VBE zu den Äußerungen von Ministerpräsident Kretschmann:

Elternhaus und Schulen müssen verlässliche Erziehungspartner sein

Stuttgart. Die jüngsten Äußerungen des Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann zum Verhältnis von Eltern zu Lehrern schien wohl keine wohlwollende Aufnahme beim Landeselternbeirat gefunden zu haben. Schule gelinge aber vor allem dann, wenn man Ziele gemeinsam verfolge, wenn Bildungsreformen auch von einer Erzie­hungsoffensive begleitet würden. „Ohne ein aktives Mitwirken aller Erziehungsbe­rechtigten bewirkten selbst modernste Bildungspläne und die besten Lehrer auf Dauer nur wenig“, versichert der Sprecher des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg und möchte auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Elternhaus und Schule bauen.

„Bildung und Erziehung fangen schon mit der Geburt des Kindes an und sollten nicht erst im Kindergarten oder in der Schule einsetzen“, so der VBE-Sprecher. Die ersten Jahre seien die wichtigsten im Leben eines jeden Menschen. Wenn in diesem Zeitraum Zuwendung und Geborgenheit, geistige und seelische Nahrung fehlten, koste es später ein Vielfaches an personellem und damit finanziellem Einsatz, Versäumtes nachzuholen oder Verbogenes gerade zu biegen. „Nicht Erzieherinnen oder Lehrer sind zuvörderst gefordert, sondern jeder Vater und jede Mutter“, behauptet der VBE-Sprecher, so stehe es sogar im Grundgesetz.

Neue Lehrpläne und Bildungsstandards, Fragebögen und Evaluation von Unterricht sowie Schulstrukturdebatten könnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass alle Kinder erzogen gehörten, damit sie in der Schule gefördert werden können und dort Erfolg ha­ben. Wieder mehr Wert aufs Erziehen zu legen, bedeute keine Rückkehr zu Dressur, Unterdrückung und militärischem Gehorsam, betont der VBE-Sprecher. Erziehung sei liebevolle und konsequente Begleitung mit klaren Grenzen. Dabei spiele auch die Vor­bildfunktion von Erwachsenen eine wesentliche Rolle.

Weil viele Kinder von zu Hause nicht mehr die Erziehung erfahren dürfen, die für eine gesunde Entwicklung nötig sei, werde den Kindergärten und Schulen eine Sisy­phusarbeit aufgebürdet, an der diese Einrichtungen trotz aller Bildungsoffensiven und pädagogischen Bemühungen scheitern müssen. Kindergärten und Schulen brauchen engagierte, starke und interessierte Eltern als Partner für die Erziehung der Kinder zu mündigen Bürgern, unterstreicht der VBE-Sprecher.

VBE zur neuesten PISA-Studie:

Schüler ermutigen statt entmutigen – Zur positiven Entwicklung von Kindern und Jugendlichen beitragen

Stuttgart. Die Auswertung der jüngsten PISA-Studie zeigt, dass Zuwendung und Wohlbe­finden zusammengehören, aber auch Wohlbefinden und Leistung. Großer Druck und wenig Wertschätzung seien jedoch kontraproduktiv. Bei schwieriger gewor­denen Schülern und der zunehmenden Individualisierung im Unterricht müssten Lehrer verstärkt nach Wegen suchen, Führungskompetenz zu zeigen, ohne einen Kasernenhofton anzuschlagen. „Lehrersein beinhaltet heute weit mehr als ein um­fassendes Fachwissen und die sichere Beherrschung methodisch-didaktischer Kniffe“, versichert der Sprecher des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg.

Wenn eine christliche Maxime laute, den Nächsten so wie sich selbst zu lieben, sei dies auch der Auftrag an jeden Lehrer, die Schüler – und sich selber (!) – so anzunehmen, wie ein jeder in seiner Individualität geschaffen worden ist, stellt der VBE-Sprecher fest. Dann sei eben nicht nur die Stoffvermittlung im Unterricht von Bedeutung, sondern auch die Zeit, die der Lehrer seinen Schülern widmen könne, und das Interesse, das er ihnen entgegenbringe.

Kinder haben Angst vor zu hohen Erwartungen der Eltern, vor ungeduldigen Lehrern, vor lästernden, gehässigen Klassenkameraden. Angst mache krank. Schule dürfe nicht krank machen – weder Lehrer noch Schüler, so der VBE.

Kinder und Jugendliche entwickeln sich hauptsächlich dann positiv, wenn sie Aner­kennung und Zuspruch erfahren, Ermutigung statt Entmutigung, Geduld statt Ungeduld. Zu dieser positiven Entwicklung können und sollen Elternhaus und Schule deshalb in besonderem Maße beitragen.

Wenn dann auch noch von Seiten der Politik ab und zu ein Wort des Lobes für die engagierten Lehrer abfiele, käme das sicher allen am Schulleben Beteiligten zu Gute, ergänzt der Sprecher des gewerkschaftlichen Berufsverbandes VBE.

VBE: Pädagogen nicht „im eigenen Saft“ schmoren lassen

Verband warnt vor weiteren Mittelkürzungen bei Lehrerfortbil­dung

Stuttgart. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg sieht das Bemü­hen der Kultusministerin, durch eine Online-Befragung der Lehrer zur Fortbil­dung weitere Erkenntnisse zur Qualitätssicherung und -verbesserung in den Schu­len zu gewinnen, versteht aber nicht, dass gleichzeitig Mit­tel für Fortbildungsver­anstaltungen spürbar gekürzt werden.

Der VBE spricht sich gegen eine Lehrerfortbildung aus zweiter oder dritter Hand aus. Auch das „pädagogische Fußvolk“ habe ein Anrecht auf hochwertige Fortbildner. Es schade der Schule, wenn neueste wissenschaftliche Erkenntnisse über Bildung und Er­ziehung erst nach langer Zeit und lediglich in homöopathischen Dosen an der Basis an­kommen. „Gute Schulen brauchen gute Fortbildungskonzepte“, konstatiert der Ver­bandssprecher, „und die kosten Geld.“

Viel zu viele fortbildungshungrige Lehrer müssten allzu oft abgewiesen werden, weil Kurse völlig überbucht sind. Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse, die lediglich in hoher homöopathischer Verdünnung an die Lehrkräfte des Landes verabreicht werden, können nach Auffassung des VBE keine weltbewegenden Veränderungen an den Schu­len bewirken. Wenn Fortbildung nur für einen sehr eingeengten Adressatenkreis statt­findet, der das erworbene Wissen an Multiplikatoren weiterreicht, die anschließend im Schneeballsystem in der Region dafür sorgen, dass Lehrer fortgebildet werden, die wiederum das Kollegium ihrer jeweiligen Schule im Rahmen einer Lehrerkonferenz informieren, kann etwas am Konzept nicht stimmen. Wer qualitativ höherwertigen Unterricht will, muss dafür sorgen, dass Lehrer hochwertig aus- und fortgebildet wer­den, und nicht aus zweiter Hand.

Die Lehrer müssen sich den gesellschaftlichen Veränderungen stellen, neue Bildungs­pläne und Bildungsstandards umsetzen, Schulprofile und neue Schulformen entwickeln sowie mit Evaluation und Inklusion professionell umgehen. Dafür wird mehr und nicht weniger Fortbildung benötigt. Attraktive Angebote erfordern mehr Finanzmittel und nicht weniger. Eine zeitgemäße Lehrerfortbildung lasse die Pädagogen nicht im „eige­nen Saft“ schmoren, sondern bringe wertvolle Impulse von außen, so der VBE-Spre­cher.

VBE besorgt: Lehrer wollen heute nicht mehr Schulleiter werden

Beim Besetzungsverfahren gibt es selten eine Auswahlmöglichkeit

Stuttgart. Ein Schiff ohne Kapitän wird sich nicht auf große Fahrt begeben. Aber so man­ches „Schulschiff“ in Deutschland musste bisher schon längere Zeit ohne Füh­rungskraft auskommen, beklagt der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Ba­den-Württemberg. Das Stellenbesetzungsverfahren ziehe sich hin, und geeignete Bewerber stünden in der Regel nicht Schlange. „An kleineren Schulen gibt es nicht einmal einen Konrektor als ständigen Vertreter, so dass dort Kollegen übergangs­weise Schulleitungsaufgaben wahrnehmen müssen“, moniert VBE-Chef Gerhard Brand. Erst jüngst hatte der Gemeindetag auf diese ungute Situation hingewiesen.

Immer weniger Pädagogen wollen heute Leiter einer Schule werden. Bei den meisten Besetzungsverfahren gibt es nur einen Bewerber für das anspruchsvolle Amt. Manche Rektorenstellen müssen wiederholt ausgeschrieben werden. Häufig hält die Schulauf­sicht vergebens Ausschau nach geeignetem Personal, was sicher nicht für die At­traktivität des Leitungsamtes spricht. Die Ursachen für die deprimierende Bewerberlage sind vielfältig. Lehrer sehen bei der Herausforderung „Schulleitung“ meist mehr Frust als Freude. Rektoren und Konrektoren sollen alles professionell managen, den Arbeit­geber aber möglichst nicht allzu viel kosten. Vor allem im Grundschulbereich gelten Leitungsstellen als finanziell völlig unattraktiv. Bei höchster Unterrichtsverpflichtung, oft voller Klassenlehrertätigkeit und gleichzeitiger Schulleitungsverantwortung erhalten Grundschulchefs die geringste Vergütung. Der Rektor einer kleineren Grundschule und der Leiter eines Gymnasiums werden aus laufbahnrechtlichen Gründen mit bis zu 2000 Euro monatlich unterschiedlich hoch besoldet. Bei Funktionsstellen gilt neben der Schulart die Schülerzahl als Maßstab für die Besoldung der Rektoren und Konrektoren. Obendrein werden Rektoren und deren Stellvertreter mit der Übertragung der neuen Aufgaben nicht gleich befördert und höher besoldet, sondern erst nach einer monate­langen Wartezeit. Eine zweijährige Probezeit muss dann auch noch bestanden werden.

„Das ganze Besoldungsgefüge an Schulen ist in Schieflage“, kritisiert der VBE-Chef. Und da es bei meist nur einer Bewerbung um den Chefsessel keine Bestenauswahl ge­ben könne, werde auf Dauer auch die Qualität der Schulen leiden, warnt Brand.

VBE zu den anstehenden Halbjahreszeugnissen:

Schule ist mehr als Deutsch, Mathematik und Fremdsprache Musisch-technische Fächer und Sport nicht nur als schmückendes Beiwerk sehen

Stuttgart. Anlässlich der Halbjahreszeugnisse/-informationen, die an den Schulen in den ers­ten Februartagen ausgegeben werden, warnt der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg vor einer zu einseitigen Bevorzugung der auf den Kopf ausgerichteten schulischen Arbeit. Eltern und Lehrer sollten bei der Ge­wichtung und Würdigung von Schülerleistungen weg von der zu starken Fokussie­rung auf die Hauptfächer Deutsch, Mathematik und Fremdsprache(n). Musisch-künstlerische Unterrichtsfächer, Technik und Schulsport seien kein schmückendes Beiwerk, sondern für eine positive Entwicklung der Schülerpersönlichkeiten eben­so wichtig, warnt der VBE-Sprecher vor einer Abwertung dieser sogenannten „Neben“-fächer.

Unterrichtsfächer, die zumindest gefühlsmäßig für das schulische und berufliche „Wei­terkommen“ nicht ausschlaggebend seien, würden immer mehr an den Rand gedrängt und verlören weiter an Bedeutung. So seien die musisch-ästhetische Erziehung, Technik und der Schulsport heute oft vernachlässigte Fächer, bemängelt der VBE-Sprecher. Deshalb warnt der Lehrerverband vor einer zu starken „Verkopfung“ schulischen Arbeitens. Da auch Eltern mehr denn je auf die „Verwertbarkeit“ der Unterrichtsfächer achten, fallen bei krankheitsbedingtem Lehrermangel in der Regel eher Musik, Sport und Bildende Kunst aus, bevor eine Deutsch- oder Mathematikstunde gestrichen wird. Die Schüler sind jedoch auf eine ganzheitliche Bildung und Erziehung angewiesen, in der auch Ästhetik, Bewegung und Emotionen eine tragende Rolle spielen sollten. Wenn um die Bedeutung der einzelnen Unterrichtsfächer gestritten wird, geht es meist ledig­lich darum, ob eine sprachliche oder naturwissenschaftliche Ausrichtung die wichtigere sei. Der künstlerisch-musisch-sportliche Bereich werde von vielen mehr als schmücken­des, aber nicht unbedingt notwendiges Beiwerk betrachtet, bedauert der VBE-Sprecher diese Entwicklung. Pestalozzis 200 Jahre alter pädagogischer Ansatz ganzheitlichen Lernens „mit Kopf, Herz und Hand“ sollte in der Welt von heute mehr denn je zur Maxime unterrichtlichen Tuns werden – und das nicht nur an den Grundschulen.

VBE: Ein Schülertest ohne Unterstützung ist wie eine ärztliche Diagnose ohne helfende Therapie – Testeritis allein hilft nicht

Stuttgart. Jüngst das niederschmetternde Ergebnis der IQB-Studie, jetzt die Hiobsbotschaft bei TIMSS. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg weiß um die Bedeutung solch groß angelegter Studien, sieht aber auch die Gefahr einer gewissen Abstumpfung. Richtig ärgerlich sei jedoch, so der VBE-Sprecher, wenn nach jedem schlechten Testergebnis rundum Empörung herrsche, jede Gruppierung die Schuld möglichst bei anderen suche, große Reden geschwungen würden, was alles besser werden solle, und sich dann doch nichts ändere.

„Ein Schülertest ohne nachfolgende Unterstützung ist wie eine ärztliche Diagnose ohne helfende Therapie“, kritisiert der VBE-Sprecher. Den VBE verärgert zunehmend, wie mit den Ergebnissen der Vergleichsstudien umgegangen wird. Stets wird festgestellt, wie wichtig Maßnahmen zur individuellen Förderung sind. Stets wird die entsprechende Qualifizierung für Lehrkräfte gefordert. Und dennoch weiß jeder, dass die Heterogenität der Lerngruppen eben noch immer nicht ausreichend Eingang in die Lehreraus-, -fort- und -weiterbildung gefunden hat. „Den Lehrkräften nach jedem Vergleichstest einen Regenschirm in Aussicht zu stellen, sie dann aber doch im Regen stehen zu lassen, ist unprofessionell und zeigt Kurzsichtigkeit“, moniert der VBE-Sprecher.

Der VBE fordert neben einem breiten Fortbildungsangebot einen verbindlichen An­spruch der Lehrkräfte auf Qualifizierung. Die Lehrkräfte brauchen ein festes Fortbil­dungskontingent innerhalb ihrer Dienstzeit, auf das sie im Schuljahr einen Anspruch haben. Selbst wenn derzeit gute Fortbildungsangebote vorhanden sind, nutzen es viele Pädagogen mit Rücksicht auf die personelle Unterversorgung der Schulen und die damit verbundene Mehrbelastung der übrigen Lehrkräfte nicht.

Die Lehrkräfte stehen tagtäglich vor immer heterogener werdenden Lerngruppen und sollen alle individuell fördern – Kinder mit und ohne Migrationshintergrund, Kinder mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf, Mädchen und Jungen. Bei den zurzeit in der Regel bestehenden Lerngruppengrößen ist das aber nicht möglich. Der VBE fordert daher auch eine konsequente Absenkung der Lerngruppengröße und eine angemessene Schüler-Lehrer-Relation.

VBE: Elternhaus und Schule sind gemeinsam für Bildungserfolg verantwortlich

Zumeldung zur Pressemitteilung des Landeselternbeirates (LEB) vom 26.11.16

Stuttgart. Dem Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg liegt es fern, Eltern pauschal ein Erziehungsversagen zu unterstellen. Ebenso weisen nicht alle Erziehungsberechtigten dieses große Engagement auf, wie etwa die Eltern, die sich im Landeselternbeirat (LEB) oder vor Ort für eine bessere Schule einsetzen. Den­noch kann es auch der LEB nicht ignorieren, dass es eine hohe Korrelation zwi­schen Bildungserfolg und häuslichem Umfeld gibt. Nicht ohne Grund wird zurzeit intensiv daran gearbeitet, dass Bildungschancen nicht mehr von der sozialen Her­kunft abhängen dürfen.

Disziplinprobleme haben an den Schulen zugenommen; so mancher Schüler beherrscht nicht einmal mehr die einfachsten Grundregeln eines verträglichen Miteinanders. Nega­tive Verhaltensauffälligkeiten gehören mittlerweile auch an Grundschulen zum Alltag. Der VBE beobachtet mit großer Sorge, dass so manche Eltern mit der Erziehung ihres Kindes schlichtweg überfordert sind. Dann gibt es Eltern, die ihr Kind permanent kon­trollieren und wenig Selbständigkeit zulassen, wie auch Erziehungsberechtigte, die we­nig oder überhaupt kein Interesse am schulischen Weiterkommen des Kindes zeigen.

Immer wieder kommen Schüler ohne Frühstück oder Pausenvesper zur Schule, sind übermüdet und unkonzentriert. Immer mehr Kinder leiden unter körperlichen Beein­trächtigungen. Exzessiver Medienkonsum führt zu Bewegungsmangel und Konzentra­tionsstörungen. Schüler, die sich zu wenig bewegen, werden schneller nervös, reizbar und aggressiv, stören sich und andere im Unterricht. Jedes vierte bis fünfte Kind leidet bei der Einschulung unter Sprachstörungen. Je schwächer die Sprache bei einem Kind entwickelt ist, desto schwerer fällt es ihm, seine Bedürfnisse zu artikulieren und Kon­flikte mit Worten auszutragen.

Natürlich liegt es im gemeinsamen Interesse von Eltern und Lehrern, dass Schulen mit ausreichend Ressourcen ausgestattet werden. Natürlich wünschen sich Eltern und Leh­rer die höchst mögliche Qualität von Unterricht. Aber es sei verkehrt, so der VBE-Spre­cher, bei Missständen reflexartig nur nach mehr Finanzmitteln zu rufen, wenn man auch durch konsequente Begleitung und wertschätzende Erziehung der Kinder und Jugendli­chen sowie eine Stärkung der Partnerschaft Elternhaus-Schule Verbesserungen erzielen könnte. Das eine schließe das andere nicht aus. Erziehung ist nach dem Grundgesetz noch immer Recht der Eltern und die ihnen zuvörderst obliegende Pflicht – selbst bei einem Ganztagesschulbetrieb. Diese Tatsache kann auch nicht wegdiskutiert werden.

VBE: Sprachverrohung ist nicht geil

Wichser und Schlampen gehören zunehmend zum Alltagsvokabular von Schülern

 

Stuttgart. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg prangert die zu­nehmende Verrohung der Sprache an, die vor allem in den Talent- und Talkshows der Privatsender, in einschlägigen Filmen, bisweilen in der Werbung und beson­ders in den sozialen Netzwerken Alltag und somit scheinbar normaler Umgangston ist. Wenn rund jedes fünfte Kind bei seiner Einschulung unter Spracharmut leide, entwickle sich der Wortschatz dieser Schüler durch schlechte Vorbilder obendrein auch noch in die falsche Richtung, bemängelt der VBE-Sprecher.

Der Umgangston in nachmittäglichen Gerichtssendungen im Privatfernsehen, in Talent- und Talkshows sowie in den sozialen Netzwerken ist häufig nicht vom Feinsten und will glauben machen, dass dieser Ton in unserer Gesellschaft „normal“ sei. Mit flotten Sprüchen wie „Geiz ist geil“, „Lasst euch nicht verarschen“ und „Ohne Scheiß“ sugge­riert die Werbung jungen Menschen, dass solche Parolen geläufige Ausdrucksweisen seien. Lehrer beobachten mit Sorge, dass durch eine primitivere Umgangssprache die Hemmschwelle für verbale Attacken sinkt. Die häufigere Form von Gewalt bei Kindern und Jugendlichen ist meist zuerst einmal eine verbale und nicht gleich die körperliche.

Mit Blick auf die Zunahme der Gossensprache mit Ausdrücken wie „Wichser“, „Spast“ und „Schlampe“, die heutigen Schülern wie selbstverständlich über die Lippen gehen, hält der VBE es für wichtig, dass im Elternhaus und in der Schule frühzeitig und verstärkt Wert auf einen „guten Umgangston“ gelegt wird. Dabei geht es nicht darum, den Kindern und Jugendlichen ihren eigenen Jargon auszureden, mit dem sie sich be­wusst oder unbewusst von den Erwachsenen abgrenzen wollen. Es müsse jedoch nicht jedes Alltagsmissgeschick mit „Scheiße“ kommentiert werden, kritisiert der VBE-Spre­cher den inflationären Gebrauch von Kraftausdrücken sogar in der Schule und fordert mehr Nachdenklichkeit sowie einen wieder bewussteren Einsatz von Sprache.

Eine gute Ausdrucksfähigkeit und ein höflicherer Umgangston sind erstrebenswerte fächerübergreifende Lernziele und Kompetenzen, die nicht nur für die Berufsfindung notwendig sind. Kinder und Jugendliche müssen weg vom groben Gassenjargon und zu einer „gepflegteren“ Umgangssprache kommen. Dabei können und sollen Eltern wie Pädagogen durch ihre tägliche Vorbildfunktion behutsam Hilfestellung geben, denn die entsprechenden Fernsehprogramme werden weder Eltern noch Lehrer ändern können, solange nicht sinkende Einschaltquoten die Verantwortlichen zum Umdenken zwingen.

VBE bestätigt der Kultusministerin: Leistung ist nichts Verwerfliches, ganz gleich an welcher Schulart

Stuttgart. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg bestärkt die Kultusministerin, wenn sie an den Schulen des Landes auf Leistung setzen will. „Leistungen einzufordern ist weder unpädagogisch noch unmenschlich. Im Gegen­teil: eine Leistung in der Schule zu erbringen, sollte motivierend und persönlich­keitsstärkend sein“, unterstreicht der VBE-Sprecher. Ein Unterricht, der – egal bei welcher Schulstruktur – Leistungsanforderungen vernachlässige, benachteilige lustlose und schwächere Schüler und schade auch den leistungsorientierteren.

Eine Schule ohne Leistungsanforderung wird weder ihrem Bildungs- und Erziehungs­auftrag noch dem meist vorhandenen Leistungswillen der Kinder gerecht. Eltern und Lehrer müssen daher die in der Regel natürliche positive Grundeinstellung der Kinder zur eigenen Leistung erhalten und fördern. Dabei sollen Leistungsanforderungen nicht nur auf den kognitiven Bereich beschränkt bleiben, sondern auch das Einfühlungsver­mögen, das soziale Engagement und die Freude an Musik, Sport und Kunst stärken.

Nach Auffassung des VBE muss eine Schule, deren Bildungsziel „Mündigkeit der Schüler“ lautet, Kinder und Jugendliche zu aktiven und selbständigen Bürgern erziehen; Bürger, die auch in der Dynamik eines gesellschaftlichen Umbruchs bestehen können. Lernen in einer demokratischen Leistungsgesellschaft hat deshalb immer emanzipatori­schen Wert. Gleichzeitig muss gewährleistet sein, dass Schüler mit geringerer Leis­tungsfähigkeit aufgebaut, verlässlich gefördert und zu einem angemessenen Bildungsni­veau geführt werden, ganz gleich an welcher Schulart sie sind. Dafür benötigen alle Schulen ausreichende Differenzierungsstunden sowie zusätzlich Unterstützung durch Eltern, Sozialpädagogen und bei Bedarf durch Schulpsychologen und Therapeuten.

Eine weitere wesentliche Aufgabe der Schule ist es, den Schülern Kompetenz zum Lernen zu vermitteln. Denn nur wer in der Lage ist, Lernprozesse selbsttätig zu orga­nisieren und effektiv durchzuführen, kann die eigene Leistungsfähigkeit auf Dauer er­halten und erweitern.

VBE mahnt anlässlich des Weltlehrertags Entlastung an: „Lehrer wol­len pädagogisch gemeinsam aufbrechen, aber nicht zusammenbrechen“

Stuttgart. Am 5. Oktober ist Weltlehrertag. Die globale Dachorganisation der Bildungsge­werkschaften, die Bildungsinternationale, stellte ihn dieses Jahr unter das Motto: „Lehrkräfte wertschätzen, ihren Status verbessern“. „Ein wertschätzender Um­gang setzt eine Empfänglichkeit für die Bedürfnisse des Gegenübers voraus“, sagt Gerhard Brand, Landesvorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE). Die Politik sei aber oft zu weit vom Alltag in der Schule entfernt, so dass Entscheidungen häufig ohne Realitätsbezug getroffen werden. Das sei unverant­wortlich und entbehre jeder Wertschätzung für Lehrkräfte, so Brand.

Inklusion, das gemeinsame Lernen von Kindern mit und ohne Förderbedarf, die steigen­de Heterogenität der Lerngruppen und die Integration von Flüchtlingen sind Herausfor­derungen an die Schule, die es nach dem Willen der Politik gleichzeitig und ohne große zusätzliche Ressourcen zu bewältigen gilt. „Lehrkräfte sind keine Artisten“ so der VBE-Chef. „Schaffen sie es dennoch, drei Bälle gleichzeitig zu jonglieren, wird ihnen ein vierter zugeworfen.“ Die Politik sehe es als selbstverständlich an, dass Lehrkräfte ohne zusätzliche Unterstützung in zu kleinen oder unzweckmäßigen Schulräumen mit viel zu großen Lerngruppen alles zu bewältigen haben. „Das ist nicht nur eine Gefahr für die Lehrergesundheit, sondern schadet auch dem Image des Lehrerberufs“, warnt Brand. Gerade in Zeiten akuten Lehrermangels sollte die Attraktivität des Lehrerberufs aber gesteigert werden. Momentan fehlten in Deutschland mindestens 30.000 Lehrkräfte.

Was früher Aufgabe der Familie und des sozialen Umfelds war, wird heute bedenken­los der Lehrerschaft aufgebürdet. Zusätzlich sollen sich Schulen weiterentwickeln in Richtung Ganztagesschule, Gemeinschaftsschule, inklusive Schule, neuer Bildungsplan. Nun benötigen auch noch traumatisierte Flüchtlingskinder besondere Unterstützung. „Lehrer müssen und können Schulen voranbringen. Sie wollen pädagogisch gemeinsam aufbrechen, aber gesundheitlich nicht zusammenbrechen“, warnt der VBE-Chef.

Dennoch singt jede Landesregierung, gleich welcher politischen Färbung, nicht nur am Weltlehrertag das hohe Lied des Bildungsaufbruchs sowie des Schulerfolgs unab­hängig von der sozialen Herkunft der Kinder und vergisst dabei völlig die Fürsorge­pflicht und den Gesundheitsschutz für die Pädagogen. „Lehrer brauchen mehr denn je Entlastung und nicht noch mehr Belastung“, warnt der VBE-Landesvorsitzende.