VBE: Es ist ein Unding, die Grundschulempfehlung freizugeben und überforderte Schüler dann nicht zu unterstützen

Stuttgart. Grün-Rot schaffte 2012 die Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung ab. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Peter Hauk will das nicht wieder rückgängig machen, auch nicht nach einem angestrebten Regierungswechsel. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg appelliert an alle Politiker, spürbar mehr für die Schüler zu tun, die trotz aller Bemühungen den Anforderungen der von ihren Eltern ausgewählten Schulart nicht genügen können und sonst scheitern müssten.

VBE Pressesprecher Michael Gomolzig

Michael Gomolzig, Sprecher des VBE

In diesen Tagen haben Viertklässler die Grundschulempfehlung für die weiterführenden Schulen erhalten. Während diese „Empfehlung“ früher einem Marschbefehl glich, kön­nen Eltern seit dem Wechsel von Schwarz-Gelb auf Grün-Rot auch anders entscheiden, als die Grundschullehrer empfohlen haben. Die Empfehlung muss der aufnehmenden Schule nicht mehr vorgelegt werden.

Die Freigabe der Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung hat dazu geführt, dass sich Schüler mit einer Hauptschulempfehlung verstärkt auf Realschulen, sogar auf Gymnasien anmelden. Gleichzeitig gibt die Politik aber zu wenig Unterstützung für die von ihr verursachte „bunte Mischung“ in den fünften Klassen. So hat sich die Zahl der Sitzenbleiber in den Eingangsklassen der Realschulen innerhalb eines Jahres verdrei­facht. Während es an Gemeinschaftsschulen kein Sitzenbleiben gibt, scheitern heillos überforderte Fünftklässler an Realschulen und Gymnasien und werden schließlich „ab­geschult“.

„Man kann nicht Dämme einreißen, die Schüler dann aber ohne nennenswerte Hilfe ih­rem Schicksal überlassen“, kritisiert der VBE-Sprecher. Die Schulen hätten in den bei­den letzten Jahren nicht mehr, sondern sogar weniger Lehrerstunden für Stütz- und Fördermaßnahmen erhalten.

„Die Grundschullehrkräfte spüren nun deutlich weniger Druck von Seiten der Eltern; die Probleme der Schüler haben sich jetzt auf die Realschulen und Gymnasien verla­gert“, moniert der VBE-Sprecher und fügt bedauernd hinzu: „Auf zusätzliche Hilfe für diese Schüler warten die Schulen jedoch bisher vergebens. Viele Lehrer fühlen sich von der Politik im Stich gelassen.“

VBE: Halbjahreszeugnisse bei Fünftklässlern besonders spannend – Schularten waren zum ersten Mal frei wählbar

Stuttgart. Mit einer gewissen Spannung schauen Schüler, Eltern und Lehrer auf die Halb­jahresinformationen der neuen Fünftklässler. Zum ersten Mal konnten Eltern für ihr Kind die Schulart frei wählen, weil die Grundschulempfehlung in Klasse vier nicht mehr ein verpflichtender „Marschbefehl“, sondern eine echte Empfehlung war. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) wird sehr genau beobachten, ob sich Kinder mit schwächeren Leistungen von der gewählten Schulart verabschie­den müssen oder ob sie dort bis zu einem Abschluss gefördert werden. Das gehe jedoch nicht ohne zusätzliche Lehrerstunden, moniert der VBE-Sprecher.

VBE Pressesprecher Michael Gomolzig

Michael Gomolzig, Sprecher des VBE

Zwischen dem 1. und 10. Februar werden an den Schulen des Landes die Zwischen­zeugnisse, die sogenannten Halbjahresinformationen ausgegeben. Die werden dieses Jahr besonders für die neuen Fünftklässler interessant sein, die trotz einer anders lau­tenden Bildungsempfehlung von ihren Eltern an einer Realschule oder an einem Gym­nasium angemeldet worden sind. Im Realschulbereich haben 23 Prozent der Fünft­klässler lediglich eine Hauptschulempfehlung. In die fünfte Klasse des Gymnasiums gehen 10 Prozent (oder 4159 Schüler) mit einer Realschulempfehlung, ein Prozent hat sogar nur eine Empfehlung für die Hauptschule, das sind immerhin über 400 Schüler.

Durch den Wegfall der Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung konnten Eltern die Schulart für ihr Kind selbst wählen, auch gegen den Rat des Grundschulkollegi­ums, wenn etwa die Noten in Deutsch und Mathematik dagegen sprachen. Zeugnisse mussten nicht vorgelegt werden, Aufnahmeprüfungen oder eine Probezeit gab es nicht.

„Es bleibt abzuwarten“, so der VBE-Sprecher, „ob bei schwachen Schulleistungen die Eltern das Kind schon jetzt von der Schule nehmen oder auf das Prinzip Hoffnung setzen, gegebenenfalls die Nichtversetzung am Schuljahresende mit einkalkulieren und den am Schulsystem gescheiterten Fünftklässler vielleicht sogar einen zweiten Versuch an derselben Schulart starten lassen. Erst bei einem wiederholten Sitzenbleiben müsste der Schüler die Schule zwangsweise wechseln, würde „abgeschult“ werden. In einer Gemeinschaftsschule dagegen bleibt kein Schüler mehr sitzen.

Die größere Vielfalt der Schülerpersönlichkeiten an den Realschulen bedingt einen höheren Förderbedarf und sollte zu einer besseren Versorgung mit Lehrerstunden füh­ren. Der Klassenteiler von derzeit 30 Schülern muss umgehend dem der Gemein­schaftsschule mit höchstens 28 Lernenden pro Lerngruppe angepasst werden.

3. Februar 2013

VBE wartet nach wie vor auf die Auswertung der Übergangszahlen auf Gemeinschaftsschulen

Stuttgart. Mitte Oktober wurden im Rahmen der Herbststatistik an den Grundschu­len die Übergangszahlen der Viertklässler auf die weiterführenden Schulen erhoben. Dabei wurde abgefragt, wie viele Kinder mit welcher Grundschul­empfehlung auf Gemeinschaftsschulen wechselten. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) hatte damals das Kultusministerium aufgefordert, aus Gründen der Transparenz die Zahlen des Übergangsverhaltens offen­zulegen. Auch ein Vierteljahr nach dieser Erhebung werden die Zahlen weiter unter Verschluss gehalten, kritisiert der VBE.

Es verging bisher kaum ein Monat, ohne dass das Kultusministerium oder die Stabsstelle darauf hingewiesen haben, zu welchem Erfolgsmodell sich die neue Gemeinschaftsschule im Land entwickle. Selbst CDU-Bürgermeister und nicht grün-rote Gemeinderäte würden mit Feuereifer Anträge auf die Einrichtung der von Grün-Rot favorisierten Schulart stellen, jubelte das Ministerium. Kritikern, die als Grund für manche Antragstellung die Möglichkeit zur Standortsicherung bei zurückgehenden Schülerzahlen sahen, entgegnete man, dass die neue Schul­art eine Schule für alle sei, ohne den Beweis anzutreten, ob dem wirklich so ist. Da bei der Anmeldung keine Grundschulempfehlungen mehr vorgelegt werden müssen, wisse man folglich auch nicht, welche Schüler Gemeinschaftsschulen besuchten, argumentierte die Kultusbehörde.

Nach der amtlichen Herbststatistik kann das Kultusministerium nun anhand des von den Schulleitern ausgefüllten Statistikbogens 6 genau erkennen, welche Schüler mit welcher Grundschulempfehlung auf die Gemeinschaftsschulen ge­wechselt haben. Beim VBE hat man weiterhin den Eindruck, dass das Ministe­rium an der Veröffentlichung dieser Zahlen nicht sonderlich interessiert ist, denn dann könnte möglicherweise deutlich werden, dass die Gemeinschaftsschule vielleicht doch eher von Schülern mit einer Empfehlung für die Hauptschule als von solchen mit einer Gymnasialempfehlung besucht wird. Der VBE fordert das Kultusministerium jetzt noch einmal unmissverständlich auf, Farbe zu bekennen und die offiziellen Übergangszahlen endlich offenzulegen.

VBE: Ist die Gemeinschaftsschule wirklich eine Schule für alle?

Ministerium soll nach der Herbststatistik Übergangszahlen offenlegen

Stuttgart. Bisher hat das Kultusministerium jede Nachfrage, mit welcher Grundschulemp­fehlung Schüler Gemeinschaftsschulen besuchen, mit dem Hinweis zurückgewie­sen, dass bei der Anmeldung das Dokument nicht mehr vorgelegt werden müsse und daher keine Zahlen existierten. Nach der Erhebung der Herbststatistik an den Schulen sticht dieses Argument nicht mehr. Der Verband Bildung und Er­ziehung (VBE) Baden-Württemberg fordert jetzt die Offenlegung der Zahlen.

Es verging bisher kein Monat, ohne dass das Kultusministerium oder die Stabsstelle darauf hingewiesen haben, zu welchem Erfolgsmodell sich die neue Gemeinschafts­schule im Land entwickle. Selbst CDU-Bürgermeister und nicht grün-rote Gemeinde­räte würden mit Feuereifer Anträge auf die Einrichtung der von grün-rot favorisierten Schulart stellen, jubelte das Ministerium. Kritikern, die in dieser Antragstellung nur die Möglichkeit einer Standortsicherung bei zurückgehenden Schülerzahlen sahen, indem sterbende Haupt-/Werkrealschulen als Gemeinschaftsschulen wiedergeboren würden, entgegnete man, dass die neue Schulart eine Schule für alle sei, ohne den Beweis anzu­treten, ob dem wirklich so ist. Da bei der Anmeldung keine Grundschulempfehlungen mehr vorgelegt werden müssen, wisse man folglich auch nicht, welche Schüler Ge­meinschaftsschulen besuchten.

Solange Gymnasial- und Realschullehrer sowie Schüler mit einer Gymnasial- oder Realschulempfehlung an Gemeinschaftsschulen eindeutig in der Minderheit seien, sehe das Ganze noch allzu sehr nach einem Etikettenschwindel aus, argumentierte der VBE.

Nach Vorliegen der aktuellen amtlichen Herbststatistik kann das Kultusministerium anhand des von den Schulleitern ausgefüllten Statistikbogens 6 genau erkennen, wel­che Schüler mit welcher Grundschulempfehlung auf die Gemeinschaftsschulen ge­wechselt haben. Beim VBE hat man jedoch den Eindruck, dass das Ministerium an dieser Wahrheit nicht sonderlich interessiert ist, denn dann könnte möglicherweise deutlich werden, dass die Gemeinschaftsschule vielleicht doch nur eine umetikettierte Hauptschule ist mit ein paar Schülern, die auch auf Realschule oder Gymnasien gehen könnten; von der inklusiven Beschulung von Schülern mit besonderem sonderpädago­gischen Förderbedarf noch gar nicht gesprochen. Der VBE fordert das Kultusministe­rium auf, jetzt Farbe zu bekennen und die Übergangszahlen offenzulegen.

11.11.12

VBE: „Landesregierung scheint sich selbst überholen zu wollen“

In der Weihnachtszeit bildungspolitisch zur Besinnung kommen

 

Stuttgart. Für Eltern von Viertklässlern laufen zurzeit Informationsveranstaltungen über die Bildungswege in Baden-Württemberg. „Noch nie war es für die Schu­len solch eine Herausforderung, verlässlich, wirklich umfassend und vor allem nachhaltig zu beraten“, moniert der Vorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), Gerhard Brand.

 

VBE Landesvorsitzender Gerhard Brand

Gerhard Brand, VBE Landesvorsitzender

Auf früheren Info-Veranstaltungen stellten der Rektor einer Hauptschule, der einer Realschule und der Schulleiter eines Gymnasiums den Eltern die jeweilige Schulart vor. Wegen des Mottos „Kein Abschluss ohne Anschluss“ kam dann noch ein Ver­treter der beruflichen Schulen hinzu. Aktuell müssen die Eltern informiert werden über die Hauptschule mit dem wahlweisen Abschluss in Klasse neun oder künftig auch in zehn, über die neue Werkrealschule mit einem mittleren Abschluss in der zehnten Klasse, über die Realschule, über das Gymnasien in der G8- oder G9-Form, über die Gemeinschaftsschule als gebundene Ganztagesschule mit einem Hauptschul-, Realschul- und gymnasialen Bildungsgang in heterogenen Lerngrup­pen, über die beruflichen Gymnasien, die es neben der bewährten dreijährigen Form jetzt auch als sechsjährige Schulart geben soll, sowie über andere berufliche Schulen.

Da die Grundschulempfehlung künftig zu einer echten Empfehlung wird und kein „Marschbefehl“ mehr ist, wartet man mit Spannung auf die neuen Übergangszah­len. An den Schulen herrscht momentan der Eindruck, dass sich die grün-rote Lan­desregierung in der Bildungspolitik jeden Tag aufs Neue selber überholen will. Ganz besonders über die von ihr favorisierte Gemeinschaftsschule wird noch zu viel im Konjunktiv (in der Möglichkeitsform) und nicht im Indikativ – in der Wirk­lichkeitsform – gesprochen. Gleichzeitig hat man weder den Mut noch das nötige Geld, um dieser Schulart die entsprechenden Ressourcen zur Verfügung zu stellen.

Weihnachten, so heißt es, sei die Zeit der Wünsche und der Besinnung. Beim VBE wünscht man sich, dass sich die neue Regierungskoalition darauf besinnt, dass Schule als großer, schwerer Dampfer nicht im Hauruckverfahren hin und her manövriert werden darf. Schulen entwickeln sich nachhaltig am besten langsam weiter. Bei den „Betroffenen“ entsteht zurzeit der Eindruck, dass die neuen poli­tisch Verantwortlichen das atemberaubende Tempo im Bildungsbereich nur deshalb an den Tag legen, damit die erhofften Erfolge noch vor der nächsten Landtagswahl präsentiert werden können.

16.12.2011

VBE widerspricht Landesschülerbeirat:

Lehrer beraten Eltern immer gründlich,

ob die Grundschulempfehlung nun verbindlich ist oder nicht

Stuttgart. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg nimmt die Äußerungen des Landesschülerbeirates mit Verwunderung zu Kennt­nis. Ob die Grundschulempfehlung nun verbindlich oder nicht verbindlich sei, ändere nichts an der Intensität der Beratungsgespräche durch die Leh­rer, versichert VBE-Chef Gerhard Brand.

VBE Landesvorsitzender Gerhard Brand

Gerhard Brand, VBE Landesvorsitzender

Bereits jetzt werden die Eltern seit Beginn der Grundschulzeit ihrer Kinder von den Lehrern mit vielfältigen Informationen versorgt und stets ausführlich und in­tensiv beraten. In Klasse vier drehen sich diese Gesprä­che dann verstärkt über die weitere Schullaufbahn des Kindes. Probleme hat es in der Vergangenheit in der Regel erst dann gegeben, wenn die Vorstellungen des Klassenlehrers und der der Eltern über die weiterführende Schule nicht deckungsgleich waren.

Durch den Wegfall der Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung wird der Druck, den Eltern auf die Schule auszuüben versucht haben, deutlich entschärft. Die Lehrer beraten weiterhin optimal, die Eltern müssen danach eine aus ihrer Sicht für das Kind richtige Entscheidung treffen.

Schon früher wählten Schüler mit einer Gymnasialempfehlung den Weg zum Abitur über die Realschule. Probleme wird es künftig vor allem dort geben, wo Eltern für ihr Kind etwas „Höheres“ vorhaben, obwohl die Empfehlung eindeu­tig auf die Hauptschule/Werkrealschule verweist. Auch in den letzten Jahren mussten Kinder mit zum Teil mangelhaften Leistungen in Deutsch und/oder Ma­thematik auf Wunsch der Eltern eine Aufnahmeprüfung ablegen, die sie dann auch nicht bestanden.

„Diesen falschen Ehrgeiz gewisser Eltern werden auch keine noch so guten und intensiven Beratungsgespräche aufweichen können“, versichert VBE-Chef Brand und weist die Kritik des Landesschülerbeirats an unzureichender Beratung durch die Lehrerschaft zurück.

12.12.11