VBE: Nicht nur Bildung, auch Erziehung „evaluieren“

Eltern nicht aus der Erstverantwortung entlassen 

Stuttgart. Früher waren Lehrer hauptsächlich für die Bildung der Schüler zuständig und erzogen die Kinder und Jugendliche „nebenher“. Heute müssen Lehrer zuerst er­ziehen, damit sie sich dann um die Bildung der Schüler kümmern können. Der Sprecher des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg sieht eine zunehmende Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit, zwi­schen Zielen und Machbarem in den Schulen.

 

VBE Pressesprecher Michael Gomolzig

Michael Gomolzig, Sprecher des VBE

Eltern beschweren sich gerne, dass Lehrer sie mit den nicht gemachten Hausaufgaben der Schüler belästigten, fehlende Unterrichtsmaterialien anmahnten, Verhaltensproble­me und andere unbequeme Angelegenheiten mit den Erziehungsberechtigten bespre­chen wollen. „Sie vergessen dabei“, so der VBE-Sprecher, „dass die Pflege und Er­ziehung der Kinder das natürliche Recht der Eltern und die ihnen zuvörderst ob­liegende Pflicht ist.“ So stehe es sogar im Grundgesetz (Artikel 6, Absatz 2).

Während früher Unterricht und Bildung im Mittelpunkt des schulischen Geschehens standen, rückte für die Pädagogen in den letzten Jahren immer mehr die Erziehung der Schüler in den Vordergrund. Wenn Lehrer erst für die notwendige Arbeitsatmosphäre sorgen müssen, geht auf Dauer viel Unterrichtszeit verloren. Endlose Diskussionen über Sinn und Unsinn bestimmter pädagogischer Maßnahmen, lenkten von stofflichen Inhalten ab und bremsten das selbständige Lernen der Schüler aus.

Während Evaluation allgemein das Gewicht auf den Lernerfolg legt, internationale Vergleichsstudien den Wissensstand der Schüler in Deutsch, Mathematik oder in den Naturwissenschaften untersuchen, Notendurchschnitte der Prüfungsarbeiten mit frühe­ren Jahrgängen verglichen werden, bleiben erzieherische Erfolge der Lehrer – oder auch Fehlschläge – eher unbeachtet. So mancher Pädagoge muss sich eingestehen, dass er es noch nicht geschafft hat, dass alle Schüler mit einem gesunden Frühstück im Bauch pünktlich zum Unterricht kommen, dass sie häufiger „bitte“ und „danke“ und weniger „Scheiße“ und „Hurensohn“ sagen, dass allgemein gültige Regeln des fried­lichen Umgangs eingehalten werden, dass die Schüler vernünftig ernährt und weder übergewichtig noch magersüchtig sind, dass alle Schüler abends rechtzeitig ins Bett gehen und morgens ausgeschlafen zum Unterricht erscheinen, dass jeder erkrankte Schüler daheim bleibt und der, der keine Lust auf Schule hat, trotzdem kommt. „Dabei ist die Schule aber auf die Mitarbeit der Eltern angewiesen“, so der VBE-Sprecher.

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