VBE: Nicht die Schülerzahlen machen den Realschulen Sorge, sondern die Begehrlichkeiten anderer

Stuttgart. „Seitdem die grün-rote Landesregierung auf den Siegeszug der Gemeinschafts­schule setzt, fürchten die Realschulen ein Auf- und damit Untergehen in der neu­en Schulart“, weiß der Sprecher des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg. „Auch in der zweiten Tranche waren unter den landesweit 120 neuen Anträgen auf Einrichtung einer Gemeinschaftsschule fürs kommende Schuljahr lediglich vier Realschulen, alles andere waren Werkrealschulen.“ Das sage doch alles, so der VBE-Sprecher.

Der VBE versteht die Sorge der jetzt an die Öffentlichkeit gegangenen Realschulrek­toren. Obwohl Realschulen eher zu viel als zu wenig Schüler haben, geht doch die Angst in den Kollegien um, dass der Bestand der Schule gefährdet sein könnte. Grund dafür ist die Hartnäckigkeit, mit der das Kultusministerium versucht, den Realschulen ein Aufgehen in der favorisierten „Gemeinschaftsschule“ schmackhaft zu machen. „Wenn man jetzt von Seiten der Landesregierung weiterhin die Realschulen zu der neuen Schulart zu sehr drängt, ist das für die Stimmung an den Realschulen, bei den Leh­rern, Schülern und Eltern dieser anerkannten Schulart, gar nicht gut“, warnt der VBE-Sprecher.

 „Wenn der oberste Dienstherr die Realschule mit rund 500 Standorten im Land, mit 14.000 Lehrkräften und 240.000 Schülern zum Auslaufmodell erklärt, obwohl diese Schulen hervorragend arbeiten und ständig verlässlich leistungsstarke und leistungs­bereite Absolventen ins Arbeitsleben oder an weiterführende Schulen abgeben, ist das ein Ärgernis, selbst wenn von Landesregierung und Kultusbehörde ständig betont wird, dass ein Aufgehen in der Gemeinschaftsschule alles auf völliger `Freiwilligkeit´ beruhe“, so der VBE-Sprecher.

Durch den Wegfall der Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung hat die Realschu­le Schüler hinzugewonnen, ist die Vielfalt an Schülerpersönlichkeiten größer gewor­den. Dieser Herausforderung haben sich die Realschulen verantwortungsvoll gestellt. „Der VBE will verhindern, dass Realschulen, die keinen Antrag auf Einrichtung einer Ge­meinschaftsschule stellen, in der Öffentlichkeit als die schlechteren Bildungseinrichtungen dastehen, die nur die Zeichen der Zeit nicht richtig erkannt haben“, sagt der VBE-Sprecher.

10.03.2013

VBE: Realschulen waren lange nicht in den Schlagzeilen

Jetzt werden sie als Wegbereiter zur Gemeinschaftsschule umworben

Stuttgart. Die Realschule als anerkannte Schulart zwischen Gymnasium und Hauptschule blieb jahrelang bei Schuldebatten außen vor. „Sie war einfach da, sehr beliebt und machte hervorragende Arbeit“, versichert Gerhard Brand, Vorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg. Doch nun rückt diese Schulart in den Fokus des Kultusministeriums, da es ohne die Realschulen keinen Siegeszug der politisch gewollten Gemeinschaftsschule geben kann. Des­halb fühlen sich die meisten der plötzlich heftig umworbenen Realschullehrkräfte instrumentalisiert.

VBE Landesvorsitzender Gerhard Brand

Gerhard Brand, VBE Landesvorsitzender

In der Realschule werde solide Arbeit geleistet, unterstreicht der VBE-Chef. Das sei sicher auch mit ein Grund, warum diese Schulart bisher so wenig in den Schlagzeilen war. Schüler, Eltern, und Lehrer waren und sind mit „ihrer“ Realschule hochzufrieden.

Als ein Ärgernis galt höchstens die meist bis zum Klassenteiler vollgefüllten Klas­sen, die durch „Rückkehrer“ aus den Gymnasien während des Schuljahres auch bis­weilen über Limit geführt werden müssen.

„So erfreulich der etwas niedrigere Klassenteiler von 28 für Gemeinschaftsschulen für diese neue Schulart ist, so dürfen in Bezug auf die Klassengrößen die anderen Se­kundarschulen nicht aus den Augen verloren werden“, warnt Brand.

Die von der damaligen CDU/FDP-Regierung vorgesehene sukzessive Senkung des Klassenteilers von 33 auf 28 Schüler sei auch an allen anderen Schularten als Schritt in die richtige Richtung zwingend notwendig und dürfe keinesfalls an den angeblich plötzlich aufgetauchten „schwarzen Haushaltslöchern“ scheitern, moniert Brand.

Dass von Realschulseite kaum Klagen öffentlich geäußert wurden, heiße noch lange nicht, dass Schüler, Eltern und Lehrer dort nicht unter den zu vollen Klassen leiden würden, versichert der VBE-Chef, „Klassen, die nach dem Wegfall der Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung noch mehr Vielfalt in der Schülerschaft aufweisen.“

Der VBE hat sich als Richtwert die Schülerhöchstzahl 22 pro Klasse auf die Fahnen geschrieben, eine Zahl die bei Lehrerfortbildungsveranstaltungen oder in Volkshoch­schulkursen ganz selten erreicht wird, obwohl dort alle Teilnehmer freiwillig und hoch motiviert zum Unterricht kommen – eine Situation, die bei den Schülern an den Pflicht­schulen nicht immer voll zutrifft.

6. Dezember 2012

VBE zur grün-roten Vollbremsung bei der Schülerhöchstzahlsenkung:

Kleinere Klassen sind pädagogisch notwendig und kein Luxus!

Stuttgart. Den Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg ärgert es, dass von der grün-roten Landesregierung die von Schwarz-Gelb begonnene sukzessive Senkung des Klassenteilers von 33 nun bei 30 Schülern pro Klasse gestoppt wird. Lediglich die favorisierten Gemeinschaftsschulen erhalten mit 28 Kindern pro Klasse die gleiche Schülerhöchstzahl wie die Grundschulen. „Kleinere Klassen sind kein Luxus, sondern für Klassenklima und Lernerfolg sehr sinnvoll und pädagogisch notwendig“, sagt VBE-Chef Gerhard Brand.

VBE Landesvorsitzender Gerhard Brand

Gerhard Brand, VBE Landesvorsitzender

Um nicht als Sparkommissar dastehen zu müssen, der Schulen keine zusätzlichen Lehrerstunden bezahlen will, werden Forderungen nach Senkung des Klassenteilers gern damit abgeschmettert, dass die Klassengröße angeblich keinen Einfluss auf den Unterrichtserfolg hat. „Wer so etwas als Tatsache hinstellt, hat wahrscheinlich noch nie den Unterschied zwischen einer Schulstunde in einer übervollen Klasse mit 30 Kindern und in einer Klasse mit nur 20 Schülern über längere Zeit am eige­nen Leib erfahren“, behauptet der VBE-Chef. Leider gibt es noch erschreckend vie­le Schulen, in denen die zeitliche Zuwendung des Lehrers an seine Schüler durch eine viel zu große Zahl an Kindern geteilt werden muss.

 Außerdem gibt es immer mehr Schüler mit Sprachdefiziten und Konzentrations­schwäche, mit Essstörungen oder Suchtproblemen, mit Kontaktschwierigkeiten, mit Lernbehinderungen und motorischen Störungen, vereinzelt auch Jugendliche mit extrem negativer Einstellung zu sich selber oder zur Gesellschaft. Es gibt Kinder und Jugendliche aus Elternhäusern, in denen der Erziehungsauftrag nur einge­schränkt oder gar nicht wahrgenommen wird, in denen elementare Grundbedürf­nisse der jungen Menschen nach Nahrung, Hygiene und Zuwendung vernachlässigt werden. Auch die Zahl der Schüler mit individuellem Förderbedarf, denen man in zu großen Lerngruppen nicht gerecht werden kann, ist zu hoch.

„Bis zu 30 Schüler in einer Klasse sind pädagogisch heute nicht mehr zu verant­worten“, sagt der VBE-Chef in aller Deutlichkeit. In der Erwachsenenbildung sind 20 Teilnehmer meist die Obergrenze für einen Kurs, und dort sind in der Regel alle freiwillig da und allein schon aus diesem Grund hoch motiviert.

„Dass die grün-rote Regierung alle pädagogischen Argumente zur Seite wischt und aus rein finanziellen Gründen die weitere Absenkung des Klassenteilers stoppt, kommt weder bei Eltern noch bei Lehrern noch bei Schülern gut an“, sagt Brand.

Qualitätsverbesserungen nicht auf dem Rücken der Lehrkräfte

Der VBE Südbaden hält eine Absenkung des Klassenteilers in allen Schularten für dringend notwendig. Wenn die grün-rote Regierung individualisierten Unterricht anstrebt, mit dem Schülerinnen und Schüler besser gefördert werden sollen, so muss es dringend eine Verbesserung der Lehrer-Schüler-Relation geben.

Silke Siegmund, Vorstandsmitglied im VBE Südbaden

Die stellvertretende Vorsitzende des VBE Südbaden, Silke Siegmund (Offenburg), stellt dazu zwei Möglichkeiten vor: entweder muss man dazu den Klassenteiler absenken oder das Zwei-Pädagogen-Prinzip in den Klassen einführen. Beide Möglichkeiten scheinen aber vom Kultusministerium aus finanziellen Gründen nicht in Erwägung gezogen zu werden. Auch andere Möglichkeiten der äußeren Qualitätsverbesserung können angesichts der Haushaltslage nur langsam umgesetzt werden. Siegmund: „Damit bedeuten viele der beabsichtigten Qualitätsverbesserungen eine Arbeitsverdichtung für Lehrkräfte, für die sie letztlich nicht entlastet werden. Außerdem können die Lehrkräfte so der individuellen Förderung der Kinder nicht gerecht werden.

Der VBE hatte gehofft, dass mit seinem Einsatz bei der Entfristung der Verträge der Pädagogischen Assistenten (PA) bei gleichzeitiger Entgelterhöhung nach E 8 der Durchbruch an Haupt- und Werkrealschulen gelungen sei. Momentan kämpft er darum, zeitnah das Gleiche für PAs an Grundschulen zu erreichen, deren Verträge 2013 auslaufen. Mangels finanzieller Möglichkeiten hat die Kultusministerin aber einen ‚Taschenspielertrick‘ angewandt und verhindert dadurch quasi, die Einstellung weiterer PAs: jede Schule, die ab September 2012 eine/n weiteren PA einstellt, muss diese/n über die eigene Lehrerversorgung ‚bezahlen‘. Das Prinzip ist ganz einfach: „Gib mir eine Lehrkraft zurück, dann gebe ich dir eine/n PA.“ Silke Siegmund: „Wenn schon zusätzliche PAs nicht zu finanzieren sind, dann ist an Team-Teaching zweier Lehrkräfte wohl schon gar nicht zu denken.“ Genau dies aber wäre der Königsweg, um eine deutliche Verbesserung der Unterrichtsqualität zu erreichen, so die VBE-Mandatsträgerin.

Die schwarz-gelbe Vorgängerregierung hatte noch mit der Absenkung des Klassenteilers begonnen. Oftmals wird übersehen, dass Grundschulen schon immer Gemeinschaftsschulen waren mit einem enorm großen Leistungsunterschied und Stütz- und Förderbedarf in den Klassen. Daher ist nach VBE-Ansicht für Grundschulen und Gemeinschaftsschulen der Klassenteiler mit 28 Schülern viel zu hoch, zumal die Lehrerversorgung insgesamt weitgehend auf Minimalniveau gefahren wird. Das bedeutet, dass individuelle Förderung in den meisten Fällen nur auf dem Papier steht. Wenn dann in den Klassen der Sekundarstufe I aller anderen Schularten vielfach um die 30 Kinder sitzen, so könne sich eine Lehrkraft noch so anstrengen. „In so großen Klassen von pädagogischer Qualität zu sprechen ist Augenwischerei.“ Siegmund: „Die Lehrkräfte tun was sie können, aber zaubern können sie auch nicht.