Deutschlands Schulen können von einer zeitgemäßen IT-Ausstattung nur träumen. Dennoch nutzen neun von zehn Lehrern das Internet im Unterricht. Die Kenntnisse dafür haben sich die Lehrer vor allem privat angeeignet. Das ergibt eine Repräsentativbefragung von Lehrern, die der VBE bei forsa in Auftrag gab. Befragt wurden dafür bundesweit und in Baden-Württemberg Lehrkräfte von der Grundschule bis zur berufsbildenden Schule. Eine vergleichbare Lehrerumfrage gibt es bisher nicht. VBE Landesvorsitzender Gerhard Brand stellte heute in Stuttgart die Ergebnisse vor.
„Die IT-Ausstattung der Schulen ist mittelalterlich“, kritisierte Gerhard Brand. „Wer digitales Lernen in den Schulen ernsthaft installieren will, muss eine zeitgemäße Ausstattung aller Schulen, von der Grundschule bis zu den berufsbildenden Schulen, sichern. Und das ist allein in Verantwortung der Dienstherren und Schulträger zu realisieren.“ Schulen seien weit davon entfernt, dass der PC für Lehrkräfte zum alltäglichen persönlichen Arbeitsgerät am Arbeitsplatz Schule zähle. PCs ständen in der Regel als Einzelexemplar im Lehrerzimmer, bei der Schulleitung oder im Computerkabinett. „22 Prozent (15 Prozent) aller befragten Lehrer bundesweit (in Baden-Württemberg) haben nicht einmal Zugang zu einem solchen PC. Von den befragten Grundschullehrkräften haben 27 Prozent keinerlei Zugang zu einem Dienst-PC“, sagte Brand. Insbesondere die Grundschulen seien abgehängt, auch auf diesem zukunftsträchtigen Feld.“ Ein schnelles Internet würden nur 59 Prozent der befragten Grundschullehrkräfte für ihre Schule angeben. Den Zugang an der Grundschule zu einer geschützten Online-Plattform für Unterricht, Hausaufgaben oder Elternkontakte bestätigte nur ein knappes Drittel, während bundesweit 42 Prozent der Befragten (in Baden-Württemberg 40 Prozent) den Zugang bestätigen würden.
Als „Skandal“ bezeichnete Gerhard Brand, dass im Bundesdurchschnitt nur 57 Prozent der befragten Lehrer (ebenso 57 Prozent der befragten Lehrer in Baden-Württemberg) das Vorhandensein einer geschützten dienstlichen E-Mail-Adresse bestätigen. Sogar ein Viertel der befragten Schulleitungsmitglieder muss ohne geschützte Dienst-E-Mail-Adresse auskommen. „Das, was hier passiert, ist nichts anderes als eine Ermunterung der Schulen durch die Verantwortlichen von Land und Schulträgern zu einem fahrlässigen Umgang mit Daten“, so Brand. „Im beruflichen Alltag fallen eine Vielzahl zu schützender Daten über Schüler und deren Lernsituation sowie über interne Arbeitsprozesse in der Schule an. Auch Schulämter, Schulverwaltungen, Ministerien fragen regelmäßig Daten ab, die vor Missbrauch unbedingt zu schützen sind. Der VBE fordert geschützte dienstliche E-Mail-Adressen für jeden Lehrer, damit das Gebot des Datenschutzes garantiert wird. Und wir fordern den Schutz von Persönlichkeitsrechten.“
Brand stellte weiter fest: „Nicht nur die IT-Ausstattung ist mangelhaft, sondern überdies wird die technische Betreuung der Schule selbst überlassen. 71 Prozent geben an, dass sich einzelne Fachlehrer um die Wartung kümmern.“ Als Privatangelegenheit werde offenbar vom Dienstherrn auch die Aneignung von Kenntnissen für IT-gestützten Unterricht behandelt, erklärte Brand. „Lehrerfortbildung als Fehlanzeige!“ Neun von zehn der befragten Lehrer haben sich überwiegend auf privatem Wege Kenntnisse angeeignet, jeder dritte auch mit Hilfe von Kollegen. „Die digitale Schule wird vom Dienstherrn als Privatangelegenheit auf die Lehrer abgeschoben“, alarmiert Brand. „Auch das ist Rotstiftpolitik auf dem Rücken der Lehrkräfte. In der Lehrerarbeitszeit ist dafür kein Zeitfenster vorgesehen.“
Brand zieht sein Fazit aus der forsa-Umfrage: „Lehrkräfte machen aus den unterbelichteten IT-Verhältnissen an ihrer Schule das Beste, um ihren Schülern IT-Bildung so gut wie eben möglich zu vermitteln. Von digitaler Verweigerung kann keine Rede sein. Es muss endlich Schluss damit sein, das Thema IT als Privatvergnügen der Lehrer anzusehen. Die zuständige Politik muss das Geld für die digitale Aufrüstung der Schulen bereitstellen und darf sich nicht auf Appelle zum Sponsoring zurückziehen.“