VBE: Ungenügender Arbeits- und Gesundheitsschutz bei Lehrern

Nicht auf die Frühpensionierung setzen, sondern rechtzeitig gegensteuern

Stuttgart. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg sieht beim Arbeits- und Gesundheitsschutz für Lehrkräfte weiterhin vieles im Argen. Dass die Landesregierung jetzt auch noch vorhat, die Altersermäßigung zu streichen, zeigt, dass es mit der Fürsorge des Dienstherrn gegenüber dem schulischen Personal momentan nicht zum Besten steht.

VBE Pressesprecher Michael Gomolzig

Michael Gomolzig, Sprecher des VBE

In der Öffentlichkeit hat sich durch die Berichte über die Situation an den Schulen des Landes das Bild des Lehrers gewandelt: weg vom „faulen Hund“ hin zum „ar­men Schwein“. Kein Lehrer hängt aus Lust und Laune oder aus Bequemlichkeit seinen Beruf vorzeitig an den Nagel, um sich einen vermeintlich schönen Ruhe­stand zu machen. Vorzeitige Pensionierungen von Lehrern erfolgen nach gründ­lichen (amts)ärztlichen Untersuchungen, nach langem physischen und psychischen Leidensweg und etlichen fehl geschlagenen Therapieversuchen.

Krankheitsbedingte Frühpensionierungen von Lehrern leiten sich nach Auffas­sung des VBE unter anderem auch von den eher unerfreulichen Rahmenbedingun­gen an den Schulen des Landes ab. „Bei übervollen Klassen, schwieriger gewor­denen Schülern und zunehmenden Aufgaben fehle Fachpersonal an allen Ecken und Enden”, bemängelt der Sprecher, „älteren Lehrkräften werde noch immer keine Möglichkeit zur Altersteilzeit eingeräumt, die Altersermäßigung soll ganz fallen.“

Heizungsanlagen, Computernetzwerke und Kopiergeräte in den Schulen werden regelmäßig gewartet, damit sie einsatzbereit bleiben; um die Gesundheit der Lehrer macht man sich noch viel zu wenig Gedanken. Es werde immer noch viel zu wenig auf dem Gebiet des Arbeits- und Gesundheitsschutzes für Lehrkräfte getan, beklagt der VBE-Sprecher. Und wenn an den Schulen Gefährdungsbeurteilungen durch­geführt werden, ohne dass dann wirkungsvolle Abhilfemaßnahmen folgten, seien sie das Papier nicht wert, auf dem sie stehen.

Dass die grün-rote Landesregierung jetzt auch noch vorhat, die Altersermäßigung bei Lehrern zu streichen zeigt, dass der Erhalt der Gesundheit der Pädagogen vom obersten Dienstherrn wohl nicht als oberste Priorität gesehen wird. Arbeits- und Gesundheitsschutz muss, damit er effizient sein kann, früh beginnen. „Früh vorzu­beugen ist besser als früh zu pensionieren“, so der VBE-Sprecher.

VBE zum Weltkindertag am 20. September

Kindern lieber mehr Zuwendung statt Luxusgüter geben

Stuttgart. „Kinder in Deutschland besitzen heute mehr Spielsachen als ihre Großeltern, nennen Hightech-Geräte vom Smartphone bis zum Computer ihr Eigen, haben ein auffälliges Outfit wie ihre Idole und können unter Nahrungsmitteln wählen wie im Schlaraffenland“, sagt der Vorsitzende des Verbandes Bildung und Erzie­hung (VBE), Gerhard Brand, anlässlich des Weltkindertages am 20. September, und trotzdem vermissen viele Zuwendung und Geborgenheit in der Familie.

VBE Landesvorsitzender Gerhard Brand

Gerhard Brand, VBE Landesvorsitzender

„Die Kinder unserer Region müssen nicht aufgrund bewaffneter Konflikte täglich um ihr Leben fürchten. Sie werden nicht durch Kinderarbeit ausgebeutet, sie dürfen zur Schule gehen und bei Krankheit einen Arzt aufsuchen. Und trotz dieses Wohlstandes fehlt vielen dieser Kinder häufig etwas Elementares: Zuwendung durch die Familie und eine sichere Zukunftsperspektive“, behauptet der VBE-Vorsitzende.

Die Werbebranche, die Wirtschaft und der Handel haben Kinder als Konsumenten fest im Griff. Kindliche Wunschträume werden von Werbestrategen aufgegriffen, me­dienwirksam aufbereitet und gewinnbringend vermarktet. „Maßstab allen Handelns sollte jedoch das seelische Wohl des Kindes sein, die Stärkung seiner Persönlichkeit für das Leben in der Gemeinschaft“, mahnt Brand an. „Wir stehen in der Pflicht, jedem Kind Geborgenheit und Anerkennung zu geben, Vertrauen aufzubauen. Kinder mögen es nicht, wenn sie nicht ernst genommen oder gar instrumentalisiert werden.“

Unabhängig von seiner sozialen Herkunft habe jeder junge Mensch ein Recht auf Bildung und Erziehung, unterstreicht der VBE-Vorsitzende. In Deutschland gebe es da immer noch Nachholbedarf. Es gehe nicht um ein besseres Abschneiden Deutschlands in internationalen Vergleichstests, betont Brand, sondern um den klaren grundgesetz­lichen Auftrag zum Wohl des Kindes.

Der VBE fordert eine noch deutlichere Ausrichtung bildungspolitischer Anstrengun­gen auf den Elementar- und Primarbereich. Die Eingangsphase auf dem Bildungsweg muss endlich spürbar aufgewertet werden. Dazu gehört auch die stärkere gesellschaft­liche Anerkennung der an Grundschulen gepflegten heterogenen Lernkultur, wie sie jetzt vor allem von Gemeinschaftsschulen übernommen worden ist. „Dass Eltern ein großes Interesse an der Entwicklung ihrer Kinder haben, hat sich erst wieder bei den Einschulungsfeiern in der letzten Woche gezeigt“, sagt der VBE-Chef. Diese Hoff­nungen, dieses Vertrauen in Schule und Lehrer gelte es zu erhalten.

VBE stützt Stochs Aussagen

„Endlich bringt unser Kultusminister den Mut auf, Entwicklungen in die falsche Richtung zu kritisieren und unveränderliche Notwendigkeiten beim Namen zu nennen. Eine neue Bildungspolitik kann nicht eingeleitet werden ohne dass mehr Lehrerstunden  – also auch mehr Lehrkräfte – und gezieltere Maßnahmen zur Stützung benachteiligter Schüler im System verbleiben.“

Josef Klein, Pressesprecher VBE Südbaden

Josef Klein, Landesbezirksvorsitzender     VBE Südbaden

So kommentierte das Mitglied des Hauptpersonalrats beim Kultusministerium  und Vorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) Südbaden, Josef Klein (Rickenbach), den Grundsatzstreit ums Sparen bei der Bildung. Kultusminister Stoch hatte am gestrigen 15. September  offen darauf hingewiesen, dass mit dem Streichen freiwerdender Lehrerstellen die im Koalitionsvertrag hochgesteckten Ziele nicht erreicht werden können.   Klein: „2,5 Jahre war verbale Sonnenschein-Bildungspolitik angesagt. Den Beweis für den Erfolg bleiben bisher alle schuldig.“

Wenn der VBE in der Vergangenheit auf diese Fehlentwicklungen hinwies, wurde er oftmals – nicht nur von der Politik – gescholten. Nun erweise sich, dass der Verband die Realität nie aus den Augen verloren habe. Mit der Initiative von Minister Stoch werde, so der VBE, die Bedeutung der Bildung wieder in den Mittelpunkt gerückt. Dass man die Finanzen nicht kürzen und gleichzeitig das Schulsystem weiterentwickeln könne, zeigten doch bereits ungute Entwicklungen in der Vergangenheit. Beispielsweise werde die Lehrerzuteilung in den Schulen erst in den nächsten Wochen abgeschlossen, obwohl das Schuljahr schon längst begonnen habe, so Klein. Dass hinter einem solchen Vorgehen vielleicht auch Einsparabsichten stehen, ist eine Vermutung, bei der der Gegenbeweis schwer fallen dürfte. Alleine, dass der pädagogikfreie Landesrechnungshof statt auf die Bildung nur auf den Geldbeutel schaue und der grüne Ministerpräsident sich davon blenden lasse, zeige schon, dass die Ausgaben für die Bildung bisher auf einem falschen Gleis gefahren wurden.

Der VBE setzt sich für den Vorrang der Bildung ein. Vom Kultusminister erwartet er, dass er Speerspitze für die Bedeutung der Bildungsarbeit und damit für die Zukunft von Baden-Württemberg bildet. Stoch zeige nun erstmals sehr deutlich, dass die Sparpolitik des Finanzministers ins pädagogische Nirwana führe. Der VBE ist sich mit dem Kultusminister einig, dass die Bedeutung der Bildungspolitik nicht Sparzwängen untergeordnet werden dürfe. 

Schultüte als traditionelles “Statussymbol“ des Erstklässlers

VBE-Vorschlag: Mal ohne viele Kalorien den Schulbeginn versüßen

Stuttgart. Am Montag beginnt die Schule wieder. In Baden-Württemberg kommen dann 89 500 Kinder zum ersten Mal in ein Klassenzimmer. „Schultüten ohne Süßig­keiten sind für Erstklässler undenkbar“, behauptet der Sprecher des Verban­des Bildung und Erziehung (VBE). Trotzdem rät er, diese Statussymbole der Schulanfänger nicht nur mit Kalorien zu füllen, sondern mit etwas Besonde­rem wie „Zeit“-Gutscheinen: individuell gestaltete Wertmarken für reichlich Zeit zum Spielen, zum Vorlesen, zum Zuhören, zum Toben, zum Kuscheln.

Eltern wissen in der Regel bereits vor der Einschulungsfeier, welche Unterrichts­materialien die Kinder in der ersten Klasse benötigen. So können in die Schultüte auch dicke Wachsmalkreiden, besonders leuchtende Farbstifte, ein knallbunter No­tizblock, Knete oder eine Kinderschere: Dinge, mit denen die Schüler in der Klasse arbeiten werden. Sinnvoll sind auch eine stabile Mehrweg-Vesperdose und eine auslaufsichere (!) Trinkflasche, die es in allen möglichen Farben und Formen gibt.

 Als besondere Überraschung für die Schultüte schlägt der VBE ein selbstge­machtes kleines Bonusheft vor, das die Kinder nach und nach bei ihren Eltern oder Großeltern einlösen dürfen. Dieses Heft kann hübsch gestaltete Gutscheine enthal­ten mit Zeitguthaben für zehn Minuten geduldiges Zuhören, für einen gemeinsa­men Zoobesuch, für ein tröstendes Ankuscheln, für eine spannende Gute-Nacht-Geschichte, für eine fröhliche Runde „Mau-Mau“ am Sonntagnachmittag oder für ein von Mama und Papa organisiertes Geländespiel mit den neuen Schulfreunden. „Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, um Schülern das zu schenken, was heute kaum einer noch zu besitzen glaubt: Zeit. Zeit, die man ganz entspannt mit dem Kind verbringt“, wirbt der VBE für diese kalorienarme Art der Schultütenfüllung.

Immer mehr Eltern verzichten auf den Kauf einer industriell hergestellten Schul­tüte und fertigen stattdessen – häufig unter Anleitung der Erzieherinnen im Kinder­garten – oder in Heimarbeit die traditionellen „Insignien“ der künftigen Erstkläss­ler. Dabei entstehen oft kleine Kunstwerke und fantasievolle Unikate. Bei Ein­schulungsfeiern wurden sogar schon Schultüten gesichtet, auf denen Ufos mit blin­kenden LEDs zu sehen waren. „Dafür darf dann getrost auf das Handy als Beigabe zum ersten Schultag verzichtet werden“, ergänzt der VBE-Sprecher.

Sonderschulen leisten hervorragende Arbeit zur Integration

VBE begrüßt klare Aussage der Wissenschaftsministerin

Stuttgart. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) begrüßt ausdrücklich die Aussage von Wissenschaftsministerin Theresia Bauer gegenüber dpa, dass das Sonder­schulwesen nicht zerschlagen werden dürfe. Die unterschiedlichen Sonderschulen sind nach Auffassung des VBE sehr gut aufgestellt. Ein Überwechseln der Kinder auf eine Sonderschule ist kein Aussortieren oder Abschieben, wie es von Gegnern dieser Schulart gerne behauptet wird.

VBE Landesvorsitzender Gerhard Brand

Gerhard Brand, VBE Landesvorsitzender

Der VBE hält eigenständige Sonderschulen auch nach der UN-Konvention weiterhin für erforderlich, solange schon allein aufgrund der schlechteren räumlichen, sächli­chen und personellen Ausstattung der Regelschulen nicht alle Kinder dort optimal ge­fördert werden können und in viel zu großen Klassen „untergehen“ würden. Die Sonderschulen in Baden-Württemberg sind nach Ansicht des VBE hervorragend aufgestellt, die Pädagogen fachlich bestens ausgebildet. An den neun verschiedenen Sonderschultypen gibt es äußerst professionelle Rahmenbedingungen für eine indivi­duelle, kindgerechte Bildung und Erziehung Benachteiligter. 

Immer wieder wird von Eltern versucht – zuweilen auch „mit der Brechstange“, zum Teil schwerstbehinderte Kinder in Regelschulen unterzubringen, selbst wenn dort kei­ne entsprechenden Fördermöglichkeiten vorhanden sind. „Dadurch würden sowieso schon benachteiligte Kinder noch einmal benachteiligt“, sagt VBE-Chef Gerhard Brand.

Für den VBE ist es unbestritten, dass alle behinderten Kinder einer optimalen För­derung bedürfen, um ihnen den bestmöglichen Einstieg in eine eigenverantwortliche Lebensbewältigung zu geben. Der Besuch einer allgemeinen Schule kann für Kinder mit sonderpädagogischen Förderbedarf sinnvoll sein, wenn an dem von Eltern ge­wünschten Schulort die Voraussetzungen stimmen. Dies ist in Ermangelung der nöti­gen Finanzmittel an den wenigsten Schulen zurzeit der Fall. „Wegen der umfassenden gezielten effektiven Förderung der Kinder sind Sonderschulen daher ein Baustein zur Integration und kein Ort der Ausgrenzung“, versichert der VBE-Vorsitzende.

Leider ist die Versorgung dieser Schulart mit Lehrerstunden keinesfalls ausreichend. Und trotzdem geht kein Aufschrei durch das Land, dem Kultusminister werden keine Unterschriftenlisten übergeben, und kein Außenstehender macht sich für eine bessere Unterrichtsversorgung der Sonderschüler stark, denn die haben selten eine Lobby.

 

VBE zur Pressekonferenz des Kultusministers: Gute Schule ist mehr als nur „der Pflichtbereich ist abgedeckt“

Leider kann auch Kultusminister Andreas Stoch nicht zaubern

Stuttgart. Beim Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg rufen die Aussagen des Kultusministers Enttäuschung hervor. „Gute Schule ist mehr als nur `der Pflichtbereich ist abgedeckt´“, sagt VBE-Chef Gerhard Brand, zumal dafür auch der Ergänzungsbereich als „Notgroschen“ herangezogen werde. Und die zusätzliche Krankheitsreserve mussten die Lehrer durch die deutliche Kürzung der Anrechnungsstunden selber finanzieren.

VBE Landesvorsitzender Gerhard Brand

Gerhard Brand, VBE Landesvorsitzender

Dass die Unterrichtsversorgung der Schulen „rechnerisch“ gewährleistet ist, wie es der Kultusminister heute wieder einmal der Öffentlichkeit „vorzauberte“, mag rein zahlenmäßig durchaus der Wahrheit entsprechen. Was eine 100-Prozent-Versor­gung ist, definiert immer noch die Kultusbehörde. An den Schulen kommen deutlich weniger Stunden an als dort wirklich benötigt werden, und das weiß auch der Kultusminister, er darf es nur nicht laut sagen.

Der VBE weiß von vielen Schulen, die keine Stütz- und Förderkurse mehr an­bieten können, die keine einzige AG-Stunde mehr im neuen Schuljahr haben. Wie man da noch von „Schulprofilen“ reden kann, ist dem VBE völlig unklar. Der Er­gänzungsbereich muss immer mehr als „Notgroschen herhalten, um vorab die Stunden des Pflichtbereichs alle abdecken zu können. Den Schulen werden Lehrer als Krankheitsstellvertreter abgezogen und dorthin abgeordnet, wo sonst kein Pflichtunterricht stattfinden könnte. Ganztages- und Gemeinschaftsschulen sowie die Inklusion benötigen mehr und nicht weniger Pädagogen. Wie man bei diesem Aufgabenberg überhaupt an Lehrerstellenabbau denken kann, ist wohl höhere Kul­tusmathematik, die der Finanzminister vorrechnet.

„Dass Bildungshintergrund und der finanzielle Spielraum der Eltern auch unter Grün-Rot noch immer eine viel zu große Rolle spielen, kann man nicht wegdisku­tieren“, so VBE-Chef Gerhard Brand. „Dass aber die Landesregierung weiterhin gerade bei den Schwächsten spart, ist skandalös. Kinder begüterter Eltern können sich Nachhilfe leisten. Schüler aus sozialen benachteiligten Schichten sind auf qua­litativ hochwertige und ausreichende Angebote der Schulen angewiesen, die es aber immer weniger gibt.“ Ausschließlich mit binnendifferenzierendem Unterricht lassen sich nicht alle Defizite von Schülern kompensieren. „Da braucht man schon gezielt zusätzliche Stütz- und Fördermöglichkeiten, die aber nicht ohne den Einsatz von Haushaltsmitteln zu bekommen sind“, sagt Brand.