Bildungspolitik auf Volkes Prüfstand

Komisch, komisch, was Baden-Württemberg für eine  undankbare Bevölkerung hat. Wo doch unser aller Winnies Popularität auch im 3. Jahr seiner Regierungszeit mehr strahlt als das Atomkraftwerk in Fukushima, dem er sein Regierungsamt zu verdanken hat. Und dann dieses Fußvolk! Zwar ist es mit der Regierungspolitik und den sie tragenden Koalitionen im Schnitt zufrieden, aber die Bildungspolitik, ja die Bildungspolitik halt… 60 Prozent der Bürger sind mit der Bildungspolitik unzufrieden, nur 27 Prozent sind zufrieden. Das kam durch eine Umfrage des Südwestrundfunks Mitte Mai 2014 anlässlich des „Bergfestes“ (Mitte der Regierungszeit) der grün-roten Koalition heraus.

Wo doch alles in der Theorie so gut gedacht war: Gemeinschaftsschule als die eine einzige seligmachende Schulart ohne lästige Gymnasien für die „Elite“, ohne die Realschulen, die angeblich der Heterogenität der Schülerschaft gar nicht mehr Herr werden, ohne Haupt- und Werkrealschulen, die von Politikern und Öffentlichkeit trotz ihrer hervorragenden Arbeit als Restschulen verschrien wurden und werden. Von den Privatschulen, liebe Kolleginnen und Kollegen, hört man in der Bildungspolitik sehr wenig, außer dass sie mal mehr, mal weniger schnell, aber immerhin anzahlmäßig wachsen. Und die Sonderschulen? Diese Aussonderungsschulen brauchen wir schon gar nicht! Während Henris Eltern dessen Zukunft auf dem Gymnasium sehen, hat der Minister angeordnet, dass man ihn auf der Gemeinschaftsschule am besten fördern kann, was einer gewissen Logik nicht entbehren würde. Denn so wie die Gemeinschaftsschule auf dem Papier konzipiert ist, wäre sie ja für Henri tatsächlich passend.

Aber hier kommen wir genau zum Punkt. Die Konzeption der Schullandschaft auf dem Papier gestaltet sich deutlich anders als das, was an Ressourcen zur Verfügung gestellt wird, damit die eingeleiteten Entwicklungen zum Erfolg führen können. Sie gestaltet sich deutlich anders als das, was von informierten und zunehmend auch von gewöhnlich nicht informierten Kreisen wahrgenommen wird. Es genügt eben nicht, mit der Abschaffung der verbindlichen Grundschulempfehlung eine Beliebigkeit bei der Schulwahl zu erzeugen. Wenn in Folge dessen Henri das Gymnasium besuchen kann, dann müssen dort eben die Unterstützungssysteme greifen, die Henri auf dem Gymnasium braucht. Dazu ist die Regierung aber nicht bereit, weil sie vor lauter Gleichmacherei (=beabsichtigte Abschaffung der äußeren Differenzierung) vergessen hat, dass innere Differenzierung Geld kostet. Viel Geld. Geld, das diese Regierung nicht geben will, und ich versteife mich zu behaupten: wider besseren Wissens nicht geben will. Denn sowohl Kultusminister Stoch als auch SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel haben eigentlich die Zeichen der Zeit erkannt. Hier und da wagen sie es auch einmal zu sagen, doch wird ihnen von parteieigenen und Koalitionspartnern sehr schnell das Maul gestopft. Ministerpräsident Kretschmann und Finanzminister Nils Schmid beharren auf ihrem ehrgeizigen Sparprogramm und wollen es sogar noch straffen. Dazu gehört auch das Feld der Schulverwaltung, das zumindest auf der Ebene der Regierungspräsidien und der Schulämter mit einem Personalbestand arbeiten muss, der schon jetzt grenzwertig ist.

Grün-rote „Gut“-Nachrichten

Dabei kann diese grün-rote Landesregierung durchaus auf Erfolge im bildungspolitischen Bereich verweisen. Teilweise wurden diese durch Investitionen vom Bund (schwarz-rot regiert) ermöglicht, aber selbst dies muss als Erfolg der Landesregierung gewertet werden: Der Bund hatte sich lange genug verweigert, das Seine für Bildung und Erziehung beizusteuern, obwohl dies zweifelsohne eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Doch steter Tropfen höhlt den Stein.

Schauen wir darauf, was diese Regierung an Positivem erreicht hat, wenn man das so sehen will, wie Edith Sitzmann aufzählt*:

  • Das Land übernimmt 68 % der Betriebskosten in U3-Kindertageseinrichtungen (325 Mio EUR im Jahre 2013)
  • Die noch junge Vereinbarung zu den Ganztagesschulen wird im Endausbau bis zum Jahre 2023 die Kommunen mit 147 Mio EUR unterstützen.
  • Gemeinschaftsschulen für eine bessere Bildung. Längeres gemeinsames Lernen macht Schulstandorte attraktiver und sozial gerechter.
  • Mit rückläufigen Schülerzahlen umzugehen ist Aufgabe der regionalen Schulentwicklungsplanung
  • 10 Mio EUR wurden in die Kindertageseinrichtungen für den Ausbau der Sprachförderung investiert.
  • Zuwachs um ein Drittel bei der Drittelfinanzierung der Schulsozialarbeit (2013: + 15 Mio EUR; 2014: + 25 Mio EUR)

Was die Politikerin nicht sagt, überprüfen Sie bitte selbst: Welche der Punkte sind unumstößlich Fakt?  Welche Punkte sind Ideologie? Welche Punkte beinhalten einen ungedeckten Scheck in die Zukunft, also zu einem Zeitpunkt, an dem diese Regierung gewiss nicht mehr an der Regierung sein wird? Und was bitte sind in der Bildungspolitik 25 Millionen? Kretschmann hatte 2011 alleine 130 Millionen bei den Beamtengehältern eingespart und im gleichen Zeitraum, im März 2012, bei der Demonstration des Beamtenbundes in Stuttgart beiläufig erwähnt, dass die 20 Millionen, die er für Stellenaufblähungen benötigte, dagegen eine geringe Summe sei. Stimmt! Wie auch die damalige Kultusministerin Warminski-Leitheußer seinerzeit vor dem Landtag gestehen musste: „Wir wissen nicht wo die  Millionen versickert sind!“ Gute Bildung, Frau Sitzmann, Herr Kretschmann, kostet Geld. Um gute Bildung umzusetzen braucht es auch Personen, die die Investitionen und gute Arbeit dort einsetzen, wo sie am besten wirken können. Für die Personen braucht es noch mehr Geld. Summen, die diese Landesregierung nicht aufbringen möchte, obwohl beide sie tragende Parteien das Gegenteil in den Koalitionsvertrag geschrieben haben. Und die Steuergelder sprudeln… und sprudeln….

Gleichheit und Gerechtigkeit

Doch kommen wir erneut zum Stimmungsbarometer: Während die Regierung und die sie tragenden Koalitionsparteien die Bildungspolitik hochjubeln, merkt Volkes Basis zunehmend, wohin die Reise geht: Chancengerechtigkeit ist in der Schullandschaft zu einem Fremdwort geworden, was die Behandlung der Schularten betrifft. Auch wenn die Regierung immer wieder Gegenteiliges behauptet, gibt es dabei große – und dadurch ungerechte – Unterschiede:

  • Eigentlich müssten Gemeinschaftsschulen sowie alle anderen Schularten mit Ganztagesbetrieb die gleichen Gelder zugestanden bekommen, um den Schulalltag optimal durchstrukturieren zu können.
  • Eigentlich haben Schülerinnen und Schüler in allen Schularten das Recht auf ihren Anlagen gemäße Unterstützung in Form von Stütz- und Förderstunden, die von den Ressourcen her eine vergleichbare Größe entfalten.
  • Eigentlich haben alle Schulen ein Recht auf eine Schulleitung. Wieso lässt diese Regierung zu, dass es in unserem Land Regionen gibt, in denen 10 Prozent aller Schulleitungen unbesetzt sind?

Dies sind drei gravierende Beispiele, die man in vielen Bereichen erweitern könnte. Man nehme vom Volk wahrnehmbare Themen wie Unterrichtsausfall und Krankheitsvertretung, Lehrerversorgung, schulische Profilangebote, Qualität des Schulbetriebs und anderes mehr und weiß, warum unsere Regierungsparteien in Volkes Gunst zurückfallen.

Und wir Lehrkräfte (auch wir gehören zu Volkes Stimme) als interne Kenner der Materie wissen, dass es noch viel mehr Felder zum Beackern gibt, als nach außen wahrnehmbar ist. Die Besoldungs-, Anrechnungs- und Beförderungskultur klafft im Bereich der Grund-, Haupt-, Werkreal-, Real-, Gemeinschafts- und Sonderschulen (GWHRGS-Bereich, die so genannte 2. Säule) mit der Realität im Gymnasialbereich dermaßen weit auseinander, dass einem das Wort „Gerechtigkeit“ schon im Ansatz im Hals stecken bleibt. Auch innerhalb der Sekundarstufe I gestaltet sich die Besoldung zunehmend ungerechter. Der VBE fordert für alle diese wissenschaftlichen Lehrkräfte die Besoldung nach A 13. Das zusätzliche Aufbürden von Dokumentationen, Berichten und Projektbeschreibungen verdichtet unsere Arbeit, ohne dass wir dafür Entlastungen erfahren. Das zunehmende Verweilen in den Schulhäusern ohne einen ungestörten, gut ausgestatteten Arbeitsplatz belastet zweifellos Körper und Geist. Das sind nur einige Felder, die unsere Politiker in Angriff nehmen müssen. Denn nur zufriedene Mitarbeiter können volle Leistung bringen. Und das wollen wir. Aber die Politik muss uns auch dazu erst  in die Lage versetzen!

Der Verfasser dieses Artikels, Josef Klein, ist Mitglied des Hauptpersonalrats GHWRGS beim Kultusministerium (MKS) Stuttgart sowie Landesbezirksvorsitzender des VBE Südbaden
 
*Edith Sitzmann, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag: Grüne im Land sind Partner der Kreise und Kommunen, in: Landkreis-Nachrichten Baden-Württemberg,  Heft 1  vom 30.4.2014.    Herausgeber: Landkreistag Baden-Württemberg. Der Wortlaut der Aufzählungen erfolgt nach Edith Sitzmann.

Das neue Schulleitungsbesetzungsverfahren

Mangelnde Reformfreudigkeit kann man dieser Landesregierung mit Sicherheit nicht vorwerfen. Hilfreich wäre es allerdings, wenn die Auswirkungen solcher Reformen im Vorfeld besser überdacht würden und das von diesen Auswirkungen betroffene Umfeld besser auf Neuerungen vorbereitet würde. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) beklagt, dass Zeitdruck und das ständige Schielen nach der Haushaltskasse die Qualität der beabsichtigten Maßnahmen mindern. Kosmetik macht noch keine Neuerung und erst recht keine Qualität aus. So bleiben viele gute Ansätze bereits im Startloch hängen. Manches erscheint aber auch ideologiebehaftet und passt deshalb wenig zu den gegebenen Rahmenbedingungen.

Sonja Dannenberger, Rektorin, Talschule Wehr
Sonja Dannenberger,
Rektorin, Talschule Wehr

Auch im Hinblick auf das neue Schulleitungsbesetzungsverfahren wird einiges davon sichtbar. Einerseits gibt es Schulkreise, in denen wegen der landesweit schlechten Rahmenbedingungen für die Schulleitung fast 10 Prozent der Schulen auf zum Teil vergeblicher Rektorensuche sind, andererseits werden die Bedingungen für die Gewinnung von Schulleitungen verschärft. Dies geschieht momentan durch die Neuregelung der im Auswahlverfahren gestellten Anforderungen wie auch durch die Einführung der Drittelparität in der Schulkonferenz. Weiterhin notwendig wäre allerdings das seit Jahren vom VBE geforderten Begleit- und Unterstützungspaket für Schulleitungen in der Probezeit. Dieses allerdings scheint wieder einmal an der Bereitschaft der Finanzpolitiker zu scheitern, den Schulämtern genügend Personal für diese zusätzliche, wichtige Aufgabe bereitzustellen. Wir sehen: Es bleiben für den VBE viele Felder zu bearbeiten. Die zwei wichtigsten Schritte aber muss die Politik bald leisten, damit Schulleitung wieder attraktiv wird: Mehr Zeit für Schulleitungen zum Gestalten von Schule und eine totale Überarbeitung des Gehaltsgefüges. So lange es Mitglieder der Schulleitung gibt, die genauso viel oder weniger verdienen als die nachgeordneten Lehrkräfte, so lange wird sich der Run auf die verantwortungsvollen Posten in Grenzen halten. Wenn das Land bei den Schulleitungen weiterhin nach Eignung, Leistung und Befähigung eine Bestenauslese betreiben will, sollte es schnellstens danach streben, dass eine Auslese überhaupt möglich wird. Bei vielfach nur einer Bewerbung pro Stellen wird das Wort ‚Auslese‘ zur Farce.

Schritt für Schritt zur Schulleitung

Vorbereitungen

Durch die kürzlich erfolgte Harmonisierung des Verfahrens in den einzelnen Regierungsbezirken wurden Bestandteile des neuen Verfahrens zur Gewinnung von Schulleitungen bereits vorab in die Tat umgesetzt. Auch die von den dadurch entstandenen Neuerungen betroffenen Verfahren werden nach der bisher geltenden Verwaltungsvorschrift durchgeführt. Sobald die Überarbeitung aber in Kraft tritt (das ist zu Beginn des Schuljahres 2014/15 vorgesehen), werden die Neuerungen greifen. Werfen wir also einen Blick darauf, wie künftig Schulleitungen gewonnen werden sollen:

Die Ausschreibung soll wie bisher im Amtsblatt K.u.U. erfolgen, wird allerdings von einer erweiterten Ausschreibung im Netz begleitet. In der erweiterten Ausschreibung spiegelt sich das schulspezifische „Anforderungsprofil Schulleiterinnen/Schulleiter“ wider. Das Formblatt für die Bewerbung wird von der Schulaufsicht (in der Regel Schulamt) unmittelbar den betroffenen oberen Schulaufsichtsbehörden vorgelegt (gegebenenfalls also auch  Regierungspräsidien bei Bewerbungen nach außerhalb).

Nach der Erstellung der Bewerberübersicht wird beim Regierungspräsidium eine vierköpfige Auswahlkommission gebildet, der zwei Mitglieder der Schulaufsicht angehören. Der Schulträger und die Schulkonferenz entsenden je ein weiteres Mitglied, die innert vier Wochen benannt werden. Diese Auswahlkommission soll sich idealerweise während des gesamten Verfahrens nicht verändern. Scheidet dennoch ein Mitglied aus, so hat es einen Beitrag zu verfassen, damit die von ihm begleiteten Prüfungsteile in die Endwürdigung mit einfließen. Diese beiden Mitglieder der Auswahlkommission werden schriftlich auf ihre Verschwiegenheit verpflichtet, die über das Verfahren hinaus andauert. Sie nehmen am Überprüfungsverfahren teil um Transparenz herzustellen. Ihre Eindrücke werden in die Bewertung der Überprüfungsmaßnahmen miteinbezogen. Die Beauftragte für Chancengleichheit (BfC) erhält auf jeden Fall diese Bewerberübersicht auch. Falls Schwerbehinderte unter den Bewerbungen sind, gilt dies auch für die Vertretung der Schwerbehinderten.

Überprüfungsverfahren

Unabhängig von einer vorliegenden Regelbeurteilung wird eine Anlassbeurteilung durch den Vorgesetzten erstellt. Dies kann entfallen, wenn die vorhergehende Anlassbeurteilung nicht älter als zwei Jahre ist. Sie ist aber in der Regel dennoch zu erstellen, wenn sich Status oder Aufgabenbiet seit der letzten Fertigung der Anlassbeurteilung verändert haben. Der Prüfungsteil „Unterrichtsanalyse mit Beratung“ umfasst eine Unterrichtseinheit in einem nicht affinen Fach. Das „Bewerbergespräch“ erfolgt in Form eines strukturierten Interviews. Der Bewerber/die Bewerberin bereitet die mediengestützte Präsentation eines Sachverhaltes vor und bearbeitet eine schwierige schulische Alltagssituation. Diese vier Prüfungsteile des weiteren Überprüfungsverfahrens sind für jede jeweils zu besetzende Stelle neu durchzuführen. Sie werden in verbalisierter Form bewertet: Anforderungen hervorragend erfüllt …gut erfüllt …im Wesentlichen erfüllt …nicht erfüllt.

Diese erbrachten Leistungen werden zusammengefasst, begründet und an die beiden Mitglieder des Schulträgers und der Schulkonferenz übersandt, bevor deren Gremien ein Votum für den Besetzungsvorschlag abgeben.

Bevor die Gremien beteiligt werden, informiert die Schulaufsicht die Bewerber. Diese können eine Besprechung verlangen. Frühestens fünf Arbeitstage danach werden die Gremien informiert.

Abschluss des Besetzungsverfahrensverfahrens

Die Auswahlkommission bestimmt in einer Mehrheitsentscheidung (bei Stimmengleichheit bestimmt die Schulaufsicht) den Besetzungsvorschlag. Zuvor kann die Schulaufsicht ein Gespräch mit den weiteren Mitgliedern der Auswahlkommission führen.

Nach der Entscheidung wird dem Schulträger und der Schulkonferenz ein Merkblatt über das Verfahren und die Blätter 1 bis 4 der Bewerberübersicht überlassen. Nach der Gremienbeteiligung fasst die Schulaufsichtsbehörde die Ergebnisse in einem Abwägungsvermerk zusammen. Im Dissensfall trifft das Ministerium unter Berücksichtigung aller vorliegenden Unterlagen die Besetzungsentscheidung.

Schlussendlich erhalten die ernennende Stelle, der Bezirkspersonalrat und ggfls. die Schwerbehindertenvertretung eine Bewerberübersicht als Information. Personalrat und Schwerbehindertenvertretung werden nach den einschlägigen Bestimmungen am Verfahren beteiligt.

Stellvertretende Schulleitungen im GHWRGS-Bereich

Das Verfahren wird vom (ggfls. aufnehmenden) Schulamt geführt. Es entscheidet auch über den Besetzungsvorschlag auf der Basis von Eignung, Befähigung und Leistung. Neben der Erstellung einer Anlassbeurteilung erfolgt ein Bewerbergespräch. Das Verfahren schließt ab mit der Beurteilung besonders gut geeignet …gut geeignet …geeignet oder …nicht geeignet.

Die Schulleitung wird am Bewerbungsverfahren beteiligt. Sie erhält eine Bewerberübersicht und soll als Beobachter am Bewerbergespräch teilnehmen. Sie gibt gegenüber dem Schulamt eine Stellungnahme ab. Bei einvernehmlichem Besetzungsvorschlag wird dies in der Bewerberübersicht festgehalten. Andernfalls erhält die Schulleitung nach Mitteilung eines anderen Besetzungsvorschlages nochmals die Gelegenheit zur Stellungnahme, die dem Besetzungsvorschlag beigefügt wird. Auch eine Nichtstellungnahme der Schulleitung wird dort vermerkt. Stellungnahmen der Schulleitung im Rahmen dieses Besetzungsverfahrens haben nicht den Charakter einer dienstlichen Beurteilung.

Besetzung von Fachberaterstellen in der Schulaufsicht

Das Verfahren wird vom Regierungspräsidium geführt und erfolgt auf Basis der Bestenauslese. Das Verfahren besteht aus einer Anlassbeurteilung, einem Bewerbergespräch sowie einer Unterrichtsanalyse mit Beratung und endet mit einer der folgenden Beurteilungen: besonders gut geeignet …gut geeignet …geeignet oder …nicht geeignet.

Besonders diesen Teil des neuen Besetzungsverfahrens hält der VBE für völlig überzogen, da am Ende eine finanzielle „Beförderung“ von 38,81 EUR brutto monatlich steht. Leider ist auch gerichtlich festgestellt, dass eine anteilige Kürzung bei Teilzeitkräften gesetzeskonform ist.

Fazit

Der VBE begrüßt jegliche Qualitätsverbesserung im Bereich Schule und Unterricht. Er steht zum Leistungsprinzip und befürwortet eine Bestenauslese. Die Politik hat dafür den erforderlichen Rahmen zu schaffen, indem er die Schulaufsicht personell in die Lage versetzt, solche Verfahren ordnungsgemäß durchzuführen.

Bewerberinnen und Bewerber für Leitungsfunktionen sind nach ihrer Bestellung / Ernennung nicht nur in der Probezeit zu unterstützen und wertschätzend zu begleiten. Stellenbesetzungssperren und persönliche Wartezeiten stehen diesem Anliegen entgegen. Zeitliche Entlastungen für Funktionsinhaber sind dringend notwendig um ihr Amt nicht nur verwaltend, sondern auch gestaltend wahrnehmen zu können. Eine Überarbeitung des Gehaltsgefüges ist dringend geboten.

VBE zur Zeugnisausgabe an den Schulen:

“Der Wert eines Kind definiert sich nicht über seine Noten“

„Zeugnisse können niemals die ganze Schülerpersönlichkeit wiedergeben – ganz gleich, ob diese als reine Ziffernnoten, als ausführliche verbale Beur­teilungen oder durch Kompetenzraster ausgegeben werden“, sagt Gerhard Brand, Vorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg. Ein Schüler sei immer mehr als die Summe der Zeugnisnoten.

VBE Landesvorsitzender Gerhard Brand
Gerhard Brand, VBE Landesvorsitzender

Eine Zensur setzt sich aus verschiedenen Einzelnoten zusammen, die besonders im Fach Deutsch sehr viele Bereiche abdecken. Gab es früher in Deutsch noch fünf separat im Zeugnis ausgewiesene Noten für Lesen, Aufsatz, Sprachkunde, Recht­schreiben und Schrift sowie zwei Zensuren in Mathematik für Rechnen und Raum­lehre, so geht der Trend heute zu Fächerverbünden. Da werden Unterrichtsfächer wie Musik, Sport und Bildende Kunst, die eigentlich nicht viel direkt miteinander zu tun haben, zu einem Konstrukt „MSG“ (Musik-Sport-Gestalten) verschweißt und die jeweiligen Leistungen mit einer Gesamtnote gewürdigt.

„Die Bewertung schulischer Leistungen ist grundsätzlich keine rein arithmeti­sche, sondern immer auch eine pädagogische“, versichert der VBE-Chef. Lehrer machten es sich bei der Notenfindung nicht einfach; nicht nur an Gemeinschafts­schulen berücksichtigten die Pädagogen individuelle Lernfortschritte der Schüler. Die berühmt-berüchtigte „Gauß`sche Normalverteilungskurve“ sei nicht das Maß aller Dinge und keine Richtschnur für die Leistungsbewertung, so Brand.

Ein “Versagen“ des Schülers in der Schule hat stets verschiedene Ursachen. Nicht immer sind Faulheit oder Gleichgültigkeit der Grund für schlechte Leistun­gen. Auch Krankheit, seelische Nöte oder eine ständige Überforderung durch die falsche Schulwahl spielen häufig eine Rolle.

Nach dem Wegfall der Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung machten sich etliche Schüler auf den Weg in eine Schule, der sie leistungsmäßig (noch) nicht ge­wachsen sind. „Obendrein würden an den meisten Schulen viel zu wenig Stütz- und Förderstunden angeboten, weil die entsprechende Lehrerstundenzuweisung fehlt“, moniert der VBE-Chef, „und nicht alle Familien können und wollen sich teuren privaten Nachhilfeunterricht leisten.“ Sicher seien Zeugnisse für die schu­lische Laufbahn von Bedeutung, trotzdem rät Brand zu mehr Gelassenheit.

VBE zu den 76 Neuanträgen: Nicht die zunehmende Zahl der Gemeinschaftsschulen ist wichtig, sondern ausschließlich deren Qualität

Gymnasiasten und Realschüler sind dort weiterhin unterrepräsentiert

Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg sieht die „Er­folgsmeldungen“ des Kultusministeriums über die Zahl neuer Gemeinschaftsschu­len als Augenwischerei an, solange diese neue Schulart nicht die Schülermischung aufweist, die Wissenschaftler für deren Erfolg als zwingend notwendig erachten. Nach wie vor sind es vor allem Haupt-/Werkrealschulen, die sich mit viel Engage­ment auf den Weg zur Gemeinschaftsschule machen. Grundschüler mit Gymnasi­alempfehlung bevorzugen weiterhin das Gymnasium, und nicht die Gemein­schaftsschule.

VBE Pressesprecher Michael Gomolzig
Michael Gomolzig, Sprecher des VBE

„Wenn die Gemeinschaftsschule wirklich eine Schule für alle sein soll, darf diese neue Schulart nicht fast ausschließlich aus sterbenden Haupt-/Werkrealschulen wiedergebo­ren werden“, moniert der VBE-Sprecher. Insbesondere Gymnasien, aber auch die meis­ten Realschulen halten sich bei den Anträgen auf Umwandlung in eine Gemein­schaftsschule weiterhin vornehm zurück.

Wenn CDU-Bürgermeister die Schulen zu Gemeinschaftsschulen umwandeln wollen, geschieht das in den seltensten Fällen aus pädagogischer Überzeugung, sondern dient ausschließlich dem Erhalt des Schulstandortes. Viele Hauptschulen waren erst kurz zu­vor zur neuen Werkrealschule mit Ganztagesbetrieb ausgebaut worden. Dafür hatten die Kommunen sehr viel Geld in die Hand genommen, das sie jetzt nicht in den Sand ge­setzt sehen wollen. „So hat die Entscheidung für die Gemeinschaftsschule selten etwas mit dem Parteibuch des Bürgermeisters zu tun, auch wenn die Pressestelle des Kultus­ministeriums das gerne genüsslich so ausschlachtet“, versichert der VBE-Sprecher.

Das Ganze sieht momentan noch allzu sehr nach Etikettenschwindel aus: Die Schule legt zwar ein neues pädagogisches Konzept vor, dass das selbstorientierte individuelle Lernen in den Vordergrund stellt, aber ansonsten wird lediglich das Schild „Haupt­schule“ gegen die gefälligere Bezeichnung „Gemeinschaftsschule“ ausgetauscht. Eltern, deren Kinder eine Gymnasialempfehlung haben, bevorzugen weiterhin diese stark leis­tungsorientierte Schulart mit dem allgemein guten Ruf. Eltern, deren Kinder die Haupt-/Werkrealschule besuchen sollen, glauben nur allzu gerne, dass ihr Kind an der Gemein­schaftsschule bis zum Abitur geführt werden kann, selbst wenn es die Voraussetzungen gar nicht mitbringt.

VBE bedauert neue Mehrheitsverhältnisse in der Schulkonferenz

Eltern und Schüler können jetzt den Lehrern die Richtung vorschreiben

Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg sieht mit Sorge, dass sich durch die Schulgesetzänderung die Mehrheitsverhältnisse in den Schulkonferenzen zu Lasten der Fachleute verändern. Schüler und Eltern haben, wenn sie sich einig sind, das Zepter in der Hand und erteilen den Lehrern Auf­träge.

Schule wird heute gemeinhin als Dienstleistungsbetrieb verstanden, der sich an seinen „Kunden“, den Schülern und Eltern, auszurichten habe. Durch die Schulgesetzänderung erhalten diese Kunden die Mehrheit im höchsten Beschlussorgan der Schule, in der Schulkonferenz, und können so – auch gegen den ausdrücklichen Willen der Experten, der Lehrer an dieser Schule – die Marschrichtung vorgeben.

Der VBE hält es für überzogen und sachlich falsch, dass Eltern und Schüler den Lehrern ihren Willen aufzwingen dürfen. So könnten Eltern und Schüler mit ihrer Mehrheit in der Schulkonferenz die Lehrer nötigen, etwa die Schule zur Gemeinschafts­schule umzubauen, obwohl die Pädagogen selber gar nicht nach diesem Konzept unter­richten wollen.

Schon bisher bemühte man sich an den Schulen, bei wichtigen Entscheidungen einen Konsens herbeizuführen. Im Streitfall blieb jedoch das Konzept des Handelns bei de­nen, die die entsprechenden Vorgaben auch umsetzen müssen: bei den Lehrkräften. Eltern und Schüler haben durch die Schulgesetzänderung als „Kunden“ eine Vormachtstellung bekommen, die im Dienstleistungsgewerbe oder in der Produktion undenkbar wäre. „Dort bemüht man sich um die Zufriedenheit der Kunden, lässt sich aber die Handlungs- und Richtlinienkompetenz nicht aus der Hand nehmen“, so der VBE-Sprecher. Die Gesetzesänderung komme natürlich den Wünschen der Elternschaft entgegen, ob das für die Schule ein Segen werde oder eher zum Schaden gereiche, müsse die Zukunft zeigen.

VBE unterstützt Forderungen des Philologenverbandes: Arbeitsentlastung für Lehrkräfte dringend geboten

Aber: Stundendeputate differieren noch immer ziemlich stark

Fellbach/Stuttgart. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg hat Verständnis für die Forderung des Philologenverbandes (PhV), die Wochenstundenverpflich­tung an Gymnasien zu reduzieren und unterstützt das Bemühen des Gymnasial­lehrerverbandes um eine spürbare Arbeitsentlastung der Pädagogen, möchte diese Entlastung jedoch auf Lehrer an allen Schularten ausgedehnt wissen, so VBE-Sprecher Michael Gomolzig.

VBE Pressesprecher Michael Gomolzig
Michael Gomolzig, Sprecher des VBE

Dass die Arbeit der Lehrer je nach Schulart verschieden ist, hat nach den heftigen bil­dungspolitischen Diskussionen im Land jeder verstanden. Unverständlich bleibt jedoch weiterhin, warum Lehrer nach wie vor unterschiedlich lang ausgebildet und unter­schiedlich bezahlt werden und warum sie unterschiedlich hohe Deputate von 25 bis zu 31 Unterrichtsstunden pro Woche haben. Obwohl nach dem Schulgesetz alle Schularten gleichwertig sind, werden manche Lehrer noch immer als die „etwas wertvolleren“ Lehrer gehandelt.

Noch immer wird die Arbeit der unterschiedlichen Lehrergruppen über das Alter der Schüler und deren sozialen Herkunft bewertet. Der Umgang mit jüngeren und bildungs­schwächeren Schülern wird geringer geschätzt und weniger hoch besoldet als das Unter­richten älterer Schüler und solcher aus „besseren“ Gesellschaftsschichten.

Galt die Grundschule zu früheren Zeiten als eine disziplinierende Stillsitzschule („Händchen falten, Mündchen halten, Öhrchen spitzen, stille sitzen…“), in der man Schülern das beigebracht hat, was jeder Erwachsene ohnehin beherrscht, ist man sich in jüngster Zeit der immensen Bedeutung der pädagogischen Basisarbeit in der Grund­schule bewusst geworden. Die Grundschule ist für die Bildungsbiografie aller Schüler das Fundament. Moderner Unterricht in der Primarstufe bedeutet bei einer sehr hete­rogenen Schülerschaft mit dem Erstellen individueller Lern- und Förderpläne, Portfolios und der ersten Berührung mit einer Fremdsprache alles andere als „ein bisschen Schule halten“, versichert der VBE-Sprecher. Eine Entlastung der Lehrer müsse in der Tat dringend umgesetzt werden, dürfe einzelne Lehrergruppierungen aber nicht ausgrenzen.