Im Internet findet sich zu MAU-Stunden natürlich viel, auch Dokumente, die zu gleich geschildertem Fall und den Äußerungen im Widerspruch stehen, und vor allem veraltete Informationen. Ein VBE-Mitglied wandte sich an mich, da in seinem Kollegium nun eine große Unsicherheit hinsichtlich der aktuell geltenden Rechtslage besteht. Das Mitglied denkt nun, dass aufgrund des Lehrermangels und der zunehmenden Erkrankungen in dieser Jahreszeit in vielen Schulen Krankheitsvertretungen angeordnet werden und zu MAU-Regelungen Fragen entstehen. Sein konkretes Problem: In seiner Schule werden derzeit viele Vertretungsstunden angeordnet, um die Zahl der Unterrichtsausfälle gering zu halten. Einige Lehrkräfte würden gerne Vertretungsstunden, die über die Bagatellgrenze hinausgehen, abrechnen und haben dies gegenüber der Schulleitung angesprochen.
Daraufhin wurde in der letzten GLK hierzu seitens der Schulleitung mündlich geäußert:
• Vertretungsstunden würden mit Stunden, die entfallen, verrechnet.
• Stunden, die als Veranstaltung im Vertretungsplan ausgewiesen sind, wie die Durchführung und Korrektur von Lernstandserhebungen, Workshops bei Schulveranstaltungen …, seien keine zusätzlichen Stunden im Sinne von MAU-Stunden/Vertretungsstunden.
• Die Bagatellgrenze von 3 Stunden, bei vollem Deputat, beziehe sich nicht auf den Monat, sondern sei eine „Berechnung aufs Jahr“, sodass in einem Monat mehr als 3 Stunden als MAU gehalten werden können. Es gebe hierzu eine Neuregelung – seit ein paar Jahren …
Deshalb wende ich mich mit der Bitte an Sie, hierzu im VBE-Magazin einen Beitrag zu veröffentlichen.
Auf Wunsch erhalten Sie auch gerne ein von mir zusammengestelltes Merkblatt „Mehrarbeit“.
Grundsätzlich gilt:
Ab der ersten zusätzlich geleisteten Unterrichtsstunde, die über das persönliche Deputat hinausgeht, liegt Mehrarbeit vor. Dass Lehrerinnen und Lehrer mehr als ihr individuelles Deputat unterrichten, darf im Rahmen der Fürsorgepflicht nicht zur Regel werden. Nach der aktuellen Rechtslage (§ 90 Abs. 2 LBG) darf eine Schulleitung Überstunden nur auf der Grundlage zwingender dienstlicher Gründe anordnen – dies hat sie in jedem Einzelfall zunächst zu prüfen. Zwingende Gründe liegen nur dann vor, wenn folgende Maßnahmen ausgeschöpft oder aus schulorganisatorischen Gründen nicht anwendbar sind:
• Einsatz der Lehrerreserve (KV-Stunden)
• Einsatz im Rahmen des 70-Stunden-Kontingents (GS und Sekundarstufe I)
• Deputatsausgleich (nur nach Genehmigung durch das SSA: Regelstundenmaßausgleich)
• Aufstockung von Teilzeitdeputaten (über das SSA, muss vom RP genehmigt werden)
• Wegfall von ergänzenden Angeboten
• Gruppenzusammenlegung, Stillarbeit unter Aufsicht, Mitversorgung usw.
Sind alle aufgelisteten Vertretungsmöglichkeiten erschöpft, kann nach Absprache mit dem Schulamt der Pflichtunterricht auch teilweise ausfallen – dies gilt bei Einzelfällen ebenso für Ganztagsangebote.
Wird Mehrarbeit dagegen angeordnet, so hat dies schriftlich zu erfolgen und ist auf einem Vertretungsplan zu dokumentieren. Hierbei ist darauf zu achten, die angeordnete Mehrarbeit zunächst nur auf Kolleginnen und Kollegen zu verteilen, die ihre Bereitschaft hierzu signalisieren. Die betroffenen Lehrkräfte sollten ihre MAU-Stunden ebenfalls genau dokumentieren und regelmäßig mit der Schulleitung abgleichen.
Abrechnung von Mehrarbeitsunterrichtstunden
Freizeitausgleich und Vergütung
Die Schulleitungen legen ihre Abrechnun- gen der MAU-Stunden dem Schulamt vor. Dem Bundesverwaltungsgericht zufolge darf die Anordnung von Mehrarbeit nicht erfolgen, um in der Vergangenheit schuldlos nicht abgeleistete Arbeit nachzuholen, beispielsweise um Stunden nachzuarbeiten, die wegen Abwesenheit einer Klasse ausgefallen sind. Ausgefallene Stunden vor der ersten geleisteten MAU-Stunde können nicht als Dienstbefreiung gegengerechnet werden. Ein Arbeitszeitkonto darf nicht geführt werden, es ist nicht vorgesehen, dass in der Monats- oder Jahresbilanz Minusstunden entstehen.
Sofern die sogenannte Bagatellgrenze (siehe unten) überschritten ist, sind MAU-Stunden entweder durch Freizeitausgleich (ausfallende Stunden) abzubauen oder als MAU zu dokumentieren und zu vergüten. Laut Arbeitszeitverordnung hat Freizeitausgleich dabei Vorrang vor Vergütung. Nach Möglichkeit sollte der Freizeitausgleich auf Randstunden fallen und entweder zu einem späteren Unterrichtsbeginn oder zu einem früheren Unterrichtsende führen. Einzelne Hohlstunden, die durch unverschuldeten Ausfall entstehen, gelten nicht als Freizeitausgleich. Werden in ausfallenden Stunden andere dienstliche Aufgaben, etwa Fortbildung, Prüfungsaufsicht, Verwaltungstätigkeiten etc., wahrgenommen, ist dies ebenfalls kein Freizeitausgleich. Alle nicht ausgeglichenen und bis zum Schuljahresende beantragten MAU-Stunden sind am Ende des Schuljahres auszuzahlen. Grundsätzlich ist Mehrarbeit zeitnah abzurechnen und zu vergüten. Der Antrag auf Vergütung von MAU-Stunden ist von der betroffenen Lehrkraft zu stellen, das entsprechende Formular ist über die Schulleitung oder das Schulamt zu beziehen.
Bagatellgrenzen und weitere Regelungen
Die sogenannte Bagatellgrenze besteht bei vollzeitbeschäftigten Beamtinnen und Beamten in der Verpflichtung, monatlich ohne Vergütung drei MAU-Stunden abzuleisten. Dieselbe Regelung gilt für vollzeitbeschäftigte Lehrkräfte im Arbeitnehmerverhältnis. Bei teilzeitbeschäftigten Beamtinnen und Beamten berechnet sich die jeweilige Bagatellgrenze individuell:
(Teilzeitdeputat x 3 h) / Regeldeputat = persönliche Bagatellgrenze
Außerdem gelten folgende Regelungen:
• Lehrkräfte im Arbeitnehmerverhältnis müssen aufgrund der Ausschlussfrist spätestens ein halbes Jahr nach Fälligkeit (Schuljahresende) abrechnen.
• Bei vollzeitbeschäftigten Beamtinnen und Beamten sind ab der vierten Stunde alle geleisteten Mehrarbeitsstunden nach der MAU-Pauschale zu vergüten.
• Vollzeitbeschäftigte Lehrkräfte im Arbeitnehmerverhältnis erhalten ab der ersten Stunde für geleistete MAU-Stunden den MAU-Satz.
• Teilzeitbeschäftigte Lehrkräfte im Arbeitnehmerverhältnis erhalten ab der ersten geleisteten MAU-Stunde bis zum vollen Deputat das anteilige Entgelt oder den entsprechenden Freizeitausgleich.
• Bei teilzeitbeschäftigten Beamtinnen und Beamten ist Mehrarbeit anteilig der Besoldung zu vergüten oder in Freizeit auszugleichen.
Die Vergütung ist individuell zu berechnen:
Bruttobezüge / (Faktor 4,348 x Deputat)
Einschränkungen bei der Anordnung von Mehrarbeitsunterricht (MAU)
Bei der Anordnung von Mehrarbeit ist ausdrücklich auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu achten. Schwangere und Lehrerinnen in Stillzeit sind nur in Ausnahmefällen und unter bestimmten Bedingungen zur Mehrarbeit heranzuziehen. Die Schulleitungen wägen hier über die Zumutbarkeit ab und beachten dabei die Regelungen zum Mutterschutz.
Befristet beschäftigte Lehrerinnen und Lehrer dürfen keine Mehrarbeit leisten. Die Anordnung von Mehrarbeit ist darüber hinaus bei Anwärterinnen und Anwärtern untersagt, es sei denn, diese stimmen ausdrücklich zu und das Seminar genehmigt die Mehrarbeit. In diesem Fall kann Mehrarbeit gegen Vergütung stattfinden, wenn das Ausbildungsziel hierbei nicht gefährdet ist – es empfiehlt sich, Mehrarbeit erst nach der Prüfung in Erwägung zu ziehen. Nach der Integrationsvereinbarung sind schwerbehinderte und behinderte Lehrerinnen und Lehrer am GdB 30 auf ihren Wunsch von Mehrarbeit freizustellen.
Mehrarbeit soll zudem bei Teildienstfähigkeit nur mit dem ausdrücklichen Einverständnis der betreffenden Lehrkraft erfolgen. Es ist außerdem untersagt, Pädagogische Assistentinnen und Assistenten als Krankheitsstellvertretung einzusetzen.
Mitbestimmung des Örtlichen Personalrats bei der Anordnung von Mehrarbeitsunterrichtsstunden
Schulleitungen von GHWRGS-Schulen ist es untersagt, bei vorhersehbaren Ausfällen Mehrarbeit ohne Beteiligung des Personalrats anzuordnen. Vorhersehbar ist Mehrarbeit, wenn der Beginn mindestens drei Wochen entfernt liegt. Der Personalrat ist dann vor der Anordnung zu informieren und muss dieser Maßnahme zustimmen. Die Schulleitung meldet zunächst dem SSA per Formular den Ausfall und den Umfang der Mehrarbeit. Das SSA bindet den ÖPR durch eine schriftliche Information ein. Der ÖPR prüft und berät sodann die vorgesehenen Maßnahmen und teilt dem SSA seine diesbezügliche Entscheidung mit. Dass SSA übermittelt die Entscheidung wiederum an die Schulen. Lehnt der ÖPR die Maßnahmen ab, muss die Schulleitung eine Alternative aufzeigen und das Verfahren noch mal durchlaufen. Unvorhersehbare Fälle (bis zu drei Wochen), etwa bei plötzlichem Vertretungsbedarf nach einer Erkrankung, unterliegen nicht der Mitbestimmung des ÖPR.
Hoffentlich habe ich ein klein wenig für„Erleuchtung“ gesorgt und konnte Ihnen weiterhelfen! Da ich selbst Schulleiter bin, weiß ich natürlich auch um die Nöte von Schulleitungen und den Druck der Kolleginnen und Kollegen, aber auch den Druck der Eltern, wenn Unterricht ausfällt, und doch müssen wir uns an die rechtlichen Vorgaben halten. Für die Situation an den Schulen können wir – die wir vor Ort arbeiten – nichts. Das Land BW kommt an dieser Stelle seiner Aufgabe nicht nach, für genug Personal an den Schulen zu sorgen. Es kann nicht die Aufgabe von Lehrkräften und Schulleitungen sein, diesen Mangel zu verwalten und ständig einzuspringen.
Mein Tipp, gehen Sie im Gespräch mit Ihrer Schulleitung diplomatisch vor und versuchen Sie, auch die andere Perspektive einzunehmen, dann wird das Gespräch in die richtige Richtung gehen.
Walter Beyer, stellv. VBE-Landesvorsitzender