Eine Erhebung der Unterrichtssituation in Baden-Württemberg hat teils erschreckende Mängel in der Lehrerversorgung aufgezeigt. Nach den Angaben des Kultusministeriums können über alle Schulen hinweg 11,1 Prozent der Unterrichtsstunden nicht regulär stattfinden.
Dazu erklärt der VBE-Landesvorsitzende Gerhard Brand: „Erst letzte Woche hat die Landesregierung die Leistungen der Lehrkräfte und die Unterrichtsqualität in Mathematik scharf kritisiert. Unterricht kann aber nur erfolgreich sein, wenn er stattfindet. Wenn jedoch jede zehnte Unterrichtsstunde ausfällt oder vertreten werden muss, dann brauchen wir uns über schlechte Ergebnisse in den Lernstandserhebungen nicht zu wundern. Es wird ein Schuh draus, wenn man zuerst dafür sorgt, dass der Unterricht regulär stattfinden kann, bevor man von eigenen Versäumnissen ablenkt und Missstände auf die Kolleginnen und Kollegen abwälzt.“
Brand weiter: „Die prekäre Unterrichtssituation gefährdet nicht nur die Unterrichtsqualität, sondern auch die Gesundheit der Lehrkräfte. Diese müssen durch eine höhere Arbeitslast den verdeckten Personalmangel der Schulen kaschieren. Um Ausfälle und Fehlzeiten durch Krankheiten, Schwangerschaften oder Fortbildungen kompensieren zu können, müssten eigentlich alle Schulen mit einer Krankheitsreserve von 10 bis 20 Prozent ins Schuljahr gehen. Wie eine VBE-Umfrage zu Beginn des Schuljahres aufgezeigt hat, starten in Wirklichkeit aber viele Schulen mit Personallücken von 10 bis 20 Prozent ins Schuljahr. Oder mit noch größeren, wie am Beispiel der SBBZ zu sehen ist.“
Brand abschließend: „Der VBE spricht sich daher für eine deutliche Aufstockung der Krankheitsreserve und eine Versorgung der Schulen mit mindestens 110 Prozent aus. Um dies zu erreichen, fordern wir einen weiteren Ausbau der Studienkapazitäten, insbesondere in der Sonderpädagogik. Gleichzeitig fordern wir mehr Wertschätzung für die an Schulen geleistete Arbeit, die gleiche Bezahlung aller Lehrkräfte nach A 13 sowie eine spürbare Erhöhung des allgemeinen Entlastungskontingents.“
Hintergrund
Eine Vollerhebung der Unterrichtssituation im November 2024 hat deutliche Mängel in der Unterrichtsversorgung aufgezeigt. Nach Auswertung des IBBW konnten in der untersuchten Stichwoche über alle Schularten hinweg 11,1 % der Unterrichtsstunden nicht regulär stattfinden. Bei der letzten Untersuchung im Jahr 2019 lag dieser Wert bei 9,3 %. Der Unterrichtsausfall beläuft sich aktuell auf 4,3 % der Pflichtstunden, 2019 lag der Wert bei 3,3 %. Die Vertretungsquote liegt in der aktuellen Erhebung bei 6,8 % (2019: 6,0 %). Somit werden insgesamt rund 68 % der nicht planmäßig gehaltenen Unterrichtsstunden in Form von Vertretungsunterricht erteilt. Vertretungen werden vor allem durch Mehrarbeitsunterricht (25,5 %) sowie Gruppen- und Klassenzusammenlegungen (21,4 %) und nur zu 18,9 % über die Lehrerreserve (einschließlich Vertretungslehrkräfte) geleistet.