VBE appelliert: Auch bei Sechs kein Liebesentzug

Stuttgart. „So schlecht kann ein Schulzeugnis gar nicht ausgefallen sein, dass Eltern ihr Kind dafür mit Liebesentzug bestrafen müssen“, sagt der Vorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg, Gerhard Brand. Selbst eine Sechs in einem Unterrichtsfach rechtfertige nicht, sich vom eigenen Kind abzuwenden. Eine solch schlechte Note sei vielmehr ein deutliches Signal, dass es in letzter Zeit wohl Kommunikationsprobleme gegeben habe und der innerfamiliäre Kontakt verstärkt werden müsse.

VBE Landesvorsitzender Gerhard Brand

Gerhard Brand, VBE Landesvorsitzender

Jetzt werden die Jahreszeugnisse an die rund 1,5 Millionen Kinder und Jugendlichen an den knapp 5000 allgemein bildenden Schulen des Landes ausgegeben. Hinter diesen nüchternen Zahlen stehen immer Einzelschicksale.

Wenn die Schulberichte und Zeugnisnoten gut ausgefallen sind, motiviert das die Schüler zum Weiterarbeiten. Wenn in dem einen oder anderen Fach aber ein „Mangelhaft“ oder gar ein „Ungenügend“ im Zeugnisheft stehen, gibt es auch oft genug Verzweiflung, Tränen, Stress und böse Worte.

Der Zeugnistag darf nach Auffassung des VBE kein „Tag des Zornes“ oder „Gerichtstag“ werden. Noten spiegeln stets nur einen Teil der Schülerpersönlichkeit wider. Schulversagen hat meist verschiedene Ursachen: Längere Krankheit, Schwierigkeiten im familiären Umfeld oder Schicksalsschläge.

Des Öfteren kommt es zu einer Überforderung durch den Besuch der falschen Schule. Faulheit und Gleichgültigkeit des Schülers sind in etlichen Fällen auch nicht ganz von der Hand zu weisen. Manchmal tragen die schulischen Rahmenbedingungen mit zum Scheitern bei; kennen doch die meisten Schüler Stütz- und Förderstunden nur noch vom Hörensagen. „Und nicht jede Familie hat“, so VBE-Chef Brand, „die entsprechenden Mittel zur Verfügung, um dem Kind privat teure Nachhilfe am Nachmittag zu finanzieren.“

Der VBE appelliert an alle Erziehungsberechtigten, Kinder, die schlechte Noten mit nach Hause bringen, nicht noch zusätzlich zu bestrafen. Nicht die Klassenbesten sind es, die der Liebe der Eltern jetzt besonders bedürfen, sondern vielmehr die, die sich als die Verlierer fühlen. Vernünftig wäre es, gemeinsam zu überlegen, was man tun kann, damit die schulischen Leistungen im nächsten Jahr wieder besser ausfallen. Zuweilen hilft sogar das Wiederholen einer Klasse.

25. Juli 2011

 

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