VBE-Umfrage: Gegner der Corona-Maßnahmen bedrohen Schulfrieden

„Der gesellschaftliche Konflikt um die Corona-Schutzmaßnahmen wird auch an den Schulen ausgehandelt und teilweise gezielt in sie hereingetragen! Lehrkräfte und Schulleitungen werden beschimpft, bedroht und belästigt. Das Regelungschaos der Politik befeuert diesen Konflikt noch zusätzlich. Das darf so nicht weitergehen!“, befindet der VBE-Landesvorsitzende Gerhard Brand mit Blick auf die Ergebnisse der heute vorgestellten VBE-Studie.

Schon seit 2016 beauftragt der Verband Bildung und Erziehung regelmäßig forsa damit, repräsentative Untersuchungen zum Thema „Gewalt gegen Lehrkräfte“ durchzuführen. Diesmal lag der Fokus auf den Konfliktfällen, die im Zusammenhang mit der Umsetzung von Infektionsschutzmaßnahmen auftraten. Die Ergebnisse sind mit 1.501 Befragten bundesweit und 200 Befragten in Baden-Württemberg sowohl für den Bund als auch fürs Land repräsentativ. Die hier berichteten Ergebnisse beziehen sich auf die Stichprobe fürs Land.

Direkte psychische Gewalt gegen Lehrkräfte

Ein Fünftel der Befragten berichtet, dass es an ihrer Schule direkte psychische Gewalt (beleidigt, bedroht, belästigt) gegen Lehrkräfte oder die Schulleitung gab. Gefragt danach, von wem diese Angriffe ausgingen, nannten 92 Prozent der Befragten „Eltern“. Jede dritte Lehrkraft weiß zudem von direkten psychischen Angriffen durch Schülerinnen und Schüler. Hinzu kommt, dass jede fünfte Lehrkraft auch davon berichtet, dass direkte psychische Angriffe von anderen Erwachsenen ausgehen, die zum Beispiel in Organisationen engagiert sind, die sich gegen Corona-Schutzmaßnahmen einsetzen.

Der VBE-Landesvorsitzende zeigt sich entsetzt: „Viele Kolleginnen und Kollegen können nicht mehr. Die Belastungen durch das ständige Umorganisieren sind gewaltig. Die Lehrkräfte pendeln seit nunmehr fast 14 Monaten zwischen Präsenzunterricht, Digitalunterricht, Wechselunterricht und Notbetreuung. Gleichzeitig müssen sie die aufwendigen Hygienemaßnahmen an den Schulen umsetzen. Und zusätzlich haben sie jetzt auch noch Aufgaben des Sozialministeriums übernehmen müssen und begleiten und dokumentieren die Corona-Tests von über einer Million Schülerinnen und Schüler der allgemeinbildenden Schulen im Land. Dies alles leisten sie unter dem weiterhin bestehenden Lehrkräftemangel! Und als Sahnehäubchen oben drauf, müssen sie sich auch noch mit wütenden Eltern und anderen Gegnern der Corona-Maßnahmen auseinandersetzen! Was diese Eltern und andere Personen, die Lehrkräfte wegen der Durchsetzung von Infektionsschutzmaßnahmen attackieren, völlig ausblenden, ist die Tatsache, dass die Lehrerinnen und Lehrer lediglich ihre Dienstpflicht erfüllen und die Anordnungen des Landes umsetzen. Die Lehrkräfte und Schulleitungen können gar nicht anders handeln!“

Psychische Gewalt übers Internet und körperliche Gewalt

Ähnliche Zahlen zeigt die Frage nach psychischer Gewalt über das Internet. Interessant ist, dass verglichen mit vorhergehenden Befragungen zum Thema Gewalt nur wenige Befragte von körperlicher Gewalt berichten – sicherlich auch, weil es nur eingeschränkt Präsenzunterricht gegeben hat und viele Online-Meetings. Zwei Prozent der Befragten sagten trotzdem, dass es dazu kam. „Wenn man das aber hochrechnet, heißt das immer noch, dass es innerhalb der letzten Monate an 70 der 3.500 allgemeinbildenden Schulen in Baden-Württemberg zu körperlichen Angriffen gegen Lehrkräfte oder die Schulleitung kam. Weil sie ihren Dienst taten“, betont Brand.

Der VBE fordert:
  • Das Land muss als Dienstherr seiner Fürsorgepflicht nachkommen. Bei Vorfällen von Gewalt im Zusammenhang mit der Durchsetzung von Corona-Schutzmaßnahmen müssen Lehrkräfte und Schulleitungen die volle Unterstützung des Dienstherrn erhalten. Der Dienstherr muss mit einer klaren und konsequenten Haltung demonstrieren, dass diese Gewalt nicht geduldet wird.
  • Umfangreiche juristische und psychologische Unterstützung nach Angriffen.
  • Bessere Unterstützung der Schulen durch multiprofessionelle Teams, insbesondere durch psychologisch geschulte Fachkräfte und Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter.
  • Vermittlung von Medienkompetenz an den Schulen als Prävention gegen Cybermobbing.
  • Das Thema Gewalt gegen Lehrkräfte muss in allen drei Phasen der Lehrerbildung Berücksichtigung finden, sodass sie Lehrkräfte auch in diesen Extremsituationen handlungsfähig bleiben.
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