VBE: Gerechtigkeitsdefizit bei Realschulen vom Kultusminister erkannt – Differenzierungsstunden sollen angehoben werden

Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg begrüßt es, dass der Kultusminister das Gerechtigkeitsdefizit bei Realschulen erkannt hat und die­sen, ab dem Schuljahr 2015/16 zusätzlich 500 Lehrerstellen für individuelle Förde­rung von Schülern sowie für ein differenziertes Kurssystem zur Verfügung stellen wird. So zumindest hat die Ulmer Südwestpresse am Mittwoch berichtet. Im Ge­genzug sollen die Realschulen auch den Hauptschulabschluss anbieten.

VBE Landesvorsitzender Gerhard Brand
Gerhard Brand, VBE Landesvorsitzender

Der VBE hat immer darauf hingewiesen, dass es nicht sein könne, dass die Schulart mit der mittlerweile größten Heterogenität der Schülerschaft, die Realschule; was die Ver­sorgung mit zusätzlichen Differenzierungsstunden (Poolstunden) angehe, weiter so gra­vierend benachteiligt werde. Während Gymnasien und Hauptschulen über ein zusätz­liches Kontingent von 11 Stunden pro Zug verfügen können, haben die Realschulen von Grün-Rot lediglich 2,2 Stunden zugebilligt bekommen. Unter Schwarz-Gelb gab es sogar gar nichts. Der VBE fordert 12 Wochenstunden.

Der VBE besteht weiterhin auf die dringend notwendige Angleichung der Lehrer­besoldung – auch mit Blick auf die Gemeinschaftsschulen, wo Lehrer aller Schularten in einer Lerngruppe unterrichten, aber von A 9 (Fachlehrer) bis A 14 (Oberstudienrat) unterschiedlich hoch besoldet werden.

Bereits heute werden Realschul- und Hauptschullehrer an den Pädagogischen Hoch­schulen gleich ausgebildet. Trotzdem rangieren im Schuldienst Hauptschullehrer eine Gehaltsstufe unter der der Realschulkollegen.

VBE-Chef Gerhard Brand mahnt an, die Grundschullehrerkräfte gleichfalls nicht aus dem Blick zu verlieren, die das Fundament legen und heute schon alle Schüler mit unterschiedlichen Begabungen unterrichten, jedoch die höchste Wochenstundenzahl der wissenschaftlichen Lehrer, keine Beförderungsmöglichkeiten und die niedrigste Besol­dung im Vergleich zu Realschul- und Gymnasiallehrern haben. Das Einstiegsgehalt für alle Lehrer müsse bei A 13 (3.800 Euro brutto) liegen, fordert der VBE-Landesvorsit­zende

Mehr Bildungsgerechtigkeit muss bereits in der Grundschule anfangen

Waiblingen/Backnang. „Natürlich sind die jetzt zugesagten 80 zusätzlichen Deputate (landesweit) für die Eingangsklassen an Realschulen und Gymnasien `für mehr Bil­dungsgerechtigkeit´ zu begrüßen; mehr Bildungsgerechtigkeit sollte aber eigentlich schon in der Grundschule anfangen“, heißt es in einer Presse­mitteilung des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) Rems-Murr. Wenn im Gegenzug 230 Deputate für Poolstunden und 64 für die Hausauf­gabenbetreuung an Gymnasien gekürzt werden, ergebe die von der SPD angepriesene Wohltat im Ergebnis ein fettes Minus.

VBE Pressesprecher Michael Gomolzig

Michael Gomolzig, Sprecher des VBE

Die SPD sehe laut deren Pressemitteilung in den 80 Deputaten „einen weiteren wichtigen Schritt für ein Mehr an Bildungsgerechtigkeit in unserem Schulsys­tem“, lasse aber die weiterhin fehlenden Fördermöglichkeiten an Grundschulen völlig außer Acht, moniert der VBE. Bildungsgerechtigkeit müsse jedoch noch vor der Sekundarstufe anfangen. Die von der SPD angeprangerten und angeblich durch die schwarz-gelbe Vorgängerregierung verursachten bundesweit höchsten Kosten für Nachhilfeunterricht fielen nämlich in einem nicht unerheblichen Ma­ße bereits bei Grundschülern an, wo von Grün-Rot bisher Hilfe immer nur ver­sprochen, aber noch nicht umgesetzt worden sei. Deshalb hänge die Bildung der Grundschüler nach wie vor vom Geldbeutel der Eltern ab, so der VBE.

Auch im kommenden Schuljahr gehe wieder keine einzige Poolstunde für Klassenteilungen oder Klassenlehrerstunden an die Grundschulen, fehlten wei­terhin Vertretungslehrkräfte, Arbeitsgemeinschaften wie Schulchor und Theater sowie Stütz- und Förderstunden. Grundschüler, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen, bleiben ohne alternative Bildungsangebote und Beaufsichtigung. Der für die Grundschule vorgesehene Ethikunterricht für Kinder ohne Religions­unterricht sei aus Ressourcengründen noch nicht umgesetzt worden.

„Bevor das von der SPD geführte Kultusministerium wirklich Anerkennung vom Wähler bekommen kann, muss noch einiges getan werden“, schimpft der VBE-Sprecher. Wenn aus dem Bildungsbereich mit der einen Hand Ressourcen kräftig abgezogen werden und mit der anderen ein lediglich kleines „Trostpfläs­terle“ verabreicht werde, sei das in der Summe eine erschreckende „Negativzu­führung“ und keine „Wohltat“ für die Schulen.