VBE: Insgesamt gutes Tarifergebnis erreicht

„Zahllose Demos, eindrucksvolle Streiks, Zehntausende, die unsere Forderung unterstützt haben, und schließlich auch gute Argumente haben die Festung TdL dann doch erstürmt“, bilanzierte dbb Chef Ulrich Silberbach am Ende der Potsdamer Verhandlungen. „Allerdings können wir nicht komplett zufrieden sein. Die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) hat sich bis zum Ende schwergetan, durch konstruktive Tarifpolitik den Landesdienst attraktiver zu gestalten.

Aber: Unter dem Strich haben wir alles versucht und viel für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Ländern erreicht. Mehr Zukunftsgestaltung war mit der TdL nicht machbar. Für uns als dbb ist aber klar, dass die Länder mit dem Potsdamer Abschluss nicht aus der Pflicht sind. Wir erwarten, dass alle Länder das Volumen des Potsdamer Abschlusses zeitgleich und systemgerecht auf die Landesbeamten übertragen“, so dbb Verhandlungsführer Silberbach am Ende der Verhandlungen am 2. März 2019.

Kernpunkte der Ergebnisse im Detail

Entgelterhöhungen

  • Rückwirkend zum 1. Jan. 2019: Gehaltserhöhung im Gesamtvolumen von 3,2 %, inkl. einem Mindestbetrag von 100 €. Dies bedeutet für alle, die den Mindestbetrag von 100 € überschreiten eine lineare Gehaltserhöhung von 3,01%
  • Ab 1. Jan. 2020: weitere Gehaltserhöhung im Gesamtvolumen von 3,2%, inkl. einem Mindestbetrag 90 €. Dies bedeutet für alle, die den Mindestbetrag von 90 € überschreiten ein lineare Gehaltserhöhung von 3,12%.
  • Ab 1. Jan. 2021: weitere Gehaltserhöhung im Gesamtvolumen um 1,4%, inkl. Mindestbetrag von 50 €, dies bedeutet für alle die den Mindestbetrag überschreiten ein lineare Gehaltserhöhung um 1,29%.
  • Darin enthalten sind außerdem größere Erhöhungen der Stufe 1: 4,5% zum 1. Jan. 2019, 4,3% zum 1. Jan. 2020 sowie 1,8% zum 1. Jan. 2021.

Das ergibt unter Einberechnung aller weiterer Faktoren der Tarifeinigung ein Gesamtvolumen von 8%. Die Laufzeit beträgt 33 Monate (bis 30. Sept. 2021).

Erhöhung der Angleichungszulage

Der dbb/VBE hatte bei der Tarifrunde 2015 erreicht, dass zum 1. Aug. 2016 eine Angleichungszulage eingeführt wurde mit dem Ziel, zukünftig die Paralleltabelle (z.B. für GHS-Lehrkräfte von der E 11 in die E 12, parallel der A 12 bei den Beamten) zu erreichen, damit tarifbeschäftigte Lehrkräfte sich dem Nettoeinkommen vergleichbarer Beamten annähern. In der Tarifrunde 2017 musste eine weitere Erhöhung der Angleichungszulage zugunsten der Einführung der Erfahrungsstufe 6 zurückgestellt werden.

Unsere Forderung für die diesjährige Tarifrunde war, einen verbindlichen Zeitplan zur vollständigen Umsetzung der Paralleltabelle zu erreichen. Das haben die Arbeitgeber erneut strikt abgelehnt, was ein deutlicher Wermutstropfen beim diesjährigen Abschluss ist. Als Kompromiss konnte aber zwei wichtige Punkte erreicht werden:

  • Die Angleichungszulage (erhalten fast alle tarifbeschäftigten Lehrkräfte von E 9 – E 12) von bisher 30 € wird deutlich angehoben um 75 €, sie beträgt also jetzt ab 1. Jan. 2019  105 €. Das bedeutet eine deutliche Gehaltserhöhung on top zu der linearen Gehaltserhöhung und ist ein wichtiger Schritt zum endgültigen Ziel der vollständigen Umsetzung der Paralleltabelle.
  • Die Paralleltabelle sowie die Weiterentwicklung des TV EntG-O Lehrkräfte soll laut einer Protokollerklärung bereits nach Abschluss dieser Tarifrunde Gegenstand weiterer Verhandlungen sein. Diese Prozesserklärung ist wichtig, um vor den nächsten Tarifverhandlungen abschlussreife Verbesserungen zu vereinbaren.

Entgeltordnung

  • Die Garantiebeträge bei einer Höhergruppierung werden zum 1. Jan. 2019 für die Dauer der Laufzeit des Tarifvertrages auf 100 € (EG 1-8) bzw. auf 180 € (EG 9-14) erhöht, begrenzt auf den Unterschiedsbetrag bei einer stufengleichen Zuordnung. Die Forderung nach einer stufengleichen Höhergruppierung, wie sie schon beim TVöD gilt und bei den Beamten bei einer höheren Besoldung selbstverständlich ist, haben die Arbeitgeber strikt abgelehnt, aber immerhin konnte als Kompromiss die Garantiebeträge deutlich angehoben werden.
  • Die bisherige Entgeltgruppe 9 wird in die Entgeltgruppe 9a (bisher „kleine“ EG 9 mit verlängerten Stufenlaufzeiten und ohne Stufe 6) und 9b (bisherige „große“ E9) aufgeteilt. Dabei gelten für die Entgeltgruppe 9a neue Ausgangswerte und die Anpassung an die normalen Stufenlaufzeiten. Dies bedeutet zwar unterm Strich nicht mehr Geld für die Beschäftigten diese Entgeltgruppe, aber es können dadurch viele Probleme bei unterschiedlich langen Stufenlaufzeiten beseitigt werden, die sich bei Höhergruppierungen ergeben haben.

Jahressonderzahlung

Die Jahressonderzahlung wird für die Jahre 2019 bis 2022 auf dem Niveau von 2018 eingefroren. Allerdings wird im Jahr 2019 noch der letzte Schritt zur Angleichung der Jahressonderzahlung Ost an den Westbereich vollzogen. Nach 2022 finden Entgelterhöhungen auch auf die Jahressonderzahlungen wieder Anwendung. Dieser Kompromiss kam zustande, nachdem die Arbeitgeber auf eine Kompensation durch die Verbesserungen bei der Angleichungszulage und anderer weiterer Verbesserungen bestanden. 

Neue Entgelttabellen für den Sozial- und Erziehungsdienst ab 2020

Für die Erzieherinnen und Erzieher und die Beschäftigen die unter den Sozial- und Erziehungsdienst fallen werden Gehälter zum 1. Jan 2020 auf das Niveau der Gehälter im TVöD angehoben, der deutlich über den Tarifen des TV-L liegt. Damit wurde eine erhebliche Benachteiligung gegenüber dem Kommunalbereich beseitigt und eine deutliche Aufwertung dieses Berufsstandes erreicht.

Weitere Ergebnisse

Es gibt deutliche Gehaltserhöhungen für Praktikantinnen und Auszubildende und eine Erhöhung des Urlaubsanspruches. Im Pflegebereich werden die Werte der Pflegeentgelttabelle des TVöD übernommen, für bestimmte Pflegekräfte gibt es deutliche Zulagen, weitere Zuschläge wurden für Samstagsarbeit vereinbart und deutlich mehr Zusatzurlaub für Wechselschichtarbeit. Damit wurde auch hier eine deutliche Aufwertung der Pflegeberufe erreicht.

Zudem wurde ein Angriff auf die Entgeltordnung abgewehrt 

In den Verhandlungen hatte die TdL eine massive Gegenforderung gestellt. Sie wollte den so genannten Arbeitsvorgang neu definiert haben. Das klingt harmlos, hätte es aber in sich gehabt und zu einer spürbar schlechteren Eingruppierung für unzählige Beschäftigte geführt. Mit ihrem Vorhaben wollte die TdL die aktuelle Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts korrigieren. „Damit wären durch die Hintertür viele materielle Vorteile unseres Abschlusses direkt wieder einkassiert worden“, erläuterte Silberbach gegenüber der Presse. „Über zwei Runden hinweg haben die Arbeitgeber diese massive Verschlechterung ultimativ gefordert und mit dem Abbruch der Verhandlungen gespielt. Letztlich aber haben sie eingesehen, dass wir hier keinen Zoll breit von unserer Ablehnung zurückweichen würden.“

Beamtenbereich

Der dbb/VBE fordert nun, dass selbstverständlich das Volumen des Potsdamer Abschlusses zeitgleich und systemgerecht auf die Landesbeamten übertragen wird. Dazu wird es sicher noch nicht leichte Gespräche mit der Landesregierung geben, ehe dann der Landtag Beschlüsse dazu fällen wird.

Signalcharakter des Tarifabschlusses

Für rund 1 Million Tarifbeschäftigte des öffentlichen Dienstes der Länder bringt der Abschluss direkte Verbesserungen. Indirekt ist der Tarifabschluss aber auch wichtig für alle Beschäftigten bei Arbeitgebern, die den TV-L anwenden oder sich an ihm orientieren, z.B. kirchliche Einrichtungen, Privatschulen und freie Träger im Bereich der der Jugend- und Sozialarbeit. So haben z.B. auch die kirchlichen Religionslehrer in den vergangenen Jahrzehnten von den Tariferhöhungen profitiert, in dem die Kirchen die Abschlüsse des TV-L weitgehend übernommen haben.

Bewertung des Tarifergebnisses

In der dbb Verhandlungs- und der dbb Bundestarifkommission ist der Kompromiss kontrovers diskutiert worden. Volker Geyer, Fachvorstand Tarifpolitik im dbb, warb für die Annahme des Kompromisses, „weil wir in unseren Kernforderungen deutliche Verbesserungen ausgehandelt haben. Linear haben wir ordentlich was erreicht und bei wichtigen Detailforderungen ebenfalls Verbesserungen gestaltet, die in den Portemonnaies der Beschäftigten zu spüren sein werden. Insbesondere der Fakt, dass wir bei unseren Forderungen für die Azubis nahezu alles durchsetzen konnten, ist gut für die jungen Menschen und ein erfreuliches Signal für die Zukunft des öffentlichen Dienstes. Dass jedoch die TdL kaum bereit war, strukturelle Defizite des TV-L aufzuarbeiten, darf nicht kleingeredet werden.“ Am Ende der Diskussion in der Bundestarifkommission stimmte diese mehrheitlich bei einigen Gegenstimmen zu. 

Bernhard Rimmele: „Aus Sicht der Lehrkräfte ist anzumerken, dass die Kompromisse bei der Paralleltabelle zwar gesamttarifpolitisch nachvollziehbar sind und deutliche Verbesserungen bringen,  aber insgesamt schon enttäuschend sind. Erneut wurde die unverzichtbare Forderung der tarifbeschäftigten Lehrkräfte nach einer Gehaltsannäherung an die verbeamteten Kolleginnen und Kollegen unnötig in die Länge gezogen und so teilweise wieder auf die Zukunft (ab 2021) vertagt. Die Umsetzung der Paralleltabelle wäre absolut fällig gewesen.“

Aktuelle Infos, den Wortlaut der Einigung mit den vorläufigen aktuellen Tabellen finden Sie auf den Sonderseiten des dbb zur Einkommensrunde (www.dbb.de/einkommensrunde). 

Bernhard Rimmele