VBE: Ein Schülertest ohne Unterstützung ist wie eine ärztliche Diagnose ohne helfende Therapie – Testeritis allein hilft nicht

Stuttgart. Jüngst das niederschmetternde Ergebnis der IQB-Studie, jetzt die Hiobsbotschaft bei TIMSS. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg weiß um die Bedeutung solch groß angelegter Studien, sieht aber auch die Gefahr einer gewissen Abstumpfung. Richtig ärgerlich sei jedoch, so der VBE-Sprecher, wenn nach jedem schlechten Testergebnis rundum Empörung herrsche, jede Gruppierung die Schuld möglichst bei anderen suche, große Reden geschwungen würden, was alles besser werden solle, und sich dann doch nichts ändere.

„Ein Schülertest ohne nachfolgende Unterstützung ist wie eine ärztliche Diagnose ohne helfende Therapie“, kritisiert der VBE-Sprecher. Den VBE verärgert zunehmend, wie mit den Ergebnissen der Vergleichsstudien umgegangen wird. Stets wird festgestellt, wie wichtig Maßnahmen zur individuellen Förderung sind. Stets wird die entsprechende Qualifizierung für Lehrkräfte gefordert. Und dennoch weiß jeder, dass die Heterogenität der Lerngruppen eben noch immer nicht ausreichend Eingang in die Lehreraus-, -fort- und -weiterbildung gefunden hat. „Den Lehrkräften nach jedem Vergleichstest einen Regenschirm in Aussicht zu stellen, sie dann aber doch im Regen stehen zu lassen, ist unprofessionell und zeigt Kurzsichtigkeit“, moniert der VBE-Sprecher.

Der VBE fordert neben einem breiten Fortbildungsangebot einen verbindlichen An­spruch der Lehrkräfte auf Qualifizierung. Die Lehrkräfte brauchen ein festes Fortbil­dungskontingent innerhalb ihrer Dienstzeit, auf das sie im Schuljahr einen Anspruch haben. Selbst wenn derzeit gute Fortbildungsangebote vorhanden sind, nutzen es viele Pädagogen mit Rücksicht auf die personelle Unterversorgung der Schulen und die damit verbundene Mehrbelastung der übrigen Lehrkräfte nicht.

Die Lehrkräfte stehen tagtäglich vor immer heterogener werdenden Lerngruppen und sollen alle individuell fördern – Kinder mit und ohne Migrationshintergrund, Kinder mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf, Mädchen und Jungen. Bei den zurzeit in der Regel bestehenden Lerngruppengrößen ist das aber nicht möglich. Der VBE fordert daher auch eine konsequente Absenkung der Lerngruppengröße und eine angemessene Schüler-Lehrer-Relation.

VBE: Elternhaus und Schule sind gemeinsam für Bildungserfolg verantwortlich

Zumeldung zur Pressemitteilung des Landeselternbeirates (LEB) vom 26.11.16

Stuttgart. Dem Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg liegt es fern, Eltern pauschal ein Erziehungsversagen zu unterstellen. Ebenso weisen nicht alle Erziehungsberechtigten dieses große Engagement auf, wie etwa die Eltern, die sich im Landeselternbeirat (LEB) oder vor Ort für eine bessere Schule einsetzen. Den­noch kann es auch der LEB nicht ignorieren, dass es eine hohe Korrelation zwi­schen Bildungserfolg und häuslichem Umfeld gibt. Nicht ohne Grund wird zurzeit intensiv daran gearbeitet, dass Bildungschancen nicht mehr von der sozialen Her­kunft abhängen dürfen.

Disziplinprobleme haben an den Schulen zugenommen; so mancher Schüler beherrscht nicht einmal mehr die einfachsten Grundregeln eines verträglichen Miteinanders. Nega­tive Verhaltensauffälligkeiten gehören mittlerweile auch an Grundschulen zum Alltag. Der VBE beobachtet mit großer Sorge, dass so manche Eltern mit der Erziehung ihres Kindes schlichtweg überfordert sind. Dann gibt es Eltern, die ihr Kind permanent kon­trollieren und wenig Selbständigkeit zulassen, wie auch Erziehungsberechtigte, die we­nig oder überhaupt kein Interesse am schulischen Weiterkommen des Kindes zeigen.

Immer wieder kommen Schüler ohne Frühstück oder Pausenvesper zur Schule, sind übermüdet und unkonzentriert. Immer mehr Kinder leiden unter körperlichen Beein­trächtigungen. Exzessiver Medienkonsum führt zu Bewegungsmangel und Konzentra­tionsstörungen. Schüler, die sich zu wenig bewegen, werden schneller nervös, reizbar und aggressiv, stören sich und andere im Unterricht. Jedes vierte bis fünfte Kind leidet bei der Einschulung unter Sprachstörungen. Je schwächer die Sprache bei einem Kind entwickelt ist, desto schwerer fällt es ihm, seine Bedürfnisse zu artikulieren und Kon­flikte mit Worten auszutragen.

Natürlich liegt es im gemeinsamen Interesse von Eltern und Lehrern, dass Schulen mit ausreichend Ressourcen ausgestattet werden. Natürlich wünschen sich Eltern und Leh­rer die höchst mögliche Qualität von Unterricht. Aber es sei verkehrt, so der VBE-Spre­cher, bei Missständen reflexartig nur nach mehr Finanzmitteln zu rufen, wenn man auch durch konsequente Begleitung und wertschätzende Erziehung der Kinder und Jugendli­chen sowie eine Stärkung der Partnerschaft Elternhaus-Schule Verbesserungen erzielen könnte. Das eine schließe das andere nicht aus. Erziehung ist nach dem Grundgesetz noch immer Recht der Eltern und die ihnen zuvörderst obliegende Pflicht – selbst bei einem Ganztagesschulbetrieb. Diese Tatsache kann auch nicht wegdiskutiert werden.

VBE: Sprachverrohung ist nicht geil

Wichser und Schlampen gehören zunehmend zum Alltagsvokabular von Schülern

 

Stuttgart. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg prangert die zu­nehmende Verrohung der Sprache an, die vor allem in den Talent- und Talkshows der Privatsender, in einschlägigen Filmen, bisweilen in der Werbung und beson­ders in den sozialen Netzwerken Alltag und somit scheinbar normaler Umgangston ist. Wenn rund jedes fünfte Kind bei seiner Einschulung unter Spracharmut leide, entwickle sich der Wortschatz dieser Schüler durch schlechte Vorbilder obendrein auch noch in die falsche Richtung, bemängelt der VBE-Sprecher.

Der Umgangston in nachmittäglichen Gerichtssendungen im Privatfernsehen, in Talent- und Talkshows sowie in den sozialen Netzwerken ist häufig nicht vom Feinsten und will glauben machen, dass dieser Ton in unserer Gesellschaft „normal“ sei. Mit flotten Sprüchen wie „Geiz ist geil“, „Lasst euch nicht verarschen“ und „Ohne Scheiß“ sugge­riert die Werbung jungen Menschen, dass solche Parolen geläufige Ausdrucksweisen seien. Lehrer beobachten mit Sorge, dass durch eine primitivere Umgangssprache die Hemmschwelle für verbale Attacken sinkt. Die häufigere Form von Gewalt bei Kindern und Jugendlichen ist meist zuerst einmal eine verbale und nicht gleich die körperliche.

Mit Blick auf die Zunahme der Gossensprache mit Ausdrücken wie „Wichser“, „Spast“ und „Schlampe“, die heutigen Schülern wie selbstverständlich über die Lippen gehen, hält der VBE es für wichtig, dass im Elternhaus und in der Schule frühzeitig und verstärkt Wert auf einen „guten Umgangston“ gelegt wird. Dabei geht es nicht darum, den Kindern und Jugendlichen ihren eigenen Jargon auszureden, mit dem sie sich be­wusst oder unbewusst von den Erwachsenen abgrenzen wollen. Es müsse jedoch nicht jedes Alltagsmissgeschick mit „Scheiße“ kommentiert werden, kritisiert der VBE-Spre­cher den inflationären Gebrauch von Kraftausdrücken sogar in der Schule und fordert mehr Nachdenklichkeit sowie einen wieder bewussteren Einsatz von Sprache.

Eine gute Ausdrucksfähigkeit und ein höflicherer Umgangston sind erstrebenswerte fächerübergreifende Lernziele und Kompetenzen, die nicht nur für die Berufsfindung notwendig sind. Kinder und Jugendliche müssen weg vom groben Gassenjargon und zu einer „gepflegteren“ Umgangssprache kommen. Dabei können und sollen Eltern wie Pädagogen durch ihre tägliche Vorbildfunktion behutsam Hilfestellung geben, denn die entsprechenden Fernsehprogramme werden weder Eltern noch Lehrer ändern können, solange nicht sinkende Einschaltquoten die Verantwortlichen zum Umdenken zwingen.

VBE bestätigt der Kultusministerin: Leistung ist nichts Verwerfliches, ganz gleich an welcher Schulart

Stuttgart. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg bestärkt die Kultusministerin, wenn sie an den Schulen des Landes auf Leistung setzen will. „Leistungen einzufordern ist weder unpädagogisch noch unmenschlich. Im Gegen­teil: eine Leistung in der Schule zu erbringen, sollte motivierend und persönlich­keitsstärkend sein“, unterstreicht der VBE-Sprecher. Ein Unterricht, der – egal bei welcher Schulstruktur – Leistungsanforderungen vernachlässige, benachteilige lustlose und schwächere Schüler und schade auch den leistungsorientierteren.

Eine Schule ohne Leistungsanforderung wird weder ihrem Bildungs- und Erziehungs­auftrag noch dem meist vorhandenen Leistungswillen der Kinder gerecht. Eltern und Lehrer müssen daher die in der Regel natürliche positive Grundeinstellung der Kinder zur eigenen Leistung erhalten und fördern. Dabei sollen Leistungsanforderungen nicht nur auf den kognitiven Bereich beschränkt bleiben, sondern auch das Einfühlungsver­mögen, das soziale Engagement und die Freude an Musik, Sport und Kunst stärken.

Nach Auffassung des VBE muss eine Schule, deren Bildungsziel „Mündigkeit der Schüler“ lautet, Kinder und Jugendliche zu aktiven und selbständigen Bürgern erziehen; Bürger, die auch in der Dynamik eines gesellschaftlichen Umbruchs bestehen können. Lernen in einer demokratischen Leistungsgesellschaft hat deshalb immer emanzipatori­schen Wert. Gleichzeitig muss gewährleistet sein, dass Schüler mit geringerer Leis­tungsfähigkeit aufgebaut, verlässlich gefördert und zu einem angemessenen Bildungsni­veau geführt werden, ganz gleich an welcher Schulart sie sind. Dafür benötigen alle Schulen ausreichende Differenzierungsstunden sowie zusätzlich Unterstützung durch Eltern, Sozialpädagogen und bei Bedarf durch Schulpsychologen und Therapeuten.

Eine weitere wesentliche Aufgabe der Schule ist es, den Schülern Kompetenz zum Lernen zu vermitteln. Denn nur wer in der Lage ist, Lernprozesse selbsttätig zu orga­nisieren und effektiv durchzuführen, kann die eigene Leistungsfähigkeit auf Dauer er­halten und erweitern.