Mehrere hundert Beschäftigte aus allen Bereichen des öffentlichen Dienstes in Baden-Württemberg haben heute an einer Kundgebung im Stuttgarter Schlossgarten teilgenommen. Lautstark forderten sie die Arbeitgeberseite auf, die laufenden Tarifverhandlungen nicht länger zu blockieren. In den beiden ersten Verhandlungsrunden gab es von Arbeitgeberseite aus kein Angbot. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) steht vollumfänglich hinter den Forderungen der öffentlich Beschäftigten.
Der Unmut der Beschäftigten ist groß, denn die Arbeitgeber im öffentlichen Dienst der Länder haben bisher kein Tarifangebot vorgelegt und wollen Verschlechterungen bei der Eingruppierung durchsetzen. Vor der dritten Verhandlungsrunde haben die Beschäftigten den Druck auf die Arbeitgeberseite mit bundesweiten Warnstreiks und Demonstrationen erhöht.
Zu der Kundgebung im Oberen Schlossgarten, zu der auch zahlreiche Beamtinnen und Beamte in ihrer Mittagspause gekommen waren, hatten der BBW-Beamtenbund Tarifunion im Schulterschluss mit dem dbb beamtenbund und tarifunion aufgerufen. Pandemiebedingt haben die Veranstalter auf einen Protestzug durch die Stuttgarter Innenstadt verzichtet und auch den Teilnehmerkreis an der Kundgebung bewusst kleiner gehalten.
Der Vorsitzende des BBW-Beamtenbund Baden-Württemberg Kai Rosenberger appellierte an die Arbeitgeber: „Wenn die TdL auch weiterhin Schulen betreiben möchte, für die innere Sicherheit sorgen will, das Pflege- und Gesundheitswesen und überhaupt die gesamte öffentliche Verwaltung am Laufen halten will, muss sie endlich begreifen, dass gutes Personal nicht als teuerster Kostenfaktor gesehen werden darf, sondern als wertvollste Ressource, die eine öffentliche Verwaltung haben kann!“
TdL-Verhandlungsführer Reinhold Hilbers warf er vor, die Wünsche der übrigen Bundesländer nach Fachkräften für den öffentlichen Dienst zu negieren. „Scheinbar ist er bereit, den Karren noch während der Pandemie an die Wand zu fahren. Sollte auch die dritte Verhandlungsrunde scheitern, werden wir die Verwaltungen flächendeckend lahmlegen.“
„Respekt bedeutet: Finger weg vom Arbeitsvorgang und ein verhandelbares Tarifangebot“
Der stellvertretende dbb Bundesvorsitzende und Fachvorstand Tarifpolitik des dbb Volker Geyer kritisierte die Haltung der TdL scharf: „In Hessen haben sich die Arbeitgeber mit konkreten Vorschlägen um einen Tarifkompromiss bemüht. Die TdL verharrt dagegen in ihrer Wagenburg und zeigt sich im Grunde verhandlungsunwillig.“ Zudem knüpften die Arbeitgeber einen möglichen Verhandlungserfolg an eine Neubewertung des so genannten Arbeitsvorgangs, der die Grundlage für die Eingruppierung der Beschäftigten in die Entgelttabellen bildet. „Wer mit dem Vorsatz in Tarifverhandlungen geht, die Eingruppierung verschlechtern und den Beschäftigten an den Geldbeutel zu wollen, der will den öffentlichen Dienst nicht attraktiver und zukunftsfähiger gestalten.“
Die Kolleginnen und Kollegen erwarteten angesichts der derzeitigen wirtschaftlichen Situation der öffentlichen Haushalte kein Tarifwunder. „Aber sie erwarten Respekt für ihre Arbeit, die sie auch unter Pandemiebedingungen verlässlich erledigt haben, und das zum Teil über alle Belastungsgrenzen hinaus. Und Respekt bedeutet in diesem konkreten Fall: Finger weg vom Arbeitsvorgang und ein verhandelbares Tarifangebot!“
Einkommensrunde Länder 2021 – Hintergrund
Die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes fordern für die Beschäftigten der Länder unter anderem eine Erhöhung der Tabellenentgelte der Beschäftigten um 5 Prozent, mindestens um 150 Euro monatlich (im Gesundheitswesen mindestens 300 Euro) sowie eine Erhöhung der Azubi-/Studierenden/Praktikantinnen/Praktikanten-Entgelte um 100 Euro. Von den Verhandlungen betroffen sind etwa 3,5 Millionen Beschäftigte: Direkt ca. 1,1 Millionen Tarifbeschäftigte der Bundesländer (außer Hessen), indirekt ca. 1,4 Millionen Beamtinnen und Beamte der entsprechenden Länder und Kommunen sowie rund eine Million Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger. Die dritte Verhandlungsrunde findet am 27./28. November 2021 in Potsdam statt.