VBE: Besser Bilderbuch statt Bildschirm

Lieber Comic-Heftchen als gar keinen Kontakt mit Buchstaben

Stuttgart. Sprachentwicklungsstörungen zeigen sich schon früh im Kindergarten und setzen sich in der Grundschule fort, wenn Eltern und Erzieher nicht gezielt ge­gensteuern, warnt der Verband Bildung und Erziehung (VBE). Kinder, die von klein auf ständig vor dem Fernsehapparat „geparkt“ werden, greifen spä­ter selten zu einem Buch, um zu lesen und den Wortschatz zu erweitern.

VBE Pressesprecher Michael Gomolzig

Michael Gomolzig, Sprecher des VBE

Früher ließen Deutschlehrer ausschließlich wertvolle Kinder- und Jugendliteratur gelten, schimpften über sogenannte Schundliteratur und die Sprachverhunzung in Comic-Heftchen („lechz, bibber, plopp“). Heute wären Lehrer froh, wenn „buchsta­benscheue“ Schüler außerhalb des Schulhauses Texte freiwillig lesen würden – und sei es die viel geschmähte Heftchen-Literatur, versichert der VBE-Sprecher. Immer mehr verdränge der Bildschirm daheim das gedruckte Wort.

Kinder und Jugendliche bekommen über den Fernsehapparat und das Internet die ganze Welt in bunten Bildern ins Haus geliefert, können aber immer weniger mit Worten ausdrücken, was sie gesehen haben. Sprachentwicklungsstörungen bei Vor­schul- und Grundschulkindern haben deutlich zugenommen, sorgt man sich beim VBE. Jedes fünfte Kind – ob mit oder ohne Migrationshintergrund – hat mehr oder weniger mit Sprachproblemen und Spracharmut zu kämpfen.

Kinder können im Unterricht keine Geschichten aufschreiben, wenn ihnen dafür die Wörter fehlen. Aufsatzerziehung in der Schule funktioniert nur, wenn auch der nötige Wortschatz vorhanden ist. Eltern könnten ihre Kinder deutlich mehr äußerst kostengünstig fördern, wenn sie ihnen sehr früh regelmäßig vorlesen würden, dar­über redeten und lieber öfter Bilderbücher als den Bildschirm anböten.

Der VBE appelliert an alle Erziehungsberechtigten, Kinder vor dem Bildschirm auf keinen Fall allein zu lassen. Es ist nicht Aufgabe des Fernsehapparats, den Nachwuchs „ruhig zu stellen“. Der Bildschirm ist kein Babysitter und kein Eltern­ersatz. Medienkompetenz kann sich nur durch Nachdenken und Reden über das Ge­sehene herausbilden. Dafür benötigen Kinder Erwachsene als Ansprechpartner.

„Wenn Kinder täglich mehrere Stunden vor dem Fernsehapparat zubringen, bleibt einfach zu wenig Zeit, die Umwelt auf eigene Faust zu erkunden“, beklagt der VBE-Sprecher. Diese wichtigen Erfahrungen aus erster Hand fehlten den Schülern heute immer mehr. Das Kind könne im Fernsehen eine Blume zwar in Großauf­nahme sehen, aber sie weder anfassen noch daran riechen.

12. 02. 2012

Auch VBE beklagt zunehmende Spracharmut bei Kindern

Zur Pressemitteilung des Kultusministeriums 100/2011:

Stuttgart. Kinder und Jugendliche bekommen über den Bildschirm die ganze Welt frei Haus geliefert, können aber immer weniger mit Worten ausdrücken, was sie gesehen haben, weil sie mit den Bildern häufig allein gelassen wer­den. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg sieht mit Sorge, dass Sprachentwicklungsverzögerungen und -störungen bei Kin­dergarten- und Grundschulkindern deutlich zugenommen haben – und zwar bei Kindern mit und ohne Migrationshintergrund.

VBE Pressesprecher Michael Gomolzig

Michael Gomolzig, Sprecher des VBE

Dem VBE liegt es fern, moderne Medien zu verteufeln, denn der gezielte Ein­satz von Fernsehen und Computer ist positiv für die Entwicklung der Schüler. Doch nicht jede Sendung, die den Stempel „Kinderfernsehen“ trägt, ist für Kin­der geeignet. Während „Die Sendung mit der Maus“, „Galileo“, „Expeditionen ins Tierreich“ und ähnliche TV-Angebote pädagogisch wertvolles „Schulfernse­hen“ sind, bereichern die nachmittäglichen Talk- und Gerichtshows der Privaten nicht gerade den kindlichen Wortschatz mit den Begriffen, wie sie in der Schule benötigt werden.

Der VBE warnt davor, Kinder vor dem Bildschirm allein zu lassen. Der VBE appelliert an alle Erziehungsberechtigten, mit den Kindern immer wieder über das Gesehene zu reden. Bei etlichen Stunden täglichen Fernsehkonsums bleibt den Kindern wenig Zeit, die Umwelt auf eigene Faust zu erkunden. Lebenser­fahrungen werden verstärkt virtuell aus zweiter Hand gesammelt. Der Wort­schatz des Kindes vermehrt sich nicht, sondern verkümmert, wenn er nicht benützt wird. Aus Büchern vorlesen und mit dem Kind darüber sprechen kann jede Mutter, jeder Vater.

Nicht nur die Kindergärten und Schulen seien gefordert, sondern zunächst die Eltern, egal, ob alleinerziehend oder nicht, unterstreicht der VBE-Sprecher die Forderung, Eltern bei der Bildung und Erziehung ihrer Kinder wieder verstärkt zu beteiligen. Mit ein wenig Zeitaufwand und ganz geringem finanziellen Ein­satz (Bücher kann man auch ausleihen) lasse sich so jedes Kind in der Familie ganz früh fördern, so der VBE-Sprecher.

3. August 2011