Die Ständige Wissenschaftliche Kommission (SWK) der Kultusministerkonferenz (KMK) hat heute ihre Empfehlungen zum Umgang mit dem akuten Lehrkräftemangel vorgelegt. Der VBE-Landesvorsitzende Gerhard Brand kritisiert die empfohlenen Maßnahmen scharf: „Wenn den Verantwortlichen sonst nichts mehr einfällt, dann ist das der Offenbarungseid der Bildungspolitik“.
„Mit diesen Maßnahmen wird das Versagen der Politik auf dem Rücken der Lehrkräfte ausgetragen. Allen Lehrerinnen und Lehrern, die seit Monaten und Jahren bis an die Grenzen der Belastbarkeit und darüber hinaus arbeiten, wird jede Hoffnung auf Besserung geraubt. Größere Klassen, mehr und länger unterrichten, an andere Orte abgeordnet werden: So stellt die KMK sich die Lösung des Lehrkräftemangels vor. Dem erteilen wir eine klare Absage!“, so der VBE-Chef.
Besonders kritisch sieht Brand die Vorschläge, die in die individuelle Entscheidungsfreiheit der Lehrkräfte eingreifen:
„Wenn die Hürden, um in Teilzeit arbeiten zu können, deutlich erhöht werden, zeigt sich die absolute Hilflosigkeit der Institutionen. Auch außerhalb von Phasen, in denen man Angehörige pflegt oder selbst aufgrund von Krankheit nicht voll leistungsfähig ist, gibt es genügend Gründe, nicht mit vollem Stundendeputat zu arbeiten. Allem voran ist es die enorme Arbeitsbelastung, welche dazu führt, nicht in Vollzeit arbeiten gehen zu können. Werden Menschen nun dazu gezwungen, müssen wir damit rechnen, dass wir aufgrund von Überforderung in eine beispiellose Krankheitswelle steuern werden, die den Zustand nur verschlimmern wird.“
Nicht zuletzt zeigt sich Brand erstaunt über die Empfehlungen zum Hybridunterricht:
„Einerseits wird die Rolle der Lehrkraft betont, auf der anderen Seite sollen größere Klassen möglich, die Selbstlernzeiten erhöht und Formen des Hybridunterrichts eingesetzt werden. Wie im Gutachten herausgestellt wird, sind dies sehr anspruchsvolle Lernsettings. Den größten Lehrkräftemangel haben wir in Grundschulen und in Schulen in herausfordernden sozialen Lagen. Es ist ein Irrglaube, die Beziehungsebene zur Lehrkraft durch eine Videoleinwand ersetzen zu können. Es ist ebenso ein Irrglaube zu denken, dass Schülerinnen und Schüler ohne Anwesenheit der Lehrkraft brav auf ihren Stühlen sitzen und auf Beschulung warten. Das ist Traumtänzerei und eine Vorstellung aus dem Märchenland der Bildungsromantik.“
Die SWK legt zwar auch Maßnahmen zur Entlastung vor, aber der VBE-Landesvorsitzende äußert sich skeptisch, inwieweit diese umgesetzt werden: „Wenn man wollte, gäbe es längst Entlastung. Aber wir wissen, wie es in der Realität läuft: Die Belastungen für Lehrkräfte werden hingenommen, die Entlastungen können nicht umgesetzt werden. Statt das Berufsfeld endlich attraktiver zu gestalten, werden die Bedingungen zulasten der Beschäftigten verändert.“
Brands Fazit zu den Maßnahmen:
„Die Politik muss sich entscheiden: Soll der Lehrkräftemangel ernsthaft angegangen werden? Dann braucht es eine deutliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen, die Möglichkeit, an Fortbildungen teilzunehmen und eine spürbare Entlastung von Verwaltungsaufgaben. Oder die Politik setzt weiter auf das Kaschieren ihrer Fehlleistungen, indem die sowieso schon am Limit gehenden Kollegien jetzt noch mehr und länger arbeiten sollen. Das wird wie ein Katalysator für eine weitere Verschlechterung der Personaldecke sorgen.“