50 Jahre VBE Baden-Württemberg

Vom Verband der Katholischen Lehrerschaft Deutschlands (VKLD) zum Verband Bildung und Erziehung (VBE). Am 30. Januar 1971 folgte der baden-württembergische Landesverband des VKLD (Verband der Katholischen Lehrerschaft Deutschlands) dem Beschluss des Bundesverbandes vom Herbst 1970, künftig den Namen Verband Bildung und Erziehung (VBE) zu tragen. Somit dürfen wir heuer das 50-jährige Gründungsjubiläum unseres Verbandes begehen. Der historische Weg dahin sei im Folgenden kurz aufgezeigt.

Prekär, materiell wie professionell, war die Lage der Lehrerschaft an den Volksschulen des 19. Jahrhunderts. Sie schuf das Stereotyp des prügelnden Dorfschullehrers der „guten alten Zeit“. Die Regierungen der deutschen Staaten sahen die Schulen als Medium, die Untertanen zur Identifikation mit dem Herrscher und seinem Staat zu erziehen. Um sich aus ihren Zwängen zu emanzipieren, organisierte sich die Lehrerschaft in Vereinen zur kollegialen Unterstützung, denn dienstunfähige Lehrer und Witwen waren ohne Einkommen. In Zeiten des Kulturkampfes wurden die Vereine vom Staat überwacht und in ihrer Arbeit behindert. Dies traf vor allem die katholischen Vereinigungen, die man als notorisch „ultramontan“ der Untreue verdächtigte.

Als gewerkschaftliche Säulen etablierten sich in der Zeit der Weimarer Republik (1919-1933) getrennte Verbände für die Arbeiter, für die Angestellten und für die Beamten. Die Lehrerverbände gehörten in ihrer Mehrzahl dem Deutschen Beamtenbund (dbb) an; so auch der Deutsche Lehrerverein (DLV), dem die Mehrheit der Volkschullehrer angehörte, in Württemberg dem WLV und in Baden dem BLV. Daneben existierten auch konfessionelle Lehrerverbände wie der Katholische Lehrerverein (KLV). Sie alle wurden durch die Nationalsozia- listen zerschlagen, ihre Mitglieder in die NS-Organisationen gedrängt.

Der demokratische Neustart nach 1945 gelang unter Nachkriegsbedingungen, von den Siegermächten gegängelt, in den vier strikt getrennten Besatzungszonen sehr unterschiedlich. Die Franzosen setzten in ihrer Zone – sie umfasste neben dem südlichen Baden und dem südlichen Württemberg-Hohenzollern auch das Gebiet des heutigen Landes Rheinland-Pfalz – auf die Organisation der Arbeitnehmer in Einheitsgewerkschaften. Dadurch schloss sich der wiedergegründete Badische Lehrerverein, trotz seiner mehrheitlich eher liberal-konservativen Mitglieder, als GEW dem DGB an. Parallele, aber getrennte Entwicklun- gen gab es in den amerikanisch besetzten Landesteilen. In unterschiedlichen Organisationsformen versuchten auch konfessionelle Lehrervereine, an Vorkriegstraditionen anzuknüpfen, bis hin zu konkurrierenden konfessionellen Vereinen für Lehrerinnen.

Entscheidende Initiativen zu einer Bündelung der dem dbb angeschlossenen Lehrerverbände gingen im neuen Baden-Württemberg (1952) von Südbaden aus. Wilhelm Hugo Mayer (1890–1969) war wegen seiner offenen Gegnerschaft zu den Nationalsozialisten 1933 von Freiburg nach Hegne am Bodensee strafversetzt worden. Nach der Befreiung vom „Dritten Reich“ agierte er in Südbaden und Südwürttemberg-Hohenzollern, um den Katholischen Lehrerverein (KLV) der Vorkriegszeit wiederzubeleben. Zwei Jahre nach der Schaffung des Bundeslandes Baden-Württemberg gelang Mayer 1954 in Offenburg die Gründung des Landesverbandes Baden des Verbandes der Katholischen Lehrerschaft Deutschlands (VKLD). Mayer wurde dessen erster Landesvorsitzender.

Grenzüberschreitungen, geografisch wie ideologisch, wurden ab 1960 in den baden-württembergischen Lehrerverbänden unter dem Dach des dbb diskutiert. Zunächst kooperierten die unter unterschiedlichen politischen Bedingungen gegründeten Teile des VKLD mit evangelischen und weiteren Gruppierungen, vor allem auf dem schulpolitischen Feld und mit der Herausgabe der gemeinsamen Verbandszeitschrift Informationen für Erzieher (ife). Daraus erwuchs 1969 der VKLD Baden-Württemberg unter der Leitung des bisherigen badischen Vorsitzenden Anton Peschke. Mit neuer Dynamik wurde nun auch die schon lange begonnene Diskussion zu Ende geführt, ob eine konfessionelle Lehrergewerkschaft noch zeitgemäß und vor allem ob sie einer sachorientierten Bildungspolitik angemessen sei. Der in der „Denkwerkstatt“ um Bernhard Wolk in Freiburg kreierte Name Verband Bildung und Erziehung (VBE) stand für die von der überwiegenden Mehrheit der Mitglieder gewünschte Öffnung. – Auch evangelische Lehrkräfte waren längst beigetreten, andererseits verließen einige protestierend den Verband. –

50 Jahre VBE: am 30. Januar 1971 wurde der Beschluss gefasst

Zunächst übernahm der Bundesverband des VKLD im Oktober 1970 den neuen Namen. Dem folgte der baden- württembergische Landesverband. Der Beschluss der Vertreterversammlung vom 30. Januar 1971 schuf den Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg.

Die Erfolgsgeschichte der starken gewerkschaftlichen Heimat VBE für heute 18.000 Lehrerinnen und Lehrer an Grund-, Haupt- und Werkreal-, Real-, Gemeinschaftsschulen und Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren sowie Erzieherinnen und Erzieher begann somit vor 50 Jahren. Trotz der damals wesentlich geringeren personellen, organisatorischen und finanziellen Ressourcen mischte der VBE von Beginn an mit viel persönlichem Einsatz kräftig in der Schulpolitik mit. Zähe Arbeit in Sachen Bildung und Erziehung während der folgenden Jahrzehnte machte ihn zu einem geschätzten Partner der Schulpolitik im Lande und zu einer in den Medien präsenten Größe. – Gründe genug, zu feiern und die Leistung der vielen Ehrenamtlichen in der Verbandsleitung, in den Landesverbänden, Kreisverbänden und Bezirksgruppen zu würdigen. Gründe genug, ihnen und den vielen treuen Mitgliedern zu danken.

Feiern und Veranstaltungen aus Anlass des 50-jährigen Jubiläums sind, durch die Pandemie bedingt, derzeit nicht möglich. Außerdem sind die Verantwortlichen des VBE, wie auch alle Verantwortlichen an den Schulen, in ihrer Arbeitszeit und Arbeitskraft mehr gefordert als in „normalen“ Zeiten. So müssen wir uns mit dem Feiern bis 2022 gedulden und uns derweil auf schriftliche und virtuelle Wege des Erinnerns beschränken. Die Vorstände in den Gliederungen sind gebeten, geeignete Formate für „die Zeit danach“ zu planen.

Die VBE-Mitglieder im Ruhestand sind noch stärker als die aktiven Lehrkräfte von der kollegialen Begegnung abgeschnitten. Zu ihnen zählen auch Mitglieder, die ihren Verband und seine erfolgreiche Arbeit seit den 1950er-Jahren mit ihrer Treue, vielfach auch als ehemals oder bis heute Aktive unterstützen. Ihnen allen wollen wir danken mit der Überreichung der Schrift, die Ihnen der Landesverband in diesen Tagen zukommen lässt:

Wilhelm Hugo Mayer. 1890–1969. Lehrer – Kämpfer – Visionär.
Zur Geschichte des VBE Baden-Württemberg. 

Die Geschichte des VBE Baden-Württemberg bedarf über diese Schrift hinaus einer weiteren historischen Erarbeitung. Neben den Beiträgen der Zeitzeugen bedarf es hierzu der Archivalien aus den Gliederungen des Landesverbandes. Diese beizusteuern, sind die Seniorinnen und Senioren, die Mandats- und Funktionsträger sowie alle Mitglieder herzlich gebeten. Treten Sie mit uns in Kontakt.

Im Auftrag der Verbandsleitung

Karl Kopp (Mitglied im VKLD / VBE seit 1957)

Sie finden den Artikel auch im Magazin 05 / 2021 auf den Seiten 6 und 7. Das Magazin finden Sie wiederum im Archiv VBE Magazine