Pforzheim/Stuttgart. Der Hauptvorstand des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg schlägt Alarm. Die Arbeit der Lehrer verlagere sich immer mehr weg vom eigentlichen Kerngeschäft – dem Unterricht – hin zur regelmäßigen Teilnahme an Steuerungsgruppen für Schulentwicklung, Vorbereitungssitzungen und Durchführung von Evaluation und zu mehr zeitaufwändigen Gesprächen über Schüler. „Heute reden die Lehrer nicht nur mit den Eltern über das Kind“, so VBE-Landeschef Gerhard Brand, „sondern auch mit dessen Ergotherapeuten, der Familienhelferin, dem Nachhilfe- oder Beratungslehrer, der Logopädin, dem Kinderarzt.“
Sprach der Lehrer früher über die Probleme eines Schülers ausschließlich mit Vater oder Mutter, so schalten sich heute meist auch noch die jeweiligen neuen Lebenspartner der zwischenzeitlich getrennt lebenden Eltern ein. Zusätzlich nehme der Pädagoge – in der Regel auf Wunsch der Erziehungsberechtigten – Kontakt auf mit dem Hausarzt, dem Neurologen, der Familienhelferin des Jugendamtes und dem Schulsozialarbeiter, dem Leiter des Nachhilfeinstituts, bei dem das Kind am Nachmittag gefördert wird, sowie dem Psychologen und dem oder den Therapeuten des Schülers. Lehrer wenden bei bis zu 30 Schulkindern pro Klasse sehr viel Zeit für diese Kontakte auf. Zusätzlich investieren Lehrer viel Zeit, um die notwendige Schulentwicklung voranzutreiben. „Die Erstellung eines umfangreichen pädagogischen Konzeptes zur Einrichtung einer Gemeinschaftsschule erfordert zusätzlich vollen Einsatz – neben der regulären Unterrichts- und Beratungstätigkeit“, moniert Brand. Das durch den Wegfall der Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung veränderte Übergangsverhalten auf weiterführende Schulen ist für Pädagogen eine weitere Herausforderung und macht die Teilnahme an zusätzlichen Fortbildungsveranstaltungen nötig.
Gleichzeitig haben sich die schulischen Rahmenbedingungen verschlechtert. Die von der Vorgängerregierung noch geplante weitere Absenkung des Klassenteilers wurde gestoppt. Die Versorgung mit Vertretungslehrern ist nicht spürbar besser geworden. Nach wie vor übernehmen Pädagogen im Krankheitsfall eines Kollegen zusätzlich Unterricht, legen Klassen zusammen oder beaufsichtigen gleichzeitig zwei Klassen. Diese Stunden tauchen in keiner Statistik als ausgefallen auf, belasten die Lehrer auf Dauer aber spürbar. Obendrein werden Eingriffe an der Altersermäßigung vorgenommen, wird die Lebensarbeitszeit nach hinten verlängert. Das fördert den Unmut an den Schulen.