Im September fand ein Gespräch zwischen dem Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg und dem Kultusministerium in Stuttgart statt. Für den VBE nahmen Frau Susanne Sargk, Landesreferatsleiterin Kita, und Herr Walter Beyer, stellvertretender Landesvorsitzender, teil. Von Seiten des Kultusministeriums waren Frau Ilse Petilliot-Becker, Referatsleiterin Grundschulen, frühkindliche Bildung und Erziehung Kultusministerium, und Herr Volker Schebesta, Staatssekretär des Ministeriums, vertreten. Zentrale Inhalte des Gesprächs waren Kindertageseinrichtungen und die aktuellen Rahmenbedingungen, der Arbeits- und Gesundheitsschutz und die Sprachförderung.
In Bezug auf Corona und den Arbeits- und Gesundheitsschutz wollte der VBE wissen, welche Änderungen und Vorgaben es für das neue Kindergartenjahr gibt. Herr Schebesta verwies dabei auf die Corona Verordnung Absonderung, die sich u.a. auf eine englische Studie stützt. Kinder müssen bei einem Infektionsanfall in der Gruppe nicht grundsätzlich in Quarantäne.
Kitas sind durch die Corona-Pandemie mit einem hohen Verwaltungs- und Dokumentationsaufwand belastet. Frau Sargk führte in diesem Zusammenhang aus, dass Alltagshelfer bzw. Assistenzkräfte zur Bewältigung der zusätzlichen Aufgaben eine große Unterstützung für die Kitas wären. Dies müssen keine ausgebildeten Fachkräfte sein, aber Personen, die die erforderlichen Hygienemaßnahmen durchführen und überwachen, beispielsweise Handläufe und Türklinken desinfizieren, und die Testungen durchführen könnten. Dies wäre eine wichtige Hilfe unter Berücksichtigung der vorherrschenden Personalknappheit in den Einrichtungen.
Kita-Landesreferat des VBE hakt nach beim Thema Sprachförderung
Auch das Thema der Sprachförderung in Kitas wurde angesprochen. Herr Beyer plädierte für eine fest verankerte Sprachförderung im Kita-Bereich, momentan sind dies Programme, die jedes Jahr neu beantragt werden müssen, was äußerst aufwendig ist. Sprachförderung ist ein wichtiger Bestandteil in der frühkindlichen Bildung – für alle Kinder und diejenigen mit besonderen Bedarfen. Frau Petilliot-Becker führte an, dass mit der Qualifizierungsmaßnahme die Standardisierung der Sprachförderung, die wissenschaftlich evaluiert und weiterentwickelt wurde, das Ziel war und ist.
Zur Umsetzung des Landesprogramms “Kompetenzen verlässlich voranbringen“ (Kolibri) bietet das Land Baden-Württemberg für die Maßnahme „Intensive Sprachförderung plus“ ab dem Jahr 2021 Fortbildungskurse für Sprachförderkräfte in Kindertageseinrichtungen an. Die Überregionale Arbeitsstelle Frühkindliche Bildung koordiniert im Auftrag des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg Fortbildungsmaßnahmen für Sprachförderkräfte und vergibt in Abstimmung mit dem Kultusministerium entsprechende Aufträge zur Durchführung von Fortbildungskursen nach dem Konzept „Mit Kindern im Gespräch“. Das Fortbildungsprogramm für Sprachförderkräfte umfasst insgesamt zehn Module mit jeweils sechs Zeit- bzw. acht Unterrichtsstunden á 45 Minuten zuzüglich Pausen innerhalb von 18 Monaten. (https://rp.baden-wuerttemberg.de/gesellschaft/schule-und-bildung/vorschulische-bildung/fruehkindliche-bildung/koordinierungsstelle-mikig/). Derzeit nehmen 14 Gruppen mit jeweils ca. 25 Teilnehmerinnen und Teilnehmern landesweit teil.
Bei der Beantragung der Sprachfördermaßnahme lässt sich eine hohe Kontinuität der teilnehmenden Kitas beobachten, allerdings ist dies aufgrund der Pandemie derzeit schwer zu evaluieren. „Sprachbildung sollte im frühkindlichen Bereich einen hohen Stellenwert haben, den wir mit welchen Mitteln auch immer unterstützen“, sagte Frau Sargk und merkte ebenso an, dass ein Regelangebot im Bereich der Sprachförderung Vieles erleichtern würde. Dadurch würde zum Beispiel die Qualität beibehalten werden und die Anträge müssten nicht jährlich neu gestellt werden. Befristete Arbeitsverträge hinsichtlich Sprachförderkräften würden wegfallen. Herr Schebesta sieht dabei allerdings die Problematik, dass eine zusätzliche Sprachförderstelle im Gesamtpersonalschlüssel untergehe. Das Land will Kinder fördern, keine Einrichtungen, deshalb muss der konkrete Sprachförderbedarf jährlich berücksichtigt werden. Die Gruppenzusammensetzung kann sich von Jahr zu Jahr ändern, es braucht eine verlässliche Grundlage, welche Kinder eine zusätzliche Sprachförderung benötigen.
Kita-Landereferat fragte auch bezüglich Inklusion nach
Für den VBE war sehr interessant zu erfahren, dass das Forum Frühkindliche Bildung (FFB) den Modellversuch „Inklusion“ begleitet und an der Weiterentwicklung des Orientierungsplans arbeitet. Der VBE hat großes Interesse daran, dass der Orientierungsplan überarbeitet, an die neuen Realitäten angepasst und verbindlich wird. Dazu braucht es gute Rahmenbedingungen, wie etwa personelle Ausstattung und multiprofessionelle Teams. Weiterqualifizierung sollte zukünftig bei der Vergütung eine größere Rolle spielen. Ein häufiger Personalwechsel in den Einrichtungen liegt oft an der Ausstattung und/oder an der Bezahlung.
Ein weiteres Thema des Gesprächs war der Fachkräftemangel in den Kindertageseinrichtungen. „Die Situation ist bekannt“, sagte Herr Schebesta und betonte die Wichtigkeit weiterer Fachkräfte. Baden-Württemberg versucht prioritär, zusätzliche Fachkräfte zu gewinnen. Gerade das PiA-Modell wird gut angenommen und es ist eine Steigerung bei den Ausbildungsplätzen im Vergleich zu den letzten Jahren zu beobachten. Dennoch ist der Bedarf an Fachkräften nach wie vor hoch. Dabei liegt es auch an den Trägern, ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Aufstiegs- und Weiterentwicklungschancen zu ermöglichen. „Im Austausch mit Erzieherinnen und Erziehern bekommen wir oft die Rückmeldung, dass es vor allem gilt, die Rahmenbedingungen zu verbessern“, merkte Walter Beyer an. Es braucht bessere Arbeitsbedingungen, da die Herausforderungen in den letzten Jahren zugenommen haben, wie zum Beispiel fordernde Eltern, zunehmend Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten, wachsender Anspruch hinsichtlich Bildungsaspekten und Lärmbelastung. Es herrscht eine hohe Personalfluktuation, es ist schwierig, neue Leute zu gewinnen.
Im Hinblick auf die Pandemie sieht der VBE den Einsatz von Alltagshelfern in den Kitas als wichtiges Element zur Entlastung. Der Personalschlüssel in Baden-Württemberg ist im Vergleich zu anderen Bundesländern aus Sicht des Staatssekretärs auf einem hohen Niveau. Die Anforderungen sind sicherlich in allen Berufssparten gestiegen, aber es fällt im Lehrer- und Erzieherberuf direkt auf. Pädagogische Berufe haben bei uns nicht den Stellenwert wie beispielsweise in Finnland, es könnte mehr am gesellschaftlichen Ansehen dieser Berufe gearbeitet werden. Dazu gehört für den VBE die Betonung der positiven Aspekte bei der Arbeit mit Kindern. Herausforderungen gibt es immer, denen muss man sich stellen, beispielsweise mit Schulsozialarbeit in den Schulen, und Familienberatung in den Kitas. In Baden-Württemberg gibt es bereits Modelle, in denen Familienberatungen in Kitas zusätzlich eingesetzt werden. Die Entwicklung von Kitas zu Familienzentren bekommt durch die landesseitige Förderung einen enormen Schub und bietet gute Perspektiven für die Zukunft. Sie bieten niederschwellige Elternbildungsangebote und haben Lotsenfunktion im Bereich der frühen Hilfen.
Abschließend ist zu sagen, dass für alle von Bedeutung ist, die Qualität in den Kindertagesstätten zu sichern und hochzuhalten. Dies gilt vor allem für den Zeitpunkt nach der Pandemie.
Susanne Sargk, Landesreferatsleiterin Kita; Walter Beyer, Stv. Landesvorsitzender