VBE: Neue Schulart wird sich erst noch bewähren müssen

Auch an der Gemeinschaftsschule wird nur mit Wasser gekocht

Stuttgart. „Heute wird die an sich schon bunte Schullandschaft durch den weiteren Bau­stein `Gemeinschaftsschule´ gesetzlich erweitert, und das ist per se nichts Schlechtes“, sagt Gerhard Brand, Vorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg. Gefährlich werde es, wenn diese neue Schulart als die mehr oder minder allein seligmachende dargestellt und ent­sprechend protegiert werde.

VBE Landesvorsitzender Gerhard Brand

Gerhard Brand, VBE Landesvorsitzender

Neben den verschiedenen Sonderschulen, der Real-, Werkreal- und Hauptschule sowie neben den verschiedenen Gymnasien gibt es künftig auch noch die Gemein­schaftsschule. Diese neue Schulart ist in den letzten Wochen mit sehr vielen Vor­schusslorbeeren bedacht worden – nicht zuletzt durch die eigens zur „Promotion“ eingerichtete Stabsstelle im Kultusministerium. Allein die Anmeldezahlen an den fünften Klassen der Gemeinschaftsschulen lassen das Ministerium jubeln, obwohl böse Zungen behaupten, dass sich hauptsächlich die Klientel der Haupt- und Werk­realschulen an der neuen Schulart angemeldet habe und sich so die gewünschte Lerngruppenmischung vom hochbegabten zum lernbehinderten Schüler gar nicht einstellen könne. Hier sollte das Ministerium rasch den Gegenbeweis antreten.

Auch die Aussage, dass die Gemeinschaftsschule „leistungsstark und gerecht sei“, leite sich zunächst nur vom Wunschdenken ab, unterstreicht der VBE-Chef. Verärgerung hat bei vielen Lehrern die Definition der neuen Schulart hervorge­rufen, dass dort „ganzheitliches Lernen“ stattfindet, dass die Kinder „individuell gefördert“ werden und Schule „Lebensraum“ ist. Dies sei eine Ohrfeige für alle Lehrer, die sich schon bisher – egal an welcher Schulart – am Kind orientiert und es optimal gefördert haben, sagt Brand. Selbst der „ach so gern verteufelte Frontal­unterricht“ tauche an der Gemeinschaftsschule als „Input-Phase“ auf. Man müsse nur die entsprechenden Begriffe oder Worthülsen verwenden, um die Sache besser verkaufen zu können, mutmaßen Lehrer der Schularten, die nicht in die „pole-posi­tion“ geschoben werden. Unendliche Heterogenität findet im Leben meist da schnell ihre Grenzen, wo zu starke Unterschiede als belastend empfunden werden: ein schneller Läufer wird nicht mit einem sehr viel langsameren für die Meister­schaft trainieren wollen, der langsamere wird die Lust aufs Laufen ganz verlieren. Wenn kein Schüler „auf der Strecke“ bleiben soll, darf das nicht dazu führen, dass sich die Lerngruppe letztendlich immer am schwächsten Glied orientieren muss.

18. April 2012

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