VBE fordert: mehr Augenmerk auf Grundschulen

Aus Sicht des VBE sind Grundschulen das grundlegende Fundament des Schulwesens. Sie sind Lern- und Lebensraum für unsere Kinder. Strukturen, die in diesem Alter angebahnt werden, ziehen sich durch die gesamte Bildungsbiografie der Kinder, ein Leben lang. Daher sind es Grundschulen besonders wert, dass sie von den Politikern dieses Landes stärker in den Fokus genommen werden. Die Grundschulen stellen außerdem mit über 2500 Schulen den größten Anteil an Schulen dieser Schulart im Land dar. Sie sind Schulen der Vielfalt sowohl in organisatorischer Sicht, als auch in der Zusammensetzung.

Trotzdem fristet gerade die Grundschule in Baden-Württemberg nun schon seit längerem ein Schattendasein. Denn mit der größten Bandbreite an individuellen Kompetenzen erhalten die Grundschulen als einzige Schulart in Baden-Württemberg – trotz ministerieller Verbriefung vom 18.12.2015 – keine gesicherten Poolstunden. Das ist ungeheuerlich, wenn man bedenkt, welche wertvolle Arbeit jeden Tag von den hoch engagierten Lehrkräften dieser Schulart geleistet wird: Kontinuierliche Beratung für Eltern von Anfang an, Förderung und Forderung nicht nur im „Nebenbei“ und das bei Kindern sowohl mit Hochbegabung bis hin zu Kindern mit diagnostiziertem sonderpädagogischen Bedarf, wenn die Eltern nicht einwilligen diese an SBBZ zu beschulen.

Zusätzliche Direktzuteilung notwendig

Die ab dem Schuljahr 2015 / 2016 bereitgestellten zusätzlichen 180 Deputate für die individuelle Förderung in den Grundschulen mit besonderen Herausforderungen sind wirklich eine begrüßenswerte Entwicklung in die richtige Richtung, aber für die etwa 2500 Grundschulen landesweit eine zu kurz greifende Ressource. Besonders Schulen mit großen Klassen sind kaum mehr in der Lage mit ihren zu Verfügung stehenden Ressourcen angemessene Förderung zu betreiben. Gerade für Kinder mit LRS und Rechenschwäche muss früh mit der Förderung begonnen werden. Diese Kinder benötigen Hilfen, die ihnen den Umgang mit ihren Problemen erleichtern. Dies muss so früh wie möglich angebahnt werden und das bedeutet schon in der Grundschulzeit: Grundschulen müssen verlässlich Förderkonzepte planen können und dazu gehören verlässliche Stundenzuweisungen in diesem Bereich. Diese jetzt bereitgestellten Deputate können so nur als Einstieg zu mehr Poolstunden in den Grundschulen angesehen werden, sie dürfen aber dann nicht für Vertretungen geopfert werden und nicht zum Ergänzungsbereich gezählt werden: zweckgebundene Zusatz-Stunden müssen in der Direktzuteilung verankert sein.

Zusätzlich fehlt es am Fach Ethik ab Klasse 1. Dies wurde von der grün-roten Landesregierung im Koalitionsvertrag 2011 – 2016 als Wahlversprechen zugesagt. Angesichts der steigenden Zahlen der Schülerinnen und Schüler, die am Religionsunterricht nicht teilnehmen stellen sich für den fehlenden Ethik-Unterricht nicht nur organisatorische Probleme: Das Fach ist auch im Sinne der Wertevermittlung unerlässlich.

Die Wieder-Einführung der verlässlichen Kooperationszeiten im Bereich Grundschule und Kindergarten im Jahr 2012 / 2013 war eine richtige Entwicklung, allerdings steht den Schulen für diese wertvolle Aufgabe je nur eine zusätzliche Stunde zur Verfügung. Wenn die Schule und die betreffende Kooperationslehrkraft diese Arbeit gut und nachhaltig gestalten will, wenn die Grundschule einen Einzugsbereich von mehreren Kindergärten hat, stellt sich die Frage: wie verteilt die Schulleitung eine Kooperationsstunde auf etwa 7 Kindergärten im Einzugsgebiet gerecht auf die beteiligten Lehrkräfte? Hier muss eine angemessene Verteilung erfolgen, je nach Schulgröße. Insbesondere im Hinblick, dass gerade die Grundschulen die zusätzlichen massiven Kürzung der Poolstunden heftig spüren.

Grundschulen haben die heterogenste Schülerschaft aller Schularten. Lehrkräfte und Schulleitungen stellen sich täglich dieser großen Herausforderung. Grundschulen haben prägende Wirkung für die Schüler und deren Familien die gesamte Bildungsbiografie entlang. Die grundlegende Aufgabe, das Kernanliegen der Grundschulen ist es, den unterschiedlichsten Kompetenzen und Erfahrungen jedes Kindes gerecht zu werden.  Sie ist somit gemeinsame Schule aller Kinder, ja sie ist echte „Gemeinschaftsschule“.

Inklusion erfordert weitere Ressourcen

Seit diesem Schuljahr ist die Inklusion im Schulgesetz verankert. Dieser wichtige aber auch herausfordernde Prozess, den schon viele Grundschulen mit großem Enthusiasmus angegangen sind, ist leider nicht zu Ende gedacht auf den Weg gebracht worden. So wurden in einer wenig transparent gestalteten Aktion, quasi über Nacht, die sonderpädagogischen Lehrkräfte, die inklusiv an Grundschulen arbeiten an diese Schulart quasi zwangsabgeordnet. Der Umgang mit diesen für ein inklusives Setting enorm wichtigen Lehrkräften ist allerdings noch lange nicht geklärt (Weisungsbefugnis, Konferenzteilnahme, Verbleib der Akten usw.). Hinzukommt, dass der Schulträger für ein Kind mit sonderpädagogischem Bedarf Haushaltsmittel zugewiesen bekommt, ab diesem Schuljahr aber die inklusiv beschulten Kinder kein Recht mehr auf diese Gelder haben sollen. Es wird diesen Kindern aber gewiss nicht gerecht, davon auszugehen, wenn ein Kind mit sonderpädagogischem Bedarf inklusiv beschult wird, dass es dann keine besonderen Lehr- und Lernmittel mehr benötigt. Inklusion darf auf keinen Fall ein Sparmodel werden! Es ist dem VBE zuzuschreiben, dass er sich seit Jahren die angedachte Kostenneutralität bei der Umsetzung der Inklusion anprangert. Der VBE setzt sich dafür ein, dass Inklusion nicht auf den Rücken der betroffenen Schüler ausgetragen wird, sondern in qualitativ gute Settings investiert wird.

Nicht verständlich ist bei dieser Betrachtungsweise auch, warum an einer so heterogenen Schulart nicht die bestmöglichst ausgebildeten Lehrkräfte eingesetzt werden sollten. Die Grundschullehrkräfte des Landes leisten hervorragende Arbeit. Warum werden sie am schlechtesten bezahlt und haben die höchste Unterrichtsverpflichtung? Auch bei der umgestalteten Lehrerausbildung wurden die Grundschullehrkräfte bewusst abgehängt. Sie machen in nur acht Semestern einen verkürzten Master und bekommen mit dieser Begründung auch nur Besoldung nach  A12. Die Sekundarlehrkräfte bekommen mit dem neuen Masterstudium A13. Diese Ungerechtigkeit möchte der VBE korrigiert sehen und setzt sich dafür ein, dass die Arbeit der Grundschulpädagogen die Anerkennung bekommt, die sie verdient. Das Grundschullehramt ist daher den übrigen Lehrämtern gleichzustellen.