VBE: Das Menschsein fängt nicht erst auf dem Gymnasium an

Grundschulempfehlungen trotz ihrer Unverbindlichkeit ernst nehmen

Stuttgart. Mit Sorge sieht der Verband Bildung und Erziehung (VBE), dass für manche die Wertschätzung eines Schülers erst dann beginnt, wenn er nach der Grundschule ein Gymnasium besucht. „Das Menschsein fängt aber nicht erst auf dem Gymna­sium an“, warnt VBE-Chef Gerhard Brand vor allzu ehrgeizigen Zielen nach dem Wegfall der Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung.

Nach einer repräsentativen Umfrage sollten sich 60 Prozent der Eltern dagegen ausge­sprochen haben, dass Lehrer nicht mehr verbindlich über die weitere Schullaufbahn der Viertklässler entscheiden dürfen. Die Studie, die in Zusammenarbeit mit dem Institut TNS Emnid erstellt worden sei, soll laut einer dpa-Meldung jetzt präsentiert werden.

Eltern, die auf eine Gymnasialempfehlung für ihr Kind gesetzt hatten, hatten auch bisher eher keine Einwände gegen die Verbindlichkeit der Schullaufbahnentscheidung. Probleme gab es in der Vergangenheit in der Regel immer dann, wenn Elternwunsch und Grundschulempfehlung nicht übereinstimmten. Durch die Einrichtung von Gemein­schaftsschulen ab dem Jahr 2012 können Schüler auf allen drei Niveaustufen – Haupt­schulbildungsgang/Mittlerer Abschluss/Abitur – in einem Klassenverband ohne äußere Differenzierung bis zum jeweils angestrebten Abschluss gemeinsam lernen. Da jedoch nicht einmal jeder zehnte Schüler an einer Gemeinschaftsschule eine Gymnasialemp­fehlung hat, ist die Zusammensetzung dieser Schulart im Sinne des Voneinander- und Miteinanderlernens nicht so, wie sie eigentlich sein sollte.

Als ärgerlich empfanden es viele Pädagogen, dass die Grundschulzeit von der Jagd nach der richtigen Bildungsempfehlung überschattet worden war. Dies verhinderte ein gelassenes und damit effizienteres Arbeiten und Lernen und erhöhte den Druck auf Grundschüler. Schlafstörungen und Verhaltensauffälligkeiten waren häufig die Folge.

Die Grundschule ist kein Vorgymnasium, sondern eine eigenständige Schulart mit einem klar definierten Bildungsauftrag. Die Lehrer wünschen sich wie die meisten El­tern auch, dass die Freude, die Neugier, die Spannung und die Begeisterung der Kinder bei der Einschulung recht lange erhalten bleiben. Eltern sollten sich, so der VBE-Chef, nicht von ihren eigenen unerfüllten Karriereträumen oder von einem am Abitur ausge­richteten Prestigedenken leiten lassen, sondern sich ausschließlich an der Begabung des Kindes und dessen schulischer Leistungsfähigkeit orientieren. Auf keinen Fall sollten sie auf die vermeintlich unendliche Leidensfähigkeit des Schülers vertrauen.

VBE moniert: Im Wahlkampf wird die Besoldungskürzung für junge Beamte zurückgenommen – im Landtag aber nicht

Stuttgart. Bereits Schwarz-Gelb hatte die Eingangsbesoldung für Beamte um 4 Prozent ab­gesenkt. Die grün-rote Landesregierung hatte dann noch einmal zugelangt und die auf drei Jahre befristete Besoldungskürzung auf 8 Prozent angehoben. „Mittler­weile haben selbst hartnäckige Sparapostel erkannt, dass man damit keinen Staat machen kann, wenn dem Land als Arbeitgeber die jungen Menschen davonlaufen, weil sie anderswo in der Familiengründungsphase mehr Geld verdienen können“, versichert der Sprecher des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE).

Der VBE fordert die Landesregierung auf – wie auch immer sie sich nach dem 13. März zusammensetzen wird -, diesen fiskalisch zwar nachvollziehbaren, beschäftigungspoli­tisch aber schädlichen Zustand so schnell wie möglich aufzuheben und die Absenkung der Eingangsbesoldung für junge Beamte vollständig zurückzunehmen. Hochgerechnet bedeutete diese Kürzung für die jungen Beamten immerhin rund ein Monatsgehalt we­niger pro Jahr. Die abgesenkte Eingangsbesoldung macht ein Lehramtsstudium vor al­lem für die Lehrkräfte weniger attraktiv, die mit diesem Beruf eine Familie ernähren und nicht nur in Teilzeit arbeiten wollen, etwa weil der Lebenspartner ein deutlich hö­heres Einkommen in der freien Wirtschaft bezieht.

Die Absenkung der Eingangsbesoldung stand obendrein im krassen Widerspruch zur Intention der Dienstrechtsreform, die jungen Beamten die Existenz- und Familiengrün­dungsphase eigentlich durch etwas höhere Bezüge erleichtern wollte. Teilzeitkräfte im Schuldienst sind in der Regel Frauen. Schon jetzt liegt der Feminisierungsgrad vor allem bei den Studierenden für den Grundschulbereich bei annähernd 90 Prozent.

Auf Wahlkampfveranstaltungen versprechen die meisten Politiker landauf, landab, diese Kürzungsmaßnahme sofort wieder zurückzunehmen – sollten sie denn gewählt werden. „Der Landtag hätte das schon längst tun können, aber leider bisher nicht ge­handelt“, bedauert der VBE-Sprecher diese wettbewerbsverzerrende Maßnahme, die vielleicht in der Bevölkerung gut ankommt – denn bei Beamten darf die Regierung nach der öffentlichen Meinung immer kräftig sparen -, den Schulen und anderen Insti­tutionen, in denen Beamte arbeiten, aber spürbar schadet.

VBE-Landesvorstand fordert Ethikunterricht für alle Schüler, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen – und zwar sofort

Stuttgart. Vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussionen über Probleme bei der Integra­tion von Flüchtlingen und der Schwierigkeit, Werte und Normen beim täglichen Umgang miteinander Menschen aus anderen Kulturkreisen zu vermitteln, fordert der Landesvorstand des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) einstimmig die sofortige Umsetzung des Koalitionsbeschlusses, Ethik ab Klasse eins für alle die Kinder anzubieten, die nicht am Religionsunterricht der Schulen teilnehmen. Das Unterrichtsfach Ethik wurde viel zu oft versprochen, dann aber nicht realisiert.

Bildungsgerechtigkeit für Schüler müsse in der ersten Klasse anfangen, sagt der Vor­sitzende des gewerkschaftlichen Berufsverbandes VBE, Gerhard Brand. Und dazu ge­höre auch Ethikunterricht für alle Schüler, die nicht am Religionsunterricht der Schule teilnehmen. Alle Kinder sollten möglichst früh eine optimale Bildung und Erziehung genießen dürfen. Bis heute warten die Grundschulen vergeblich auf den in der Koali­tionsvereinbarung der Landesregierung festgeschriebenen, aber noch nicht umgesetzten Ethikunterricht ab Klasse eins. Es könne nicht sein, so Brand weiter, dass Wertever­mittlung lediglich über den im Bildungsplan für alle Fächer vorgeschriebenen „erzie­henden Unterricht“ laufe. „Während andere Schüler am evangelischen oder katholi­schen Religionsunterricht teilnehmen, haben diejenigen, die das nicht dürfen, frei oder müssen, sofern es sich nicht um Randstunden handelt, beaufsichtigt werden.“ Aber dafür gebe es keine einzige Lehrerstunde aus dem Topf der Unterrichtsversorgung.

„Der von Grün-Rot vorgesehene Ethikunterricht ab der ersten Klasse für Kinder, die keinen Religionsunterricht besuchen, wurde den Schülern nicht aus mangelnder Ein­sicht in die Notwendigkeit verwehrt, sondern ist schlichtweg aus finanziellen Gründen noch nicht umgesetzt worden“, kritisiert VBE-Chef Brand den künftig durch nichts mehr zu rechtfertigenden unhaltbaren Zustand. Ethik müsse jetzt spätestens ab dem kommenden Schuljahr bereits ab der ersten Klasse angeboten werden. Da komme die Landesregierung, aus welchen Farben sie sich zu diesem Zeitpunkt auch immer zusam­mensetzen werde, nicht mehr drum herum. Das sei so sicher wie das Amen in der Kir­che, versichert Brand.

VBE: Erziehender Unterricht geht in allen Fächern über alle Schularten hinweg

Nicht jedes gesellschaftliche Defizit macht neue Stundentafeln erforderlich

Stuttgart. Verstärkt wird in letzter Zeit immer wieder der Ruf nach einem „Benimmunter­richt“ für Schüler laut. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg sieht trotz vieler schlechter Beispiele in der Öffentlichkeit keine Not­wendigkeit, „Gutes Benehmen“ als weiteres Unterrichtsfach in den Stundenplan zu nehmen, zumal „Erziehender Unterricht“ Bestandteil täglicher Arbeit an den Schulen des Landes ist. „Man kann nicht jedes gesellschaftliche Defizit durch eine Stundenplanerweiterung kompensieren. Wenn man in der Schule wirklich alles angehen wollte, was in der Welt nicht rund läuft, müsste man die Stundentafel verdoppeln“, stellt der VBE-Sprecher fest. Das sei illusorisch.

Sicher wäre es begrüßenswert, wenn die abwertend als „Sekundärtugenden“, also als zweitrangig bezeichneten Eigenschaften wie Zuverlässigkeit, Höflichkeit, Pünktlichkeit und Ehrlichkeit in der Gesellschaft wieder einen höheren Stellenwert erhielten. Mussten sich doch Eltern und Lehrer, die diese Tugenden wider den Zeitgeist hochhielten, wie Menschen aus einer längst vergangenen Epoche fühlen. Erziehung zu gutem Benehmen, zu Höflichkeit und Rücksichtnahme braucht jedoch nicht extra auf dem Stundenplan ausgewiesen zu werden. Wie ein zuverlässiges Virenschutzprogramm beim Computer permanent im Hintergrund verlässlich arbeitet, läuft auch die Erziehung der Schüler in allen Unterrichtsfächern kontinuierlich mit, ohne dass es extra im Stundenplan ausge­wiesen werden müsste.

Die Vorbildfunktion von Eltern, Lehrern, Politikern, Stars und Geschäftsleuten für junge Menschen ist nicht zu unterschätzen. Gutes Benehmen hatte leider viel zu lange einen negativen Beigeschmack. Lehrer, die es konsequent einforderten, wurden als Di­nosaurier der Pädagogik bezeichnet, bestenfalls als altmodisch belächelt. Leider sind auch Begriffe wie Fleiß und Leistung in der heutigen Spaßgesellschaft bei vielen eher negativ besetzt. „So etwas kann auf Dauer nicht gut gehen“, so der VBE-Sprecher.