Vom 12.05. – 14.05.2022 trafen sich die Frauen aus 13 Bundesländern zum Seminar und zur Hauptversammlung. Der Titel des Seminares lautete „Female Empowerment – Wie gelingt der Aufstieg in Schule und Gewerkschaft“. Leider war unsere Bundesprecherin Tanja Küsgens kurzfristig erkrankt, so dass ihre Stellvertreterin Maria Stöckel die Veranstaltung leitete. Eine durchaus gelungene Premiere der jungen Kollegin vom VBE Landesverband Mecklenburg-Vorpommern.
Als erste Dozentin war Milanie Kreutz, Vorsitzende der DBB Bundesfrauenvertretung, digital zugeschaltet. Sie berichtete über ihre Arbeit und machte auf den Gewerkschaftstag am 22.11.2022 aufmerksam, für den im Moment Anträge formuliert werden. Einer ihrer Arbeitsschwerpunkteist das geschlechtergerechte Steuerrecht. Auch setzt sie sich ein für die Nachwuchsförderung, die Notwendigkeit von Sozialarbeiter*innen an Schulen, mehr Lehrende und dass an den Ganztagschulen für das Betreuen der Kinder zusätzliche Personen von den Kommunen eingestellt werden müssen.
Simone Fleischmann, Präsidentin des BLLV, informierte über ihre Arbeit und die aus ihrer Sicht brennendsten Themen: Auch in Bayern gibt es zu wenig Lehrkräfte, die Teilzeit wird überall beschnitten, Teilzeit aus sonstigen Gründen gibt es nicht mehr. „Die Politik muss die Öffentlichkeit aufklären, dass es zu wenig Lehrerinnen und Lehrer und Erzieherinnen und Erzieher gibt. Diese Berufe müssen attraktiver werden!“
Auch der VBE Bundesvorsitzende Udo Beckmann nahm sich die Zeit, um bei der diesjährigen Hauptversammlung vorbeizuschauen. Er stellte den dbb-Gewerkschaftstag 2022 vor, an dem unter anderem Neuwahlen stattfinden werden. Kandidatinnen sind u.a. Milanie Kreutz und Simone Fleischmann. Da Udo Beckmann im Dezember 2022 in den wohlverdienten Ruhestand gehen wird, nutzten die VBE-Frauen die Gelegenheit sich von ihm zu verabschieden und ihren Dank für die langjährige Verbundenheit auszusprechen. „Du hat unsere Hauptversammlung jedes Jahr begleitet und warst hier ein gern gesehener Gast!“, so Maria Stöckel.
Der zweite Tag startete mit der Diplompsychologin Anette Rüth. Sie referierte darüber, wie Frauen sich in gemischtgeschlechtlichen Gremien mehr Gehör verschaffen können. Die Psychologin bewies durch Berufsbiografien von Männern und Frauen die „gläserne Decke“ und machte Mut: „Frauen müssen lauter werden!“. Sie zeigte auf, dass männliche und weibliche Kommunikations- und Konfliktstile oft sehr verschieden sind, was laut der Teilnehmerinnen so manches erklärte. Sie unterstrich die Bedeutung einer guten Gesprächsvorbereitung und ehrlichen Selbstreflektion, wie man eigene Fallstricke erkennen und gegengesteuern kann. Umgang mit Einwänden und Emotionen des Gesprächspartners und selbstbewusste Körpersprache waren weitere Themen ihres sehr wertvollen und kompetenten Vortrages.
Ein weiterer Gast war Denise Loop, Obfrau der Grünen im Familienausschuss, mit 27 Jahren jüngstes Mitglied im Bundestag. Sie erzählte von ihrem Werdegang und berichtete, wie sie als „Quotenfrau“ in den Bundestag kam. „Eine Quote will eigentlich keiner. Man braucht sie aber, sonst werden die Frauen weggeboxt“, so ihre Erfahrung aus der Politik.
Die Tatsache, dass es in der Geschichte und der Politik nur wenige bekannte weibliche Vorbilder gebe, erschwere es Frauen, sich in der politischen Männerwelt durchzusetzen. Ebenso Hürden wie informelle Räume, unsichtbare Codes und Wissenstransfer innerhalb bestehender Netzwerke. Loop berichtete allerdings auch von zahlreichen positiven Erfahrungen, wie der auch überparteilichen Solidarität und Unterstützung, die ihr als Neuling entgegengebracht wurden – auch von männlichen Kollegen. Das lässt hoffen!
Zu guter Letzt sprach Anne Röwer, Leiterin der Kommunikationsabteilung, über „Parität fordern – und dann? Und wie? Und warum eigentlich?“ Es gehe dabei nicht nur um Frauen in Führung, sondern auch um Mitgliedergewinnung und -haltung, auch während der Familienphase. Der Begriff„Parität“ wurde hierbei kritisch hinterfragt: „Geht es nur um die hälftige Besetzung von Gremien mit Frauen und Männern oder auch um alt und jung und weitere Diversitätskategorien?“. Sicher ein Thema, das nicht nur im Kreise der VBE-Frauen diskutiert werden sollte.
In dem Vortrag wurden auch mögliche Wege aufgezeigt, wie Jugend und Frauen in die Gewerkschafts- und Vorstandsarbeit eingebunden werden könnten. Vorschläge hierzu waren beispielsweise der Aufbau eines Nachwuchszirkels oder die Entwicklung eines Mentorenprogrammes. Alle Teilnehmerinnen waren sich hier einig: Es soll und darf bei diesem Thema nie darum gehen, an bestehenden Teams „zu sägen“. Stattdessen geht es darum, Menschen zu akquirieren und zu fördern, die in 5 oder 10 Jahren Verantwortung innerhalb des Verbandes oder der Gewerkschaft übernehmen wollen, auf allen Ebenen, von den Kreisverbänden, über einzelne Projekte bis in die Leitung hinein.
Im anschließenden Austausch stolperten die Teilnehmerinnen über den Begriff „Frauenvertretung“. Wie grenzt sich hier das Amt der „Chancengleichheitsvertretung“ ab? Oder sollte man eher von der/dem „Gleichstellungsbeauftragten sprechen? Auch hier gibt es noch viel zu tun.
Ein letzter wichtiger und sehr interessanter Programmpunkt waren die Berichte der Frauenvertretungen der Bundesländer. Bei aller dem Föderalismus geschuldeten Unterschiede zeigte sich eine traurige Gemeinsamkeit: Überall in Deutschland herrscht ein enormer Mangel an Lehrkräften und an pädagogischem Fachpersonal. Mit fatalen Folgen für die gesamte Gesellschaft.
Bericht: Mirjam Wülk, Gerhild Dickgiesser