Stuttgart. „Wer zuerst die Zugangshürden auf die weiterführenden Schulen und dann das Sitzenbleiben abschafft, muss konsequenterweise auch von Abschlussprüfungen Abstand nehmen und letztendlich ein `Volksabitur´ für alle einführen“, sagt der Sprecher des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg. Was für Auswirkungen das auf die Gesellschaft, auf Hochschulen, auf die Forschung, auf Industrie, Handel und Gewerbe hat, möge sich jeder selber ausmalen.
„Die Zeiten Rohrstock schwingender Steißtrommler an den Schulen sind glücklicherweise vorbei“, versichert der VBE-Sprecher, man müsse nur aufpassen, dass das Pendel jetzt nicht zu sehr in die andere Richtung ausschlage und alles der Beliebigkeit verfalle: die Abschaffung der Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung, der Wegfall der Zugangsvoraussetzung nach Klasse 10 der Werkrealschule, die Einrichtung von Gemeinschaftsschulen für alle ohne Noten und ohne Sitzenbleiben.
Schon wird diskutiert, ob man das Sitzenbleiben nicht generell abschafft, da es „keine sinnvolle Motivation“ ist. „Was wird aber künftig mit Schülern, die keinerlei Hausaufgaben machen, keine Unterrichtsmaterialien mitbringen, die Schule schwänzen?“, fragt der VBE-Sprecher, verzichte man da künftig auch auf „demotivierende Sanktionen“, wie sie als Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen im Paragraf 90 des Schulgesetzes (noch) vorgesehen sind?
„Begabe mich nicht, motiviere mich nicht, versuche nicht, mich zu erziehen“, heißt die Heilsbotschaft der Gurus der neuen Pädagogik. Was macht die Gesellschaft aber mit den Kindern, die keine kleinen Forscher sind, die keine Neugier auf neue Kompetenzen verspüren, permanent unter Unlust und Antriebsschwäche leiden? Bekommen die Druck erst dann zu spüren, wenn sie in die Arbeitswelt entlassen werden und merken, dass sie dafür völlig unzureichend vorbereitet worden sind?
„Optimal wäre es, wenn eine frühe und intensive Förderung das Sitzenbleiben schlichtweg überflüssig machen würde“, sagt der VBE-Sprecher, dafür benötigten die Schulen jedoch mehr und nicht weniger Lehrerstellen. „Die grün-rote Bildungspolitik will bestausgebildete Schüler, sorgt aber nicht für die entsprechend notwendigen Rahmenbedingungen.“
17. Februar 2013