VBE: Ungleichbehandlung in Ausbildung, Arbeitszeit und Besoldung beseitigen – alle Lehrer sind Lehrer und trotzdem keine Einheitslehrer

Stuttgart. Nach Auffassung des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) müssen alle Leh­rer in Ausbildung, Arbeitszeit, Besoldung und Beförderungsmöglichkeiten gleich behandelt werden – und nicht nur aufgrund der neuen Gemeinschaftsschule. Der Grundstein dazu kann in der jüngst von einer Expertenkommission vorgeschla­genen tiefgreifenden Reform der Lehrerbildung gelegt werden. „Diese Reform darf aber keinesfalls zu einem `Einheitslehrer` führen“, warnt der VBE-Sprecher.

VBE Pressesprecher Michael Gomolzig

Michael Gomolzig, Sprecher des VBE

Dass die Arbeit der Lehrer in Methodik, Didaktik und Fachlichkeit abhängig von der Schulart respektive vom jeweiligen Bildungsgang ist, dürfte unstrittig sein. Unver­ständlich bleibt jedoch, warum Lehrer nach wie vor unterschiedlich lange ausgebildet und unterschiedlich bezahlt werden und warum sie unterschiedlich hohe Deputate (Wochenstundenverpflichtungen) haben. Obwohl nach dem Schulgesetz alle Schular­ten – von der Sonderschule bis zum Gymnasium – gleichwertig sind, werden manche Lehrer noch immer als die „etwas besseren“ Lehrer gehandelt. Nach wie vor gibt es die beamtenrechtliche Laufbahnen mit Lehrern im gehobenen und höheren Dienst und die entsprechenden Besoldungsgruppen – vom Fachlehrer in A 9 (ab 2270 € brutto) bis zum Oberstudienrat als Fachbereichsleiter in A 15 (bis zu 5729 € in der Endstufe).

Noch immer wird die Arbeit der unterschiedlichen Lehrergruppen über das Alter der Schüler oder deren sozialen Herkunft bewertet. Der Umgang mit jüngeren oder bil­dungsschwächeren Schülern wird geringer geschätzt und weniger hoch besoldet als das Unterrichten älterer Schüler oder solcher aus „besseren“ Gesellschaftsschichten.

Galt die Grundschule zu früheren Zeiten als eine rein disziplinierende Stillsitzschule („Händchen falten, Mündchen halten, Öhrchen spitzen, stille sitzen…“), in der man Schülern das beigebracht hat, was jeder Erwachsene ohnehin beherrscht, ist man sich in jüngster Zeit der immensen Bedeutung der pädagogischen Basisarbeit im Kindergar­ten und in der Grundschule bewusst geworden. Die Grundschule ist für die Bildungs­biografie aller Schüler  d a s  Fundament. Moderner Unterricht in der Primarstufe be­deute bei einer sehr heterogenen Schülerschaft mit dem Erstellen individueller Lern- und Förderpläne, Portfolios und der ersten Berührung mit einer Fremdsprache alles an­dere als „so ein bisschen Schule halten“, versichert der VBE-Sprecher. Insofern sei die Erhöhung der Studienzeit auf acht Semester für angehende Grundschullehrkräfte be­reits ein Schritt in die richtige Richtung gewesen. Dem müssten weitere folgen.

VBE begrüßt Erhalt der Lehrerstellen


Landesbezirk Südbaden.

Die Absicht der grün-roten Regierung zum Erhalt der 711 Lehrerstellen zum neuen Schuljahr, die die bisherige CDU-/FDP-Regierung noch streichen wollte, wird vom VBE Südbaden begrüßt. In den jüngsten Beratungen zum Nachtragshaushalt hat Grün-Rot die Absicht bekundet, die angedachten Streichungen nicht vorzunehmen.

Josef Klein, Pressesprecher VBE Südbaden

Josef Klein

Der Pressesprecher des VBE Südbaden des Verband Bildung und Erziehung (VBE), Josef Klein (Rickenbach) betrachtet es als folgerichtig, dass von kontraproduktiven Maßnahmen Abstand genommen wird. „Bildung hat im Koalitionsvertag einen enormen Stellenwert. Neues kann aber nur dann umgesetzt werden, wenn genügend Personal vorhanden ist, um den schwerfälligen Bildungsdampfer in eine neue Richtung zu lenken.“ Nun komme es darauf an, dass das Parlament den Regierungskurs bei der Abstimmung zum Nachtragshaushalt unterstütze.

Klein weiter: Trotz der umfangreichen Ausführungen im Koalitionsvertrag gäbe es dort auch noch Lücken: Ob die Verträge der pädagogischen Assistenten auslaufen oder verlängert werden sei ebenfalls nicht definiert. Der VBE spricht sich angesichts der vielen angedachten Neuerungen für Pädagogische Assistenten für die Umwandlung der Zeitverträge in Festanstellungen aus. Es sei auch an der  Zeit, die Arbeitszeit in Deputaten zu berechnen, statt sich in mühevollen prozentualen Berechnungen zu verlieren.

Notwendig so Klein, sei es auch, die Beförderungsmöglichkeiten für Fachlehrer im Auge zu behalten. Die Wartezeiten bis zu einer Beförderungen belaufen sich derzeit auf etwa ein Jahrzehnt, nur weil im Haushalt nicht ausreichend Beförderungsstellen ausgebracht seien. In den Haushaltsberatungen für den Doppelhaushalt 2012/13 – die jetzt im Gange sind – müsse dies berücksichtigt werden.

Als vierte Sofortmaßnahme für das neue Schuljahr erwartet der VBE, das Lehrbeauftragtenprogramm verlässlich zu machen. Die CDU-/FDP-Regierung betrachtete diese schulprofilbildende Maßnahme zuletzt als Spielball der Haushaltsmittel, aus dem man nach Belieben die Luft entweichen ließ. „Das geht so nicht“, beklagt Klein. „Wenn Schulen eigenverantwortlich planen sollen, muss die Verlässlichkeit gegeben sein. Wenn Grün-Rot dies besser mache als zuletzt die CDU / FDP könne dies nur den Gefallen des VBE finden.

Darüber hinaus habe der VBE noch viele Anliegen an die neue Regierung, so Klein. Die oben beschriebenen Maßnahmen duldeten aber keinen Zeitaufschub, weil sie zum kommenden Schuljahr bereits greifen sollen.

8. Juni 2011