scheint dem Verband Bildung und Erziehung (VBE) schon ein wenig verquer: Weil der Zeitpunkt der Pensionierung bei den Pädagogen nach hinten hinausge­schoben wird, glaubt man, auch die Entlastung für ältere Lehrer weiter nach hin­ten schieben zu können, ohne dass dies die Betroffenen irgendwie benachteiligt.

VBE Landesvorsitzender Gerhard Brand

Gerhard Brand, VBE Landesvorsitzender

„Genau das Gegenteil müsste der Fall sein“, argumentiert VBE-Landeschef Gerhard Brand. „Wenn der Dienstherr Lehrer länger arbeiten lässt, dann muss er auch dafür sor­gen, dass der neuen, weiteren Belastung zumindest ein Minimum an zusätzlicher Für­sorge und Entlastung entgegengestellt wird.“ Jetzt die Altersmäßigung nach hinten hin­auszuschieben, sei genau das Falsche. Eine Entlastung der Lehrer müsste konsequenter­weise sogar  f r ü h e r  erfolgen, damit die Pädagogen besser mit den Kräften haushal­ten und die nun spätere Pensionsgrenze noch halbwegs gesund erreichen können .

Der VBE lehnt die von der Landesregierung als „Kompromiss“ bezeichnete Maßnah­me kategorisch ab und fordert nach wie vor zumindest die Beibehaltung des ursprüng­lichen Modells. Die Altersermäßigung ist keine „Gnade“ des Dienstherrn gegenüber seinen Beschäftigten, denn die haben in der Vergangenheit durch den engagierten tägli­chen Einsatz in der Schule bereits Vorleistungen für ihre Altersermäßigung erbracht. „Um diese Vorleistungen werden die Lehrer nun betrogen“, so der VBE-Vorsitzende. Unter dem Blickwinkel der aktuellen Diskussion über den Arbeits- und Gesundheits­schutz im öffentlichen Dienst wirke die jetzt bekanntgegebene Maßnahme der Landes­regierung wie ein Schlag ins Gesicht der Beschäftigten. „So geht man mit seinem Perso­nal nicht um!“ sagt Brand in aller Deutlichkeit in die Richtung von Grün-Rot.

Der VBE hatte erst jüngst eine Plakataktion an allen Schulen des Landes gestartet, bei der der gewerkschaftliche Berufsverband eindrücklich davor warnte, Hand an die Al­tersermäßigung der Lehrer zu legen. Da es mit dem Arbeits- und Gesundheitsschutz an Schulen nicht gerade zum Besten stehe, wäre es äußerst kontraproduktiv, jetzt auch noch die Altersermäßigung zu streichen, warnte Brand die politisch Verantwortlichen in aller Deutlichkeit vor diesem falschen Signal. Den jetzt gefundenen „Kompromiss“ könne man unter dem Aspekt des Arbeits- und Gesundheitsschutzes nur als „faul“ be­zeichnen.

VBE: Ein bisschen (Schul-) Frieden wäre schon schön

Schule völlig umkrempeln und dann die Friedenspfeife rauchen wollen

Stuttgart. „Ein bisschen mehr Schulfrieden wäre schon schön“, sagt der Sprecher des Ver­bandes Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg, hat aber Verständnis dafür, dass manche Politiker noch zögern, schon jetzt darauf einzugehen. Nach­dem Grün-Rot begonnen hat, die Schullandschaft radikal umzugestalten, ohne auf berechtigte Einwände Andersdenkender zu hören, dürfen sich diese Politiker nicht wundern, wenn die Übergangenen die Friedenspfeife nicht mitrauchen wollen.

VBE Pressesprecher Michael Gomolzig

Michael Gomolzig, Sprecher des VBE

Der VBE hat große Hochachtung vor all den Lehrkräften, die mit Engagement und Durchhaltevermögen den Aufbruch gewagt und Gemeinschaftsschulen eingerichtet ha­ben. Der VBE hat aber auch Verständnis dafür, wenn vor allem Gymnasien und Real­schulen ihr „Hoheitsgebiet“ mit Zähnen und Klauen verteidigen wollen. Dass die Hete­rogenität der Schülerschaft an diesen Schularten zugenommen hat, ist schließlich nicht diesen Schularten anzulasten, sondern der Tatsache geschuldet, dass Grün-Rot damals im Schweinsgalopp die Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung aufgehoben hat. „Das hätte man auch behutsamer mit einer längeren Vorlaufzeit angehen können“, sagen sogar Befürworter der Maßnahme.

Dass immer mehr CDU-Politiker jetzt auf den Zug „Gemeinschaftsschule“ aufsprin­gen, liegt meist nicht an deren Vorliebe für das neue pädagogische Konzept, sondern ist durch den Rückgang der Schülerzahlen bedingt. „Man will verständlicherweise unbe­dingt die Schule im Ort behalten, koste, es was es wolle, selbst wenn man eine Baum­schule draus machen müsste“, so der VBE-Sprecher etwas sarkastisch.

Der VBE hätte sich gut vorstellen können, eine Gemeinschaftsschule auch ohne ver­pflichtenden Ganztagesbetrieb und nicht nur integrativ, sondern mit einer behutsamen äußeren Differenzierung aufzubauen. Mit Binnendifferenzierung alleine ist der großen Bandbreite der Begabungen nicht immer beizukommen. Und während in der Grund­schule das Prinzip der Gemeinschaftsschule schon lange auf fruchtbaren Boden gefallen ist, müsste es aber auch später möglich sein, zieldifferenziert getrennte Wege gehen zu können, wenn auch unter einem Dach. Oder glauben die Befürworter des dauerhaft ge­meinsamen Lernens wirklich, dass Fußballnationalspieler und Dorfkicker ständig ge­meinsam trainieren und dann für alle das Beste herauskommt?

„Ein Schulfrieden kann nur dann dauerhaft und nachhaltig erfolgen, wenn beide Seiten sich aufeinander zubewegen“, so der VBE-Sprecher.