Öneys Aufruf zur „Negerlein“-Debatte wirkt aufgesetzt

Schlampe und Wichser kommen Schülern weitaus häufiger über die Lippen

Zur dpa-Meldung: „Öney fordert in `Negerlein´-Debatte gewähltere Sprache“

Stuttgart. Bilkay Öneys Einsatz für eine gewähltere Sprache sei aller Ehren wert, sagt der Sprecher des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), wirke aber ge­rade am Beispiel „Negerlein“ arg konstruiert. Kinder und Jugendliche be­nützten häufig ganz andere Wörter, dagegen sei „Negerlein“ noch richtig niedlich. Die Integrationsministerin möge sich doch einmal auf den Schul­höfen des Landes umhören, da werde sie mit ganz anderen Begriffen kon­frontiert und schnell rot glühende Ohren bekommen, so der VBE-Sprecher.

VBE Pressesprecher Michael Gomolzig

Michael Gomolzig, Sprecher des VBE

Dass junge Menschen sprachlich ausfälliger werden, ist mit eine Folge davon, dass sich Erwachsene im Alltag zunehmend der Fäkal- und Gossensprache be­dienen. „Schlimme“ Wörter schnappen die Kleinen nicht nur in der Familie und im sozialen Umfeld auf; Werbung, Internet und Privatfernsehen tun ein Übriges und bieten Kindern und Jugendlichen ein buntes Repertoire an schockierenden verbalen Fehltritten zur Nachahmung an. Das Fernsehen liefert die ganze Band­breite der Schimpf- und Tabuwörter schon am frühen Nachmittag frei Haus.

Erschreckend ist, dass selbst Kindergartenkinder und Grundschüler heute wie selbstverständlich Kraftausdrücke benützen, die noch vor gar nicht so langer Zeit einem alten Seebären die Schamröte ins Gesicht getrieben hätten. So man­ches Kind verwendet Begriffe, ohne deren Bedeutung auch nur annähernd zu verstehen. Gegenüber den sonst schülerüblichen Ergüssen wie Wichser, Huren­sohn, Schlampe, Assi und Spasti wirkt „Negerlein“ geradezu kindlich naiv.

Alle aktuellen Bildungspläne der Schulen setzen einen erziehenden Unterricht voraus. Dieser Verantwortung stellen sich die Lehrer, fühlen sich dabei aber oft ziemlich allein gelassen und manchmal auch schlichtweg überfordert. Insofern ist Öneys Aufruf sicher gut gemeint, sollte aber nicht auf politisch korrekte Be­zeichnungen für ethnische Minderheiten im Land begrenzt werden. Die normale „Umgangssprache“ birgt viel mehr Gefahren für Verletzungen als die scheinbar „bösen“ Wörter in Kinderbüchern wie Otfried Preußlers „Kleine Hexe“ oder Astrid Lindgrens „Pippi Langstrumpf“.

10.02.2013