Datengestützte Schulentwicklung, Personallage an den SBBZ, Ressourcen für die Inklusion: An Themen mangelte es nicht beim bildungspolitischen Austausch mit dem Kultusreferat SBBZ/Inklusion in den Räumlichkeiten des Ministeriums. Seit knapp zwei Jahren leitet Ministerialrat Hubert Haaga das Referat, zuvor war er Leiter des Staatlichen Schulamtes Ludwigsburg. Im Gespräch mit dem VBE unterstützten ihn seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Ingrid Schmid, Anna Ensslin und Sandro Scheurenbrand. Für den VBE folgten der stellvertretende Landesvorsitzende Walter Beyer und die Leiterin des Landesreferats SBBZ/Inklusion, Anja Bartenschlager, der Einladung ins Kultusministerium.
VBE: „Viele Kolleginnen und Kollegen packen es nicht mehr“
An praktisch allen Schularten fehlt es an qualifiziertem Personal. Vom Lehrkräftemangel besonders betroffen sind neben den Grundschulen auch die Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ). „Landesweit fehlen den SBBZ rund 800 Deputate“, erläuterte der stellvertretende Landesvorsitzende des VBE und verwies auf eine entsprechende Pressemeldung des Kultusministeriums. In der Folge komme es an vielen Schulen zu einer hohen Arbeitsbelastung. Dies bestätige Anja Bartenschlager, die selbst an einem SBBZ arbeitet: „Durch den Personalmangel werden auch die Klassen größer. Gleichzeitig ist der Krankenstand hoch und die Vertretungssituation nicht wirklich gut. Aus jeder Richtung wird die Belastung größer. Viele Kolleginnen und Kollegen packen es nicht mehr“. Es stelle sich daher die dringende Frage, wie man kurzfristig mehr Personal an die Schulen bekomme und langfristig eine hundertprozentige Versorgungslage sicherstellen könne.
Ministerium verweist auf Maßnahmenkatalog
„Uns ist die Belastungslage wirklich bewusst“, versicherte Hubert Haaga und verwies seinerseits auf einen Maßnahmenkatalog des Ministeriums. Als zentrale langfristige Maßnahme sieht dieser einen dritten Studienstandort für das Lehramt Sonderpädagogik an der Pädagogischen Hochschule Freiburg vor. Dort sollen ab dem Wintersemester 2023/24 insgesamt 175 neue Studienplätze entstehen. Immerhin: Laut Angaben des Ministeriums entspricht dies einer Erhöhung des gesamten Studienplatzkontingents in der Sonderpädagogik um fast ein Drittel. „Die Ausweitung der Studienplätze ist aber nur eine Maßnahme von vielen“, betonte Haaga. Er ergänzt: „Gleichzeitig wurden die Ausbildungskapazitäten an den Fachseminaren Sonderpädagogik um 50 Plätze ausgeweitet und Fortbildungen für befristete und entfristete Kolleginnen und Kollegen ohne Lehramtsausbildung realisiert.“
Direkteinstieg in die Sonderpädagogik läuft bereits
Eine weitere Maßnahme, die auch kurzfristig wirke, sei der Direkteinstieg. Zu Beginn des laufenden Schuljahres erklärte die Kultusministerin, den Direkteinstieg als Fachlehrkraft auf die Sonderpädagogik erweitern zu wollen. Im Gespräch informierte Ministerialrat Haaga, dass man die ersten Stellen im Oktober letzten Jahres bereits besetzt habe. „Eine kleine Gruppe ist schon an den Schulen“, so Haaga. Möglich sei dies, da man in der Ausbildung „Direkteinstieg“ von Anfang an auch auf Praxisphasen setze. Eingangsvoraussetzung für den Direkteinstieg seien eine abgeschlossene Berufsausbildung und mindestens fünf Jahre Berufserfahrung. Die anvisierte Personengruppe bestehe aus Physiotherapeuten, Ergotherapeuten sowie Erzieherinnen und Erzieher. Die Personen bewerben sich dabei immer direkt an einer Schule. „Dadurch bekommen wir Personen in Regionen, die sonst schwer mit Lehrkräften zu versorgen sind“, erklärte Referatsmitarbeiterin Ensslin.
Ministerium will Horizontalen Laufbahnwechsel fortführen
Neben dem Ausbau der Studienkapazitäten und der Einführung des Direkteinstiegs arbeitet das Kultusministerium auch an der Ausweitung der pädagogischen Assistentinnen und Assistenten. Viele der in diesem Bereich neu geschaffenen Stellen fallen laut Hubert Haaga neben den Grundschulen auch auf Schulen mit inklusiven Angeboten und SBBZ. Darüber hinaus arbeite das Ministerium auch an der Weiterentwicklung des Horizontalen Laufbahnwechsels. Ein Ziel sei es, den insgesamt hinter den Erwartungen zurückgebliebenen HoLa 4 in den HoLa 2 zu überführen. Eine Maßnahme, die der VBE durchaus unterstützt. Durch die Umstrukturierung werden die hohen Hürden von HoLa 4 abgebaut und ein niederschwelliger Zugang in den Horizontalen Laufbahnwechsel ermöglicht.
Referenzrahmen Schulqualität: „Herausforderung für die Sonderpädagogik ist ungleich größer“
Mit dem Referenzrahmen Schulqualität will das Land die datengestützte Schulentwicklung vorantreiben und zur Sicherung der Unterrichtsqualität beitragen. Die Sonderpädagogik mit ihren acht verschiedenen Förderschwerpunkten und sechs Bildungsgängen stellt dies jedoch vor besondere Herausforderungen. „Wir müssen für jeden Förderschwerpunkt spezifisch vorgehen, die Herausforderung ist ungleich größer“, erklärte Haaga. Beispielsweise sei es kaum möglich, die Besonderheiten einzelner SBBZ mit unterschiedlichen Förderschwerpunkten und häufig mehreren Bildungsgängen in nur einem einzigen Datenblatt abzubilden. „Wir arbeiten dem gesamten Prozess daher zwangsweise immer ein Stück weit hinterher“, so Haaga.
Inklusion: Ministerium sieht zentrale Schulstandorte kritisch
Für Diskussionen sorgte die Ressourcenfrage in der Inklusion. „Ich habe in einer Klasse drei Inklusionskinder. Wir haben die Kinder wirklich gerne da, das ist sehr wertvoll. Gleichzeitig nimmt es aber wirklich viele Ressourcen in Anspruch“, fasste Walter Beyer die Problemlage zusammen. Seinen Vorschlag, Schwerpunktschulen für Inklusion zu schaffen, lehnte Ministerialrat Haaga aber ab: „Dies widerspricht dem Geist der Inklusion.“ Der Ministerialrat verwies auf das Schulgesetz zur Inklusion, dieses sehe vor, „dass sich jede einzelne Schule mit Inklusion beschäftigt“.
Walter Beyer, Stv. Landesvorsitzender und die Leiterin des Landesreferats SBBZ/Inklusion, Anja Bartenschlager, waren zum bildungspolitischen Austausch ins Kultusministerium eingeladen.