Stuttgart. Mit einer gewissen Spannung schauen Schüler, Eltern und Lehrer auf die Halbjahresinformationen der neuen Fünftklässler. Zum ersten Mal konnten Eltern für ihr Kind die Schulart frei wählen, weil die Grundschulempfehlung in Klasse vier nicht mehr ein verpflichtender „Marschbefehl“, sondern eine echte Empfehlung war. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) wird sehr genau beobachten, ob sich Kinder mit schwächeren Leistungen von der gewählten Schulart verabschieden müssen oder ob sie dort bis zu einem Abschluss gefördert werden. Das gehe jedoch nicht ohne zusätzliche Lehrerstunden, moniert der VBE-Sprecher.
Zwischen dem 1. und 10. Februar werden an den Schulen des Landes die Zwischenzeugnisse, die sogenannten Halbjahresinformationen ausgegeben. Die werden dieses Jahr besonders für die neuen Fünftklässler interessant sein, die trotz einer anders lautenden Bildungsempfehlung von ihren Eltern an einer Realschule oder an einem Gymnasium angemeldet worden sind. Im Realschulbereich haben 23 Prozent der Fünftklässler lediglich eine Hauptschulempfehlung. In die fünfte Klasse des Gymnasiums gehen 10 Prozent (oder 4159 Schüler) mit einer Realschulempfehlung, ein Prozent hat sogar nur eine Empfehlung für die Hauptschule, das sind immerhin über 400 Schüler.
Durch den Wegfall der Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung konnten Eltern die Schulart für ihr Kind selbst wählen, auch gegen den Rat des Grundschulkollegiums, wenn etwa die Noten in Deutsch und Mathematik dagegen sprachen. Zeugnisse mussten nicht vorgelegt werden, Aufnahmeprüfungen oder eine Probezeit gab es nicht.
„Es bleibt abzuwarten“, so der VBE-Sprecher, „ob bei schwachen Schulleistungen die Eltern das Kind schon jetzt von der Schule nehmen oder auf das Prinzip Hoffnung setzen, gegebenenfalls die Nichtversetzung am Schuljahresende mit einkalkulieren und den am Schulsystem gescheiterten Fünftklässler vielleicht sogar einen zweiten Versuch an derselben Schulart starten lassen. Erst bei einem wiederholten Sitzenbleiben müsste der Schüler die Schule zwangsweise wechseln, würde „abgeschult“ werden. In einer Gemeinschaftsschule dagegen bleibt kein Schüler mehr sitzen.
Die größere Vielfalt der Schülerpersönlichkeiten an den Realschulen bedingt einen höheren Förderbedarf und sollte zu einer besseren Versorgung mit Lehrerstunden führen. Der Klassenteiler von derzeit 30 Schülern muss umgehend dem der Gemeinschaftsschule mit höchstens 28 Lernenden pro Lerngruppe angepasst werden.
3. Februar 2013