Die Berührbaren

Kinopremiere am Samstag 01. 02. 2014 in Winnenden

Warum läuft einer Amok?
Was richtet das an? Der Kinofilm
„Staudamm“ tastet sich an solche
Fragen heran – in Form einer
zarten Liebesgeschichte.

Es ist ein Spielfilm, und es geht um einen Amoklauf an einer Schule, doch es fällt kein einziger Schuss. Niemand tötet vor der Kamera, niemand stirbt vor der Kamera. All das passiert im Kopf der Zuschauer, während zwei Leute darüber reden und die Schauplätze des Geschehens aufsuchen: Roman (Friedrich Mücke), Anfang 20, Typ gelangweilter, akademischer Großstädter, der als Anwaltsgehilfe jobbt; Laura (Liv Lisa Fries), Oberstufenschülerin, Typ unbefangenes, selbstbewusstes Mädchen, das das Massaker überlebt hat. Roman ist in die Kleinstadt gereist, um für den Anwalt, dem er zuarbeitet, Prozessakten abzuholen. Doch er muss tagelang darauf warten und kommt derweil nicht nur Laura näher, sondern durch die Gespräche mit ihr auch dem, was im November des Vorjahres passiert ist. Und immer drängender wird die Frage: warum ist es passiert?  

Warum beschließt einer, auf brutalstmögliche Weise Schluss zu machen mit Mitschülern, Lehrern und sich selbst? Und was macht das mit den Hinterbliebenen, mit Unbeteiligten,   mit potentiellen Tätern? Solche Fragen haben die Drehbuchatoren Christian Lyra und Thomas Sieben nach der Amoktat in Erfurt nicht mehr losgelassen. Solche Fragen beschäftigen Hauptfigur Roman erstmal gar nicht. Er jobbt für einen Anwalt, spricht ihm protokollierte Zeugenaussagen beliebiger Prozesse auf Band. Was er von Amokläufern halte, fragt ihn der Anwalt. Roman antwortet: „Keine Ahnung, hab ich noch nicht drüber nachgedacht.“ Das ändert sich. Und so wird der Film nicht nur zur dialogisch sich entwickelnden Geschichte einer unfassbaren Tat sondern auch zur Geschichte der Verwandlung eines indifferenten Menschen in einen berührbaren.

Auch Laura verwandelt sich vor den Augen der Zuschauer: Vom kiffenden Hippie-Mädchen in ein seelische Qualen durchlebendes Opfer. Es stellt sich heraus: Laura hat damals ihre beste Freundin verloren, wollte sich umbringen, geistert immer wieder nachts durch das leerstehende Schulgebäude. Das tut sie dann auch mit Roman. Anfangs tollen sie im fahlen Licht durch kahle Gänge, doch unvermittelt bricht der Abgrund des Traumas auf.

Alles in diesem Film entwickelt sich aus einer Art Nebel: Roman ist immer wieder umhüllt vom Dunst seiner Zigaretten, November-Nebel umwabert die grau-braune Voralpenlandschaft der Kleinstadt. Während der Zuschauer Roman dort joggen sieht, hören sie ihn aus dem Tagebuch des Täters lesen. Das hat er von Laura bekommen, zu der der Mörder eine sehr eigenwillige Beziehung pflegte, wie aus dem Text hervorgeht. Krude, selbstmitleidige Sätze liest Roman. Sätze, wie sie reale Schulmörder tatsächlich hinterlassen haben. „Ich hasse die Menschen nicht, sie tun mir leid“, liest Roman vor, „bald erlöse ich sie alle“. Romans Reise wird zu einer Reise ins „Herz der Finsternis“, wie Lyra sagt.

Während die Not des Mädchens immer deutlicher erscheint, wächst die Vertrautheit zwischen ihr und dem Besucher. So wie der ruhig erzählende Film jedes „pornografische Zeigen von Gewalt“ (Lyra) vermeidet, vermeidet er es auch, die beiden nachts im Hotelbett zu zeigen. Zu beobachten ist das zarte Wachsen einer Beziehung. Eine Art Gegenentwurf zur trostlosen Welt, von der sich der Täter umgeben sah. Ein Junge von 18 Jahren.  Chris Bleher

Am Samstag, den 1. Februar 2014, um 17:30 Uhr findet in Winnenden, im Olympia Kino die Baden-Württemberg-Premiere des Film statt. Sollten Sie Interesse an einer Teilnahme haben, können Sie sich Karten unter 0711 / 22 93 14 73 (Herr Gostovic) reservieren.

 

Bester Jugendfilm

„Staudamm“ kommt am 30. Januar in die deutschen Kinos. Der Spielfilm lief auf mehreren nationalen und internationalen Filmfestivals und gewann unter anderem in Cottbus den Preis für den besten Jugendfilm. Der VBE unterstützt sein Erscheinen ebenso wie die Dominik-Brunner-Stiftung und die Stiftung gegen Gewalt an Schulen. Der Film wird als Special bei den Schulkinowochen im Frühjahr angeboten. Das Drehbuch schrieben Grimme-Preisträger Christian Lyra und Thomas Sieben (zugleich Regie). Produktion: milkfilm; Koproduktion: ZDF/arte/ARRI.

Mehr unter: www.staudamm-film.de

Gymnasium entwickelt sich zur „Haupt“-Schule

Zumeldung zur PM Nr. 4/2014 des Kultusministeriums

Stuttgart. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg begrüßt es, dass der Bildung ein höherer Stellenwert eingeräumt wird, dass Eltern immer mehr den bestmöglichen Abschluss für ihr Kind anstreben, sieht aber mit großer Sorge, dass dabei immer wieder nicht das Wohl des Kindes im Mittelpunkt der Überlegungen steht, sondern eher das soziale Prestige, die gesellschaftliche Aufwertung, die die Familie erfährt, wenn das Kind ein Gymnasium besucht. „Vor den Erfolg haben die Götter nicht nur den Schweiß gesetzt, sondern auch acht arbeitsintensive an­strengende Jahre, um das Abitur zu erlangen“, warnt der VBE-Sprecher.

Durch den erneute Anstieg der Gymnasialanmeldungen auf 44,6 Prozent geht diese begehrte Schulart immer mehr in Richtung „Haupt“-schule, wandelt sich zu einem echten Volksgymnasium. Da die Grundschulempfehlungen nicht vorgelegt werden müssen, tummeln sich in den Eingangsklassen etlicher Gymnasien auch Schüler, die vom Start weg bereits heillos überfordert sind.

Der ständige Lobgesang auf die Gemeinschaftsschule wirke fast schon etwas pein­lich, stellt der VBE-Sprecher fest. Die „starke Zunahme“ der Anmeldungen an der Gemeinschaftsschule auf 5,7 Prozent beinhalte noch wirklich sehr, sehr viel Luft nach oben. Mit der Gemeinschaftsschule soll die bildungspolitische Quadratur des Kreises gelingen. „Wie das unter dem Diktat des Rotstifts auf Dauer gut gehen kann, ohne dass dabei Schüler, Lehrer und der Leistungsgedanke unter die Räder kommen, bleibt zurzeit noch ein großes Rätsel“, sagt der VBE-Sprecher.

VBE: Gemeinschaftsschule überfordert momentan noch alle

Stuttgart. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg kann die Sorge der Gymnasiallehrer um den Fortbestand des traditionsreichen Gymnasiums sehr gut verstehen. Mit Einführung der Gemeinschaftsschule, die alle Bildungsgänge beinhaltet, wird aus Sicht deren Anhänger das Gymnasium im Prinzip überflüssig.

VBE Pressesprecher Michael Gomolzig

Michael Gomolzig, Sprecher des VBE

„Dadurch, dass der Gemeinschaftsschule, politisch gewollt, eine Aura des Fort­schrittlichen verliehen wird, geraten alle Sympathisanten der bisherigen Schular­ten automatisch in den Dunstkreis der Ewiggestrigen“, moniert der VBE-Spre­cher. Aber noch habe die Gemeinschaftsschule den Praxistest nicht bestanden. Sie zehre momentan ausschließlich von den Vorschusslorbeeren und dem zusätzlichen außerge­wöhnlichen Engagement der dort unterrichtenden Lehrkräfte.

Die Grundschule ist schon lange eine Gemeinschaftsschule par exellence. An dieser Schulart werden alle Schüler ganz selbstverständlich gemeinsam unterrichtet, ist die reiche Vielfalt der Begabungen abgebildet. Der Unterschied zur Gemeinschaftsschule ist aber der, dass die Grundschule zu einem Abschluss führt („Der Schüler hat das Ziel der Grundschule erreicht“), die Gemeinschaftsschule jedoch bereits ab Klasse 5 alle Bil­dungsgänge – Hauptschulabschluss, Mittlere Reife, Abitur mit mindestens einer zweiten Fremdsprache – in einer Lerngruppe ohne jegliche äußere Differenzierung abbilden soll. Obendrein müssen dabei Hochbegabte und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbe­darf berücksichtigt werden – und das bei einem Klassenteiler laut Organisationserlass von 28 Schülern pro Lerngruppe und lediglich einer Lehrkraft. „Damit sind sowohl Schüler als auch Lehrer auf Dauer überfordert“, so der VBE-Sprecher.

Die bisher anerkannte Realschule, die nach dem Willen von Grün-Rot gleichfalls aus der Schullandschaft verschwinden soll, führt zunächst zu  e i n e m  Bildungsabschluss, der mittleren Reife, und beinhaltet – wie beim Gymnasium auch – den Hauptschulab­schluss, wenn ein Schüler nach Klasse 10 versetzt worden ist. Das Abitur strebt man dann nach der Realschule an einem beruflichen Gymnasium an, oder auch nicht.

Mit der Gemeinschaftsschule soll die Quadratur des Kreises gelingen. „Wie das unter dem Diktat des Rotstifts auf Dauer gutgehen kann, ohne dass dabei Schüler, Lehrer und der Leistungsgedanke unter die Räder kommen, bleibt nicht nur dem VBE zurzeit noch ein Rätsel“, sagt der VBE-Sprecher. Die Grundidee einer Gemeinschaftsschule an sich sei famos; aber dafür müssten auch die Rahmenbedingungen stimmen und behutsame äußere Differenzierungen innerhalb der Lerngruppe möglich sein. Hier werde jedoch aus ideologischen Gründen weiterhin gemauert.

VBE hat eine deutlich andere Sichtweise zur Unterrichtsversorgung als der Minister

VBE Pressesprecher Michael Gomolzig

Michael Gomolzig, Sprecher des VBE

Stuttgart. Der Sprecher des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Würt­temberg kann die Zuversicht des Kultusministers zur Lage an den Schulen nicht teilen. Die Unterrichtsversorgung ist aus Sicht des VBE vor allem an den Grund-, Haupt-, (Werk-)Real- und Sonderschulen keinesfalls zufrie­denstellend. Natürlich falle im Grundschulbereich rechnerisch nicht so viel Unterricht aus, weil diese Schulart für die Eltern eben eine „verlässliche“ sein soll. „Würden die Lehrer an den Grundschulen bei Erkrankungen von Kolleginnen nicht täglich Klimmzüge machen, wäre der Ausfall in der Sta­tistik deutlich höher“, versichert der VBE-Sprecher.

So übernehmen Grundschullehrkräfte im Krankheitsfall zusätzlich Un­terricht, legen Klassen zusammen oder beaufsichtigen gleichzeitig zwei Klassen. Diese Stunden tauchen in keiner Statistik als ausgefallen auf, be­lasten die Kollegien auf Dauer aber spürbar.

Nach wie vor fehlen Stütz- und Förderkurse, Arbeitsgemeinschaften, Un­terstützungsmaßnahmen bei einer Leserechtschreibschwäche (LRS) und Dyskalkulie, der Trainingsraum bei Unterrichtsstörungen. Die Wahrneh­mung des Kultusministers bei der Unterrichtsversorgung ist eine deutlich andere als die der Lehrer und Eltern an den Schulen, so der VBE-Sprecher.

VBE wünscht eine sachliche und faire Diskussion über die Leitprinzipien des neuen Bildungsplanes

Stuttgart. Den Vorsitzenden des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg, Gerhard Brand, erschreckt die Heftigkeit, mit der Befürworter und Gegner die Ergänzungen in den Leit­prinzipien des neuen Bildungsplanes zum Umgang mit sexueller Vielfalt angegangen sind. Brand mahnt eine Versachlichung der Diskussion an und ruft zu mehr Besonnenheit auf – in beiden Lagern.

VBE Landesvorsitzender Gerhard Brand

Gerhard Brand, VBE Landesvorsitzender

„Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“, heißt es im Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. Jetzt soll im neuen Bildungsplan des Landes Baden-Württem­berg noch die sexuelle Vielfalt dazu kommen, die in der Wirklichkeit des rauen Alltags immer wieder auch zu Ausgrenzungen führt. „Du bist echt voll schwul“, ist ein leichtfertig abgegebenes Urteil über Mitschüler, oft ohne die Bedeutung der Aussage wirklich verstanden zu haben. „Insofern ist das Anlie­gen der grün-roten Landesregierung vom Ansatz her durchaus nachvollziehbar“, sagt Brand.

LSBTTIQ ist das Landesnetzwerk von lesbischen-schwulen-bisexuellen-transsexuellen-transgender-intersexuellen und queeren Gruppen, Vereinen und Initiativen. Auf diese sexuelle Vielfalt soll im kommenden Bildungsplan stärker eingegangen werden, als dies bislang der Fall war. Eine Internet-Pe­tition mit bisher weit über 100.000 Unterschriften wendet sich gegen diese Absicht des Kultusminis­teriums. Mit starken und deutlichen Worten treffen die Kommentare ein. „In einer Heftigkeit, die einen glauben lässt, es herrsche Krieg zwischen den Befürwortern und den Gegnern der Internet-Petition“, so der VBE-Landeschef. Der Leittext in der Vorlage des Bildungsplans lese sich vernünftig. Es komme nun darauf an, was man daraus mache. „Was folgt in den Konkretisierungen?“ fragt Brand.

Die aktuelle Diskussion im Vorfeld sei wichtig, so der VBE-Vorsitzende, denn sie zeige die Spann­breite auf, in der diese Thematik diskutiert werde. Für den VBE stellt sich nicht die Frage, ob sexuelle Vielfalt ein Thema für die Schule ist, denn in der Gesellschaft ist sie schon lange angekommen. Schule muss diese Realität aufgreifen und abbilden. Brand: „Ich frage mich aber, bis in welche Tiefe die Ver­schiedenheiten sexueller Vielfalt eine Verortung in der Schule finden müssen. Und ich frage mich, ob man den Kindern nicht ein wenig Zeit lassen kann, bis sie so weit sind, um mit dem Thema Sexualität in dieser Intention in Berührung gebracht zu werden. Ich frage mich, ob wir bei der Debatte auch daran denken, dass es primär das Recht der Eltern ist, ihren Kindern die Welt zu erklären. Und denken wir auch daran, dass wir Eltern und Kinder verschiedener Glaubensrichtungen haben?“

Der VBE-Vorsitzende fasst zusammen: „Ich wünsche mir Besonnenheit und Umsicht. Ich wünsche mir eine sachlich faire Diskussion, bei der Befürworter und Gegner Respekt im gegenseitigen Umgang miteinander erkennen lassen. Man kann nicht auf der einen Seite Toleranz für diejenigen einfordern, die nicht in das landläufig übliche Familienbild eingeordnet werden können, aber gleichzeitig Men­schen, die eine andere Meinung zu den Lebensvorstellungen des Landesnetzwerks LBSTTIQ haben, als Weltfremde oder Fundamentalisten ausgrenzen. „Dadurch wird man unglaubwürdig“, so Brand.

Warum läuft einer Amok? Was richtet das an?

Der Kinofilm „Staudamm“ tastet sich an solche Fragen heran – in Form einer zarten Liebesgeschichte.

Es ist ein Spielfilm, und es geht um einen Amoklauf an einer Schule, doch es fällt kein einziger Schuss. Niemand tötet vor der Kamera, niemand stirbt vor der Kamera. All das passiert im Kopf der Zuschauer, während zwei Leute darüber reden und die Schauplätze des Geschehens aufsuchen: Roman (Friedrich Mücke), Anfang 20, Typ gelangweilter, akademischer Großstädter, der als Anwaltsgehilfe jobbt; Laura (Liv Lisa Fries), Oberstufenschülerin, Typ unbefangenes, selbstbewusstes Mädchen, das das Massaker überlebt hat. Roman ist in die Kleinstadt gereist, um für den Anwalt, dem er zuarbeitet, Prozessakten abzuholen. Doch er muss tagelang darauf warten und kommt derweil nicht nur Laura näher, sondern durch die Gespräche mit ihr auch dem, was im November des Vorjahres passiert ist. Und immer drängender wird die Frage: warum ist es passiert? 

Warum beschließt einer, auf brutalstmögliche Weise Schluss zu machen mit Mitschülern, Lehrern und sich selbst? Und was macht das mit den Hinterbliebenen, mit Unbeteiligten,   mit potentiellen Tätern? Solche Fragen haben die Drehbuchatoren Christian Lyra und Thomas Sieben nach der Amoktat in Erfurt nicht mehr losgelassen. Solche Fragen beschäftigen Hauptfigur Roman erstmal gar nicht. Er jobbt für einen Anwalt, spricht ihm protokollierte Zeugenaussagen beliebiger Prozesse auf Band. Was er von Amokläufern halte, fragt ihn der Anwalt. Roman antwortet: „Keine Ahnung, hab ich noch nicht drüber nachgedacht.“ Das ändert sich. Und so wird der Film nicht nur zur dialogisch sich entwickelnden Geschichte einer unfassbaren Tat sondern auch zur Geschichte der Verwandlung eines indifferenten Menschen in einen berührbaren.

Auch Laura verwandelt sich vor den Augen der Zuschauer: Vom kiffenden Hippie-Mädchen in ein seelische Qualen durchlebendes Opfer. Es stellt sich heraus: Laura hat damals ihre beste Freundin verloren, wollte sich umbringen, geistert immer wieder nachts durch das leerstehende Schulgebäude. Das tut sie dann auch mit Roman. Anfangs tollen sie im fahlen Licht durch kahle Gänge, doch unvermittelt bricht der Abgrund des Traumas auf.

Alles in diesem Film entwickelt sich aus einer Art Nebel: Roman ist immer wieder umhüllt vom Dunst seiner Zigaretten, November-Nebel umwabert die grau-braune Voralpenlandschaft der Kleinstadt. Während der Zuschauer Roman dort joggen sieht, hören sie ihn aus dem Tagebuch des Täters lesen. Das hat er von Laura bekommen, zu der der Mörder eine sehr eigenwillige Beziehung pflegte, wie aus dem Text hervorgeht. Krude, selbstmitleidige Sätze liest Roman. Sätze, wie sie reale Schulmörder tatsächlich hinterlassen haben. „Ich hasse die Menschen nicht, sie tun mir leid“, liest Roman vor, „bald erlöse ich sie alle“. Romans Reise wird zu einer Reise ins „Herz der Finsternis“, wie Lyra sagt.

Während die Not des Mädchens immer deutlicher erscheint, wächst die Vertrautheit zwischen ihr und dem Besucher. So wie der ruhig erzählende Film jedes „pornografische Zeigen von Gewalt“ (Lyra) vermeidet, vermeidet er es auch, die beiden nachts im Hotelbett zu zeigen. Zu beobachten ist das zarte Wachsen einer Beziehung. Eine Art Gegenentwurf zur trostlosen Welt, von der sich der Täter umgeben sah. Ein Junge von 18 Jahren.

Chris Bleher

 

Bester Jugendfilm

„Staudamm“ kommt am 30. Januar in die deutschen Kinos. Der Spielfilm lief auf mehreren nationalen und internationalen Filmfestivals und gewann unter anderem in Cottbus den Preis für den besten Jugendfilm. Der BLLV unterstützt sein Erscheinen ebenso wie die Dominik-Brunner-Stiftung und die Stiftung gegen Gewalt an Schulen. Der Film wird als Special bei den Schulkinowochen im Frühjahr angeboten. Das Drehbuch schrieben Grimme-Preisträger Christian Lyra und Thomas Sieben (zugleich Regie). Produktion: milkfilm; Koproduktion: ZDF/arte/ARRI. Mehr unter: www.staudamm-film.de 

Immer mehr Lehrer über Grün-Rot verärgert

Haltung bei Altersermäßigung als Zeichen geringerer Wertschätzung

Stuttgart. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg sieht die Lehrer im Land immer mehr als Zitronen, die Grün-Rot nur auspressen muss, wenn es mal wieder am Geld fürs Regieren fehlt. Ständige Sparbeschlüsse machen die be­sonders von Lehrern gewählte grün-rote Landesregierung mittlerweile immer un­beliebter.

VBE Landesvorsitzender Gerhard Brand

Gerhard Brand, VBE Landesvorsitzender

Spürbare Kürzungen bei den Gehältern der Junglehrer und der Beihilfe im Krankheits­fall, die Verschiebung der Besoldungsanpassung, die Reduzierung der Anrechnungs­stunden für besondere Belastungen und jetzt das Sparen bei der Altersermäßigung zeigen, dass die Pädagogen bei Grün-Rot nicht die Wertschätzung erfahren, die sie sich eigentlich durch den Regierungswechsel erhofft hatten.

Auch die viel versprochenen Verbesserungen in der Bildungspolitik fallen sparsamer aus, als sie zuvor groß angekündigt worden waren. Mit einer langen „To-do-Liste“ macht der VBE deutlich, wie er sich die Unterstützung der Politiker für Schulen und Lehrkräfte vorstellt: Durch eine spürbare Senkung des Klassenteilers, der mit 30 Schü­lern in der Sekundarstufe und mit 28 in den Grund- und Gemeinschaftsschulen noch immer viel zu hoch ist; durch die Sicherstellung dringend benötigter Stütz- und Förder­maßnahmen; durch eine ausreichende Anzahl motivierender AG-Stunden für alle Schul­arten; durch eine verlässliche Lehrerreserve gegen zu viel Unterrichtsausfall; durch die Rücknahme der Absenkung der Eingangsbesoldung, durch mehr Sozialarbeiter an den Schulen und nicht zuletzt durch die Schaffung von Planstellen für junge Pädagogen sowie die Möglichkeit für ältere Lehrer, in Würde den Dienst beenden zu dürfen, etwa durch eine angemessene Altersermäßigung oder die Einführung einer von der Landes­regierung noch nicht einmal angedachten Altersteilzeit für alle Lehrkräfte.

„Vielleicht finden die verantwortlichen Politiker in der Zeit zwischen den Jahren Muße, um darüber einmal gründlich nachzudenken und dann den Schulen und den Lehrern die Unterstützung und Wertschätzung zuteil werden zu lassen, die sie eigentlich verdienen“, sagt VBE-Chef Gerhard Brand.

VBE: Nicht der Unterrichtsausfall wegen des Pädagogischen Tages ist das Problem, sondern der aufgrund fehlender Krankheitsvertretungen

Zur SPD-Kritik an den Pädagogischen Tagen

Stuttgart. Der SPD-Finanzpolitiker Hans-Martin Haller soll es laut Südwestpresse als „bla­mabel“ bezeichnet haben, dass noch immer ein Drittel der Pädagogischen Tage an den Schulen in der Unterrichtszeit stattfinde. Dem hält der Verband Bildung und Erziehung (VBE) entgegen, dass es so viele unterrichtsfreie Zeit im Schuljahr gar nicht gebe, um alle Referenten für den Pädagogischen Tag unterzubringen.

VBE Pressesprecher Michael Gomolzig

Michael Gomolzig, Sprecher des VBE

Das sei wieder eine typische Forderung, die zeige, wie wenig Praxiserfahrung der SPD-Kritiker habe, schimpft der VBE-Sprecher. Selbst Lehrern nicht wohlmeinende Zeitge­nossen müssen zugeben, dass die Tage, an denen Unterricht stattfindet, deutlich mehr sind als die unterrichtsfreien, im Volksmund auch gerne „Ferien“ genannt. „Wenn jetzt alle rund 5000 Schulen in Baden-Württemberg die Lehrerfortbildung `Pädagogischer Tag´ in der Schule oder an einer Akademie wirklich nur an unterrichtsfreien Tagen des Schuljahres durchführten, würde die Zahl dieser Tage bei weitem nicht ausreichen, alle Fortbildner und Multiplikatoren an die Schulen oder die Lehrer an die Akademien zu bringen, zumal ja auch Lehrern und Referenten 30 Tage Urlaub zustehen“, moniert der VBE-Sprecher. Und wenn der Rechnungshof zugibt, dass diese Veranstaltungen – zu der im Übrigen die Schulkonferenz, in der auch Eltern und Schüler vertreten sind, zu­stimmen muss – nach heftiger Kritik deutlich mehr in die unterrichtsfreie Zeit verlegt worden seien, sei das doch der Schritt in die richtige Richtung, so der VBE-Sprecher.

Ärgerlich sei, dass sich die Diskussionen immer wieder am Unterrichtsausfall wegen des Pädagogischen Tages entzündeten; der eigentliche „Aufreger“, ausgefallene Stun­den wegen einer viel zu geringen Lehrerreserve, dabei gerne unter den Tisch falle.

So soll, wie aus zuverlässiger Quelle durchgesickert ist, die jährliche Quote von zu­sätzlichen 200 Krankheitsvertretern – wie es Grün-Rot den Schulen zugesagt hat – schon in diesem Jahr wieder ausgesetzt werden. An dieser Stelle könnte der SPD-Finanz­experte „seinem“ Kultusminister Schützenhilfe geben, und die zusätzlichen Lehrer­stellen bewilligen, die Schulen würden es ihm danken, versichert der VBE-Sprecher.