VBE appelliert: Schüler müssen mehr Muße für die Musen haben. MINT-Fächer und Sprachen sind wichtig, aber nicht alles.

Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg warnt davor, die Arbeit der Schulen nur noch unter dem Aspekt der „Verwertbarkeit“ des Gelern­ten für Studium und Arbeitswelt zu sehen. „In den Schulen geht es in erster Linie um eine umfassende nachhaltige Allgemeinbildung der jungen Menschen. Und da gehören die schönen Künste genauso dazu wie die Naturwissenschaften“, mahnt der VBE-Sprecher an.

Nicht nur G8-Gymnasiasten leiden unter einem zu großen Arbeitsdruck, auch an ande­ren Schularten haben Schüler gegen die Zeit anzukämpfen. „Bildungsstandards, Leis­tungstests und Vergleichsarbeiten haben zwar ihre Berechtigung; viel wichtiger ist je­doch, in welcher Atmosphäre an den Schulen gelehrt und gelernt werden kann“, sagt der VBE-Sprecher. Dabei gehe es nicht um ein „In-Watte-packen“ der Schüler, also um ver­meintliche „Kuschelpädagogik“, sondern um ein angenehmes Lernklima an der Schule, das vom Elternhaus positiv begleitet werde. Ständiger Druck – verbunden mit Zukunfts­ängsten – lähme das Denken und bremse Leistung aus, denn zum Lernen benötige man Ruhe und Zeit. Zeitdruck in der Schule sei Gift fürs Lernen. „Ein Buch zu lesen, es durchzuarbeiten und sich darüber auszutauschen, erfordert Zeit, viel Zeit“, so der VBE-Sprecher. Man brauche Zeit für Museums-, Theater- und Konzertbesuche sowie Zeit für eigenständiges künstlerisches Schaffen der Schüler. Der gesamte literarisch-musisch-ästhetische Bereich schreie geradezu nach einer „Entschleunigung“.

„Wenn pädagogisch wertvolle Schulveranstaltungen wie Klassenfeste, Lerngänge, Musical-Projekte an der Schule, Theater- und Konzertaufführungen nicht mehr als Be­reicherung des Schulalltags, sondern als `Störung´ bei der Hetzjagd nach einer optima­len Beurteilung empfunden werden, spricht das nicht für die Gesellschaft“, kritisiert der VBE-Sprecher. Die Wertigkeit der Schule dürfe nicht an abfragbarem Faktenwissen, an Abhaklisten im Rahmen einer computergestützten Evaluation und an „pisatauglichen“ Fächern festgemacht werden. Den Wert eines Schülers lediglich über dessen Verwert­barkeit für das Arbeitsleben zu definieren, sei töricht.

Dem VBE sei es ein Anliegen, dass Schüler und Lehrer auch in der Schule wieder mehr Muße für die Musen haben. So wichtig Sprachen, Mathematik, Naturwissenschaf­ten und Technik auch seien, eine Gesellschaft, die keine Zeit mehr für schöne Künste investiere, sei eine arme Gesellschaft, versichert der VBE-Sprecher.