Reisekosten für Klassenfahrten einfordern

VBE gewinnt vor Gericht; abgesenkte Eingangsbesoldung

Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgericht Leipzig müssen Lehrer für eine Klassenfahrt nicht selbst aufkommen. Bereits mit einer entsprechenden Anfrage setzt das Land die Lehrer unzulässig unter Druck, wie am vergangenen Dienstag das Bundesverwaltungsgericht entschied (Aktenzeichen: 5 C 9.17). Eine solche Anfrage verletze den beamtenrechtlichen Fürsorgegrundsatz. Sollte ein Lehrer nachgeben und sich einverstanden erklären, könne sich das Land später nicht darauf berufen.

Der VBE rät Lehrerinnen und Lehrern, die im Rahmen der Sechsmonatsfrist (gerechnet ab dem Tag nach Beendigung der außerschulischen Veranstaltung) bisher noch keine Reisekosten für außerschulische Veranstaltungen abgerechnet haben, diese in vollem Umfang geltend zu machen. Sollten die Reisekosten nicht in vollem Umfang gewährt werden, sollte gegen diesen Bescheid mit Verweis auf das BVerwG-Urteil vom 23.10.2018 Widerspruch eingelegt werden.

Widerspruch sollte auch gegen bereits eingegangene Reisekostenbescheide für Reisen innerhalb der vergangenen sechs Monate eingelegt werden, auch wenn die Widerspruchsfrist bereits abgelaufen ist. Eine Musterformulierung finden Sie im Downloadbereich auf unserer Homepage.

Anspruch auf Reisekosten prüfen

Ob ein Anspruch auf Nachkostenzahlung von Reisekosten zurückliegender Jahre besteht, muss noch geprüft werden. Die Urteilsbegründung liegt noch nicht vor. Wir werden unsere Mitglieder, sobald neue Informationen vorliegen, entsprechend benachrichtigen.

Der VBE fordert die Landesregierung auf, den Schulen mehr Geld für außerschulische Veranstaltungen wie Klassenfahrten oder Ausflüge zur Verfügung zu stellen. Es darf nicht sein, dass diese aus Geldmangel ausfallen müssen. Zudem fordert der VBE das Land auf, in der Vergangenheit unzulässig gekürzte Reisekosten zu erstatten.


Hintergrund:

Abfrage eines Verzichts auf Reisekosten für eine Klassenfahrt kann gegen den beamtenrechtlichen Fürsorgegrundsatz verstoßen

Die Abfrage der Schulleitung, ob eine Lehrkraft im Falle nicht ausreichender Haushaltsmittel auf eine ihr zustehende Reisekostenvergütung für eine Klassenreise teilweise verzichtet, kann dazu führen, dass sich der Dienstherr auf eine solche Verzichtserklärung nicht berufen kann. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.

Der Kläger, der als beamteter Realschullehrer im Dienst des beklagten Landes stand, hatte im Jahr 2013 bei seiner Schulleitung die Genehmigung einer Abschlussfahrt nach Berlin beantragt. Das dafür verwendete Antragsformular entsprach der Verwaltungsvorschrift des Dienstherrn für außerunterrichtliche Veranstaltungen. Darin wurde u.a. abgefragt, ob die Lehrkraft ganz oder teilweise auf Reisekostenvergütung verzichte. Der Kläger verzichtete teilweise. Nach seiner Rückkehr wurden ihm unter Hinweis auf seine Teilverzichtserklärung statt der beantragten Reisekostenvergütung i.H.v. rund 197,00 € vom Beklagten lediglich 88,00 € bewilligt. Während das nach erfolglosem Widerspruch angerufene Verwaltungsgericht den Beklagten zur Zahlung weiterer Reisekosten in Höhe des Differenzbetrages von rund 109,00 € verurteilt hat, hat der Verwaltungsgerichtshof auf die Berufung des Beklagten das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers hatte Erfolg.

Der Beklagte kann sich nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht auf den Teilverzicht des Klägers auf Reisekostenvergütung berufen. Dabei handelt es sich um eine unzulässige Rechtsausübung. Die entsprechende Abfrage verletzt den beamtenrechtlichen Fürsorgegrundsatz, weil sie die wohlverstandenen Interessen des Klägers nicht in gebührender Weise berücksichtigt. Sie dient der Umsetzung der Verwaltungsvorschrift des Dienstherrn. Danach sind Genehmigungen außerunterrichtlicher Veranstaltungen durch den Schulleiter nur im Rahmen der verfügbaren Mittel möglich, es sei denn, der teilnehmende Lehrer verzichtet vorher ganz oder teilweise auf Reisekostenvergütung. Diese Koppelung zwischen Genehmigung und Verzicht bei – wie im vorliegenden Fall – nicht ausreichenden Haushaltsmitteln für alle im Schuljahr vorgesehenen Veranstaltungen setzte den Kläger einem Konflikt aus. Er musste entweder auf seinen Anspruch auf Reisekostenvergütung (teilweise) verzichten oder verantworten, dass die Abschlussfahrt nicht stattfindet. Dass eine Abschlussfahrt stattfinden sollte, entsprach den von der Gesamtlehrerkonferenz beschlossenen Grundsätzen, an die der Kläger gesetzlich gebunden war. Nach der vom Dienstherrn erlassenen Verwaltungsvorschrift kommt außerunterrichtlichen Veranstaltungen bei der Erfüllung der erzieherischen Aufgaben der Schule besondere Bedeutung zu. Dem Kläger wurde so auch die Verantwortung dafür zugewiesen, ob er eine staatliche Aufgabe unter Verzicht auf seinen ungeschmälerten Anspruch auf Reisekostenvergütung erfüllt. Hinzu kommt, dass der Kläger mit seinem Teilverzicht diese staatliche Aufgabe mit privaten Mitteln finanziert. Dies läuft dem Zweck des Anspruchs auf Reisekostenvergütung zuwider, nach dem der Dienstherr in Erfüllung seiner Fürsorgepflicht seinen Bediensteten notwendige dienstliche Reiseaufwendungen abnehmen soll.

Urteil vom 23. Oktober 2018 – BVerwG 5 C 9.17 –

Vorinstanzen:

VGH Mannheim, 4 S 830/15 – Urteil vom 20. Juli 2016 –

VG Karlsruhe, 9 K 842/14 – Urteil vom 19. Februar 2015 –