VBE: Eltern nicht aus der Erstverantwortung entlassen. Nicht nur Bildungserfolge testen, auch auf Erziehung achten.

Zurzeit läuft an den Schulen die zweite Welle der Fremdevaluation. Auch andere Testverfahren wie VERA, TIMMS und PISA richten den Fokus ausschließlich auf kognitive Fähigkeiten und Fertigkeiten der Schüler. Inwieweit Kinder heute „erzo­gen“ sind, fällt bei diesen standardisierten Testverfahren eigentlich nicht ins Ge­wicht, im täglichen Unterricht an den Schulen jedoch umso mehr, moniert der Sprecher des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg.

Früher waren Lehrer hauptsächlich für die Bildung der Schüler zuständig und erzogen die Kinder und Jugendliche im Unterricht „nebenher“. Heute müssen Lehrer zuerst er­ziehen, damit sie sich dann um die Bildung der Schüler kümmern können. Der VBE-Sprecher sieht eine zunehmende Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit, zwi­schen Zielen und Machbarem in den Schulen.

Eltern beklagen gerne, dass Lehrer sie mit den nicht gemachten Aufgaben der Schüler belästigten, fehlende Unterrichtsmaterialien anmahnten, Verhaltensprobleme und andere unbequeme Angelegenheiten mit den Erziehungsberechtigten besprechen wollten. „Sie vergessen dabei“, so der VBE-Sprecher, „dass die Pflege und Erziehung der Kinder das natürliche Recht der Eltern und die ihnen zuvörderst obliegende Pflicht ist.“ So stehe es sogar im Grundgesetz Artikel 6, Absatz 2 und gelte ausnahmslos auch für Schüler, die Ganztagesschulen besuchten.

Während früher Unterricht und Bildung im Mittelpunkt des schulischen Geschehens standen, rückte für die Pädagogen in den letzten Jahren immer mehr die Erziehung der Schüler in den Vordergrund. Wenn Lehrer erst für die notwendige Arbeitsatmosphäre sorgen müssen, geht auf Dauer viel Unterrichtszeit verloren. Endlose Diskussionen über Sinn und Unsinn bestimmter pädagogischer Maßnahmen lenkten von stofflichen Inhal­ten ab und bremsten das selbständige Lernen der Schüler aus.

Während Evaluation allgemein das Gewicht auf den Lernerfolg legt, internationale Vergleichsstudien den Wissensstand der Schüler in Deutsch, Mathematik oder in den Naturwissenschaften untersuchen, Notendurchschnitte der Prüfungsarbeiten mit frühe­ren Jahrgängen verglichen werden, bleiben erzieherische Erfolge der Lehrer – oder auch Fehlschläge – eher unbeachtet. „Bei der Erziehung der Kinder ist Schule aber nach wie vor auf die kontinuierliche Mitarbeit aller Eltern angewiesen“, so der VBE-Sprecher.