Kompromiss in der Einkommensrunde 2021 – Ergebnisse und Bewertung

Einkommensrunde 2021

Zuoberst ist zu nennen, dass die Eingruppierung für manche Berufsgruppen unangetastet bleibt. Die von der TdL (Tarifgemeinschaft deutscher Länder) massiv geforderten Verschlechterungen werden nicht kommen. Verhandlungsführer Ulrich Silberbach (dbb): „Die Arbeitgeber haben bis zum Schluss darauf beharrt, über den sog. Arbeitsvorgang die Eingruppierung der Beschäftigten zu verschlechtern. Und wir haben bis zum Ende unmissverständlich deutlich gemacht, dass wir einen Griff ins Portemonnaie unserer Kolleginnen und Kollegen nicht zulassen werden.“ Danach jedoch hat sich die TdL kaum mehr auf konstruktive Verhandlungen und notwendige Verbesserungen eingelassen. Allein im Bereich des Gesundheitswesens gab es einige Verbesserungen. Dass es bundesweit auch ein Problem im Bildungsbereich gibt, blendet die TdL einfach aus.

Die Ergebnisse im Detail
  • Eine abgaben- und steuerfreie Corona-Sonderzahlung spätestens mit dem Entgelt im März 22 in Höhe von 1300 Euro (Teilzeitkräfte anteilig)
  • Entgelterhöhungen zum 1. Dezember 2022 von 2,8 %
  • Laufzeit 24 Monate (bis 30. Sept. 2023)
  • Erhöhung der Entgelte für Auszubildende
  • Erhöhungen der Zulagen im Krankenhausbereich
Kritische Wertung vom dbb-Vorsitzenden Silberbach

„Für dieses Ergebnis haben wir bundesweit  -stets coronagerecht- demonstriert und in Potsdam hart verhandelt. Das was jetzt vorliegt, war in der besonderen Situation, in der wir uns Ende November 2021 befinden, das maximal Machbare. Unsere Kolleginnen und Kollegen hätten sicherlich mehr verdient gehabt und für einen konkurrenzfähigen öffentlichen Dienst braucht es auch mehr. Wir wissen das. Die Bürgerinnen und Bürger wissen das. Und in Sonntagsreden wird das auch jeder Ministerpräsidentin und jeder Ministerpräsident bestätigen. Aber die TdL ist eine Ansammlung von Sparkommissaren. Die hatten sich zum Ziel gesetzt, den beschäftigten in dieser Runde sogar noch ins Portemonnaie zu greifen. Das haben wir verhindert.“

Absolute Sondersituation

Die Bundestarifkommission (BTK) hat ausführlich über Tarifpolitik in Zeiten der Pandemie diskutiert, auch schon im Vorfeld der Warnstreikaktionen. Jede Aktion wurde sorgfältig wegen Corona abgewogen, ob gestreikt und demonstriert werden soll. Die Annahme dieses Tarifkompromisses ist auch der derzeitigen Corona-Notlage geschuldet, es wurde auf längere Auseinandersetzungen und erneute Streiks verzichtet, was angesichts des jetzt vorliegenden Ergebnisses eigentlich fällig gewesen wäre. 

An dieser Stelle auch ein großes Dankeschön denen, die trotz allem am 23. November 2021 zum Warnstreik nach Stuttgart gekommen sind.

Bewertung der einzelnen Ergebnisse
  1. Corona-Sonderzahlung

Dass eine steuer- und abgabenfreie hohe Sonderzahlung vereinbart wurde ist ein großer Erfolg, der prozentual gesehen den unteren Lohngruppen besonders zu Gute kommt. Es ist eine Anerkennung für die ungeheure Mehrbelastung, die in allen Berufszweigen geleistet wurde.

  1. Gehaltserhöhung

Eine Gehaltserhöhung von 2,8% erst zum 1. Dezember 2022 ist ein Schlag ins Gesicht der Beschäftigten, besonders wenn man die derzeit sehr hohe Inflationsrate im Verhältnis sieht. Das bedeutet letztlich ein erheblicher Reallohnverlust. Lediglich die Corona-Sonderzahlung sorgt hier für einen gewissen Ausgleich: Bei den unteren Gehaltsgruppen sind das ein zusätzliches Extra von ca. 6% einmaliger/einjähriger Lohnerhöhung, bei E 13 von ca. 3%. Allerdings sind es eben nur Einmalzahlungen, die bei zukünftigen Gehaltsentwicklungen keine Rolle spielen. Unser zukünftiges Lohnniveau wird bei diesem Tarifergebnis also hinter der Preisentwicklung hinterher hinken.

  1. Angleichungszulage und Paralleltabelle

Die TdL wollte ja mit aller Macht bei den Eingruppierungen (Stichwort Arbeitsvorgang) Verschlechterungen für viele Berufsgruppen erreichen. Hier haben die Gewerkschaften keinen Deut nachgegeben. Im Gegenzug aber waren die Arbeitgeber auch nicht bereit, über eine Erhöhung der Angleichungszulage  und somit einen weiteren Schritt in Richtung der Vollendung der Paralleltabelle zu verhandeln.  Auch sonstige strukturelle Forderungen wie die stufengleiche Höhergruppierung, hatten in dieser Situation keine Chance auf Realisierung.

  1. Laufzeit

Die Laufzeit des Tarifvertrages von 24 Monaten bis Ende September 23 ist ebenfalls ein noch tragbarer Kompromiss. Das heißt ab Oktober 2023 sind weitere Tarifforderungen  für das Kalenderjahr 23 möglich.

  1. Besoldung und Versorgung

Es wurde den Gewerkschaften zugesichert, das Tarifergebnis zeit- und inhaltsgleich auf die Beamtinnen und Beamten und die Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger zu übertragen. Darüber wird dann der Landtag hoffentlich wie zugesagt positiv entscheiden.

Fazit

Angesichts der sehr schwierigen Gesamtumstände ist der erzielte Kompromiss gerade noch zu rechtfertigen, wenn auch als enttäuschend zu werten. Mehr war nicht erreichbar. Es wurde uns in diesen Krisenzeiten ein hoher Tribut abverlangt. Dass diesmal der am extremsten belastete Gesundheitsbereich etwas mehr vom “Tarifkuchen“ abbekommen hat, ist angesichts des akuten Pflegenotstandes nachvollziehbar. Der dbb/VBE muss im Vorfeld und bei der  nächsten Tarifrunde im Herbst 23 wieder mit aller Macht das Erreichen der vollständigen Paralleltabelle und die Weiterentwicklung der Lehrkräfteentgeltordnung einfordern.  

Bernhard Rimmele

Referatsleiter Arbeitnehmer im VBE Baden-Württemberg