VBE-Protest gegen grün-rotes Streichkonzert angelaufen

„Giftliste“ an alle Schulen versandt – Lehrer sollen sich jetzt wehren

Stuttgart. Noch in den Pfingstferien ist eine große Protestaktion des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg gegen die anhaltenden Streichkonzerte der grün-roten Landesregierung im Bildungsbereich angelaufen. Alle VBE-Mit­glieder wurden per E-Mail aufgefordert, die Abgeordneten vor Ort über die Miss­stände in den Schulen und den zunehmenden Groll der Lehrerschaft zu informie­ren. An alle Schulen wurde die grün-rote „Giftliste“ mit sämtlichen Kürzungen geschickt mit der Aufforderung, den Protest nun in die Fläche zu tragen (Anlage).

VBE Landesvorsitzender Gerhard Brand

Gerhard Brand, VBE Landesvorsitzender

In den ersten beiden Regierungsjahren hat die grün-rote Landesregierung entgegen zahlreicher Versprechungen in ihren Wahlprogrammen und entgegen der Zusagen im Koalitionspapier eine Vielzahl von massiven Kürzungs- und Stellenstreichungsbe­schlüssen gefasst und damit die noch vor einem Jahr durch den politischen Raum geis­ternde „Giftliste“ weit übertroffen. Bei der Protestveranstaltung des Beamtenbunds im letzten Jahr hatte der SPD-Fraktionsvorsitzende Claus Schmiedel noch die „Giftliste“ demonstrativ auf der Bühne zerrissen. „Das konnte er tun“, so VBE-Chef Gerhard Brand, „denn diese Giftliste war nicht mehr aktuell.“ Die neue dagegen enthält mas­sivere Streichungen für Schule und Lehrerschaft, so dass die alte Giftliste politisch überholt war und daher so publikumswirksam öffentlich vernichtet werden konnte.

Die Landesregierung beschloss den Sozialabbau im Beamtenbereich und die für alle spürbaren Einschnitte in den Schulen trotz sprudelnder Steuermehreinnahmen. 2012 erwirtschaftete das Land Baden-Württemberg gegenüber dem Haushaltsansatz ein Plus von über einer Milliarde Euro. Für das laufende Jahr kündigen sich ebenfalls deutliche Steuermehreinnahmen an. Trotzdem wird eine ledige Junglehrerin in den ersten drei Dienstjahren durch die Kürzungsbeschlüsse der Landesregierung mit rund 12.900 Euro zur Kasse gebeten. Gleichzeitig sind die Landtagsabgeordneten nicht bereit, sich per­sönlich auch nur ansatzweise an ähnlichen Kürzungs- oder Sparmaßnahmen zu betei­ligen, obwohl sie ihre Diäten – wie auch die Beamten – aus dem Steuertopf des Landes erhalten. Weitere Einschnitte wie die Verlängerung der Lebensarbeitszeit für Lehrkräf­te und die Abschaffung der Altersermäßigung sind erklärtes Ziel von Grün-Rot. 11 600 Lehrerstellen sollen gestrichen werden, obwohl an den Schulen immer noch viel zu viel Unterricht ausfällt, es zu wenig Stütz- und Förderstunden gibt. „Jetzt ist das Fass übergelaufen“, sagt Brand und ruft alle zur VBE-Protestaktion auf.

VBE: Das Streichkonzert an Schulen muss ein Ende haben

VBE Landesvorsitzender Gerhard Brand

Gerhard Brand, VBE Landesvorsitzender

Stuttgart. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg sorgt sich um die Schulen. „Die grün-rote Landesregierung wollte eine bessere Bildungspolitik; hat aber deutlich mehr versprochen als sie jetzt umsetzt“, kritisiert VBE-Chef Gerhard Brand. Nach wie vor fehlen AG-Stunden, Stütz- und Förderkurse sowie Lehrer als Krankheitsvertreter. Trotzdem sollen in den nächsten Jahren 11.600 Lehrerstellen wegfallen. Im neuesten Organisationserlass werde beim allgemeinen Entlastungskontingent kräftig gestrichen, obwohl eigentlich mehr Stunden vonnö­ten wären, moniert Brand.

Der VBE sieht mit Sorge, dass Lehrer jedes Problem der Gesellschaft aufarbeiten und lösen müssen, jeden Wunsch der Wirtschaft erfüllen sollen, dafür aber immer weniger Unterstützung von der Politik bekommen. „Lehrer sind keine Alleskönner, Ausputzer, Therapeuten oder gar Wunderheiler“, so VBE-Chef Brand. Die Pädagogen müssen nicht nur auf die korrekte Einhaltung der Bildungspläne achten, sondern sollen „neben­her“ auch noch die Fehlernährung bei Schülern bekämpfen, den Rechtsextremismus, Gewalt gegen Personen und Sachen, das Rauchen, Aids und Alkohol, Drogen und Ta­blettenmissbrauch, die frühe Überschuldung von Jugendlichen, Killerspiele, Fernseh- und Computersucht. Sie sollen den Europa-Gedanken und die Friedensliebe hochhalten und selbstverständlich die multikulturelle Integration fördern.

Der VBE fordert von der Politik bessere Rahmenbedingungen für die Schulen, ins­besondere ein moderneres Raumprogramm, mehr unterstützende Fachkräfte wie Sozi­alpädagogen, Schulpsychologen und Beratungslehrer sowie deutlich kleinere Lern­gruppen und Klassen mit höchstens 20 bis 25 Schülern. Außerdem müssen die Pädago­gen bei zusätzlichen Aufgaben entlastet werden. Das Gegenteil ist jedoch der Fall: Jetzt werden im allgemeinen Entlastungskontingent die sowieso viel zu knappen Ermä­ßigungsstunden gekürzt. Im Grund-, Haupt-, Real- und Sonderschulbereich, der bisher am schlechtesten bedient worden ist, soll die Anrechnung von 0,35 Wochenstunden pro Klasse auf 0,30 reduziert werden. Das entspricht einer Kürzung von 14 Prozent.

„Dass die grün-rote Landesregierung 11 600 Lehrerstellen streichen will, passt nicht zum Bildungsaufbruch und zum Konzept der vielfältigen gesellschaftlichen und päda­gogischen Aufgaben, die die Schulen jetzt gemeinsam schultern sollen“, bringt VBE-Chef Brand seine Kritik an der Bildungspolitik auf den Punkt.