Antwort des Ministeriums auf VBE-Forderung nach Schulgesundheitsfachkräften

Schulgesundheitsfachkräften - Pixabay/elbartoo

Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg hat auf seine Forderung nach der Einführung von Schulgesundheitsfachkräften eine Antwort des Kultusministeriums erhalten. Sachlich und nachvollziehbar setzt sich das Ministerium mit den Ansichten des VBE auseinander und schildert ebenfalls die Rechte und Pflichten der Lehrkräfte im Umgang mit chronisch kranken Schülerinnen und Schülern. Der VBE bleibt bei seiner Forderung nach Schulgesundheitsfachkräften und würde ein Modellprojekt unterstützen.

Am 17. März 2017 hatte sich der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg mit einem Schreiben an Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann gewandt und die Einführung von Schulgesundheitsfachkräften gefordert. Zur Begründung seines Anliegens hatte der VBE auf die Zunahme chronischer Krankheiten bei Kindern und Jugendlichen verwiesen. Dieser bedeutet nach Ansicht des VBE auch einen damit einhergehenden höheren Bedarf an Assistenz zur Medikamentengabe in der Schule.

Auch durch Inklusion ist nach Ansicht des VBE der Anspruch an eine medizinische Versorgung der Schülerinnen und Schüler gestiegen. Die Sorge des VBE ist, dass sich Lehrkräfte in rechtliche Graubereiche begeben, wenn sie Bitten der Eltern nachkommen, um Inklusion zu ermöglichen. Deswegen hatte der VBE die Forderung erhoben, die medizinische Grundversorgung an Schulen durch Schulgesundheitsfachkräfte flächendeckend sicherzustellen.

Ministerium folgt den Ansichten des VBE zu Schulgesundheitsfachkräften nicht

Dieser Argumentation folgte das Ministerium nicht und argumentierte sachlich und nachvollziehbar dagegen. Zunächst müsse nicht jeder chronisch Kranke Medikamente zu sich nehmen. Zudem, so das Ministerium, sei die überwiegende Mehrzahl derjenigen, die während der Schulzeit Medikamente zu sich nehmen müssen, dazu in der Lage, dies selbst zu erledigen. Und schließlich wies das Ministerium darauf hin, dass die medizinische Behandlungspflege Sache der Krankenkassen ist.

Auch durch Inklusion entstünde kein neuer Sachverhalt bei der Medikamentengabe. Nach § 37 SGB V haben Schülerinnen und Schüler, die medizinische Behandlungspflege benötigen, darauf einen Anspruch unabhängig vom Lernort. Diese ist wiederum von den Krankenkassen zu leisten.

Rechte und Pflichten von Lehrkräften bei Medikamentengabe bei chronischen Krankheiten

Des Weiteren gab das Ministerium sehr detaillierte Auskünfte zu den Rechten und Pflichten von Lehrerinnen und Lehrern bezüglich der Verabreichung von Medikamenten bei chronischen Krankheiten in Schulen. Hierzu existiert eine Verwaltungsvorschrift vom 4. Februar 2013. Der VBE fasst die wesentlichen Aussagen für Sie zusammen:

  • Medikamente dürfen nur von medizinischen Fachkräften oder von Personensorgeberechtigten verabreicht werden.
  • Personensorgeberechtigte können aber ihr Sorgerecht an die Schule delegieren, wobei die Schule nur im Rahmen der Zumutbarkeit und der Möglichkeiten von medizinischen Laien tätig wird.
  • Hierbei muss Rücksicht genommen werden auf die unterschiedlichen Fähigkeiten der Lehrkräfte und auch auf das unterschiedliche Maß dessen, was sich Lehrkräfte zutrauen.
  • Ist die Lehrkraft nicht bereit oder nicht in der Lage dazu, die erforderliche Hilfestellung zu geben, muss von den Eltern eine medizinische Behandlungspflege durch einen ambulanten Pflegedienst organisiert und mit der Schule abgestimmt werden.
  • Bei einer einfachen Dosierung und Verabreichung der Medikamente kann grundsätzlich eine Unterstützung von der Schule erwartet werden.
  • Bereits kleine medizinische Verrichtungen (z. B. Augentropfen, Ohrentropfen, Blutabnahme aus dem Finger) können jedoch von einer einzelnen Lehrkraft gegen ihren Willen nicht verlangt werden.
Sonderfall Diabetes & Haftung bei Medikamentengabe

Eine besondere Regelung existiert lediglich für den Umgang mit Diabetes. An Diabetes erkrankte Schülerinnen und Schüler haben einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf Aufnahme in eine ihrer Begabung entsprechenden Schule. In diesem Fall werden Schulen gebeten, dass sich mindestens zwei Lehrkräfte des Kollegiums fortbilden, um die notwendige Sachkunde zur sachgerechten Bedienung einer Insulinpumpe zu erlangen. Eine Teilverantwortung kann die Lehrkraft übernehmen, indem sie die Schülerin oder den Schüler daran erinnert, den Blutzucker zu messen und die Insulinpumpe zur Abgabe von Insulin zu veranlassen.

Ein wichtiger Hinweis für Lehrerinnen und Lehrer ist aber besonders, dass Lehrkräfte, die entsprechend der geschilderten Maßgaben Medikamente verabreichen oder die Insulinpumpe bedienen, von einer direkten Haftung gegenüber dem Geschädigten freigestellt sind. Dies gilt allerdings nicht bei vorsätzlichen Handlungen und ist abhängig von der Anerkennung des schädigenden Vorfalls als Arbeitsunfall. Bei vorsätzlichem und grob fahrlässigem Handeln der Lehrkraft besteht außerdem ein Ersatzanspruch des Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung.

Zum Schluss wies das Ministerium noch auf präventive Angebote hin, die das Land Baden-Württemberg Schulen zur Verfügung stellt. Seit 2011 gibt es das Präventionskonzept „stark. stärker. WIR.“ Es dient der Unterstützung von Schulen, ein Curriculum für nachhaltige Präventionsarbeit zu entwickeln. Im Rahmen des Konzepts erhalten Schulen Unterstützung durch Präventionsbeauftragte, die Fortbildungen zu Themen der Prävention geben, Schulen beraten und Kooperationspartner vermitteln. Durch Schulgesundheitsfachkräfte, so das Ministerium, entstünde im Präventionsbereich eine Parallelstruktur.

VBE würde Modellprojekt in Baden-Württemberg unterstützen

Den Ausführungen des Ministeriums kann der VBE Baden-Württemberg folgen und sieht sie als Basis für eine weitere konstruktive Zusammenarbeit. Er verweist jedoch auf Modellprojekte in Hessen und in Brandenburg, wo der Einsatz von Schulgesundheitsfachkräften erprobt wird. Dort sind diese für Präventionsarbeit, Medikamentengabe, medizinischen Akutversorgung zuständig und entlasten Lehrerinnen und Lehrer. Als Grund für die Einführung des Modellprojekts wird zudem genannt, dass die gesundheitliche Chancenungleichheit reduziert werden soll. Untersuchungen zeigen nämlich, dass Kinder aus sozial benachteiligten Schichten ein erhöhtes Risiko für einen beeinträchtigten allgemeinen Gesundheitszustand haben.

Der VBE Baden-Württemberg würde es deswegen begrüßen, wenn die Landesregierung, das Ministerium für Soziales und Integration und das Kultusministerium die Entwicklung des Modellprojekts verfolgen und die wissenschaftliche Evaluation des Projekts in eigene Überlegungen einfließen lassen. Eine Initiative der Landesregierung in Richtung eines Modellprojektes unter Einbeziehung von Erkenntnissen aus Hessen und Brandenburg würde der VBE Baden-Württemberg unterstützen.

Eine Übersicht zum Modellprojekt in Hessen und Brandenburg ist hier abrufbar.

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